Mönchengladbach Jobkrise erreicht Frauenberatungsstelle

Mönchengladbach · Wie viele Bewerbungen Stefanie Meyer (Name geändert) schon verschickt hat, kann die 53-Jährige gar nicht mehr zählen. Seit fast fünf Jahren ist die Textilingenieurin auf der Suche nach einem festen Job. Täglich informiert sie sich über neue Stellenangebote. Bis jetzt ohne Erfolg.

Mal reagieren die Unternehmen, bei denen sie sich bewirbt, gar nicht. Mal wird ihr erklärt, sie sei überqualifiziert. Und wieder ein anderes Mal suchen die Personalchefs nur junge und dynamische Kräfte. "Dynamisch bin ich, aber nicht mehr jung", sagt Meyer.

Früher fühlte sich Stefanie Meyer gebraucht. Jetzt nicht mehr. Das zehrt am Selbstbewusstsein. Dass sie nicht sie Einzige ist, weiß Doris Ingenhag von der Frauenberatungsstelle: "In den vergangenen Monaten sind viele Frauen um die 50 zu uns gekommen, die keinen Platz mehr in der Arbeitswelt finden und deshalb ein Gefühl von Ausgrenzung erleben." So dreht sich die Beratung in den Büros an der Kaiserstraße 20 schon lange nicht mehr alleine um Trennung, Scheidung, Unterhaltsrecht, Kindererziehung oder häusliche Gewalt. Das Thema Arbeitslosigkeit wird auch bei den Frauen ein immer drängenderes.

Zehn Jahre lang hat Stefanie Meyer bei einem Düsseldorfer Unternehmen gearbeitet. Als die Firma geschlossen wurde, stand sie vor der Wahl: vorübergehend arbeitslos oder selbstständig im Außendienst weitermachen. Da Stefanie Meyer auf einen festen Kundenstamm zurückgreifen konnte, entschied sie sich zur freiberuflichen Arbeit. Das klappte auch jahrelang gut. Zum Teil sogar sehr gut. Stefanie Meyer erweiterte ihren Kundenstamm, war ständig auf Achse bei Dienstreisen in Ländern wie Spanien, Portugal und Dänemark.

"Mein Beruf hat mir wirklich Spaß gemacht", sagt sie. "Ich hatte das Gefühl, dass ich als Fachfrau gebraucht wurde." Doch mit dem Niedergang der Textilindustrie schwanden auch ihre Aufträge. Sie suchte zunächst Nebenjobs, fand aber nichts Festes. Als alle Ersparnisse aufgebraucht waren, musste sie schließlich Hartz IV beantragen. Obwohl sie auch heute noch immer wieder einmal Aufträge erhält, reicht das Geld vorne und hinten nicht.

Sich jeden Tag neu zu motivieren, ist für die ehemals erfolgreiche Geschäftsfrau nicht leicht. Auch das Arge-Programm für Arbeitssuchende über 50 hat sie noch nicht zum gewünschten Ziel gebracht. Die 53-Jährige fühlt sich ziemlich allein gelassen. "Wissen Sie", sagt Stefanie Meyer, "irgendwann macht man sich ja mal einen Lebensplan. Ohne Job bin ich meilenweit davon entfernt. Und ich weiß nicht, wie es weitergeht."

(RP)
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