Mönchengladbach Jugendkammer-Prozess platzt, weil Opfer nicht kam

Mönchengladbach · Zu Prozessbeginn vor der Ersten Jugendstrafkammer des Mönchengladbacher Landgerichts waren zunächst alle Verfahrensbeteiligten anwesend. Die 23 und 34 Jahre alten Angeklagten wurden aus der Haft in den Schwurgerichtssaal A 100 gebracht und konnten dann neben ihren Verteidigern Platz nehmen. Dann wurde die Anklage verlesen, und die war beachtlich. Am 15. August 2015 sollen die Angeklagten einen schweren Raub mit gefährlicher Körperverletzung begangen haben. Die Männer sollen damals mit einem Fahrzeug vor der Erkelenzer Asylbewerberunterkunft Neuhaus 48 vorgefahren sein. Dort sollen sie sich mit einem Zeugen getroffen haben, der ihnen gefälschte Reisepässe aus Serbien besorgen sollte. Doch bei dem Treffen soll der Zeuge gesagt haben, dass man ihm an der serbisch-ungarischen Grenze die Papiere abgenommen habe. Danach sollen die Angeklagten Geld von dem Zeugen verlangt und danach mit Fäusten auf ihn eingeschlagen haben. Die Angeklagten machten den Zeugen zum Opfer. Der 34-Jährige habe dann mit einem Hammer auf das am Boden liegende Opfer eingeschlagen. Laut Anklage seien die Schläger anschließend mit dem Handy und dem Reisepass des Opfers verschwunden.

Gestern wurde allerdings bald klar, dass man auf Aussagen von Zeugen und vom Opfer angewiesen ist. Von der Anklagebank ist offenbar keine Aufklärung des Falles zu erwarten. Die erste Zeugin war auch schon die erste Enttäuschung. Sie wollte offenbar kaum etwas oder auch gar nichts aussagen. Die Frau soll am 14. August 2015 die körperliche Auseinandersetzung der Männer vor der Asylunterkunft gesehen haben. Doch sie erinnert sich kaum und murmelt immer wieder: "Ich habe Angst." Das Opfer soll sie damals gebeten haben, einen Krankenwagen zu rufen. "Warum ?", fragte die Kammervorsitzende. "Der Mann konnte nicht mehr laufen", kam die zögerliche Antwort.

Kurz danach traf eine Mitteilung aus der Geschäftsstelle ein, die dem Prozess ein vorzeitiges Ende bereitete. Die Frau des Opfers hatte angerufen. Ihr Mann wolle der Zeugeneinladung nach Deutschland folgen. Aber er verfüge zurzeit nicht über das Reisedokument, das ihm die Einreise nach Deutschland ermögliche. In zwei Monaten könne er einen Reisepass erhalten. Weil das Opfer den Zeugenauftritt nicht verweigert, darf das Gericht auch die Aussagen aus der polizeilichen Vernehmung nicht verlesen. Das hieß: Abbruch des Prozesses und Neubeginn von Amts wegen.

(RP)
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