Denkantoß Jesus lebt und mischt sich mitten unter die Menschen

Mönchengladbach · Während der Konfirmandenfreizeit spricht mich ein Junge an und bittet, mir eine Frage stellen zu dürfen: "Herr Nöller, haben sie schon mal ein Zeichen von Gott bekommen?" Ich bin überrascht, auch darüber wie ernst ihm das offenbar ist. Damit hätte ich nicht gerechnet. Meine Antwort lautet: "Ja." Danach erzähle ich, wie ich selber mit 17 Jahren zum Glauben fand. Es geschah - trotz heftiger Ablehnung nach der eigenen Konfirmation - durch gute Begegnungen und Gespräche mit anderen Christen. Und so gab Gott mir auch später immer wieder Hinweise und stärkte in mir die Gewissheit, dass er mich kennt und liebt.

 "Der Gang nach Emmaus", eine Radierung aus den 1920er Jahren, ist ein Fund von Pfarrer Nöller auf einem Berliner Flohmarkt.

"Der Gang nach Emmaus", eine Radierung aus den 1920er Jahren, ist ein Fund von Pfarrer Nöller auf einem Berliner Flohmarkt.

Foto: Nöller

Eine meiner Lieblingsgeschichten in der Bibel ist darum die Erzählung von "Emmausjüngern" (Lukas 24,13-35). Über meinem Schreibtisch hängt eine Radierung, die für mich eindrucksvoll darstellt, was auch heute geschehen kann: Da sind zwei tief Frustrierte unterwegs zum Dorf Emmaus. Sie flüchten und wollen nur noch vergessen, was sie am Karfreitag in Jerusalem erleben mussten: die größte Enttäuschung ihres Lebens! Wie viele andere auch hatten diese beiden Freunde gehofft, Jesus von Nazareth - als von Gott gesandter Messias - würde Israel befreien. Stattdessen wurde er ermordet...

Als die Gebeutelten so dahin schleichen, stößt plötzlich ein Fremder hinzu. Er verwickelt sie in ein Gespräch. Sie schütten ihr Herz aus und diskutieren mit ihm leidenschaftlich über die heiligen Schriften. Aber sie erkennen noch nicht, wer dieser völlig unbekannte und gleichzeitig so vertrauenserweckende Gesprächspartner ist. Erst als sie ihn dazu drängen, mit ihnen zu Abend essen, da passiert es: "Und es geschah, als er mit ihnen zu Tisch saß, nahm er das Brot, dankte, brach's und gab's ihnen. Da wurden ihre Augen geöffnet, und sie erkannten ihn. Und er verschwand vor ihnen."

Das ist nichts Sensationelles. Es ist schlicht die Mahlgemeinschaft, die ihnen die Einsicht eröffnet: Jesus ist nicht gescheitert. Als sie das noch nicht glauben, erkennen sie ihn nicht, obwohl sie ihn sehen. Als sie glauben dürfen, müssen sie ihn nicht mehr mit den Augen sehen. Was sie stattdessen mit Freude erfüllt, ist die Zuversicht, dass der Herr von nun an bei ihnen sein und sie nie mehr verlassen wird. Und das gilt sogar, wenn ihr Glaube hart geprüft wird. Auch das habe ich erlebt. Dennoch, erst der Verzicht auf alles sichtbare Beweisen der Existenz Gottes half mir, überhaupt glauben zu können. Gott stellt sich selbst unter Beweis.

Wo kann man den Auferstandenen heute finden? Ich bin sicher, es gibt viele Situationen, in denen Jesus unerkannt mit uns unterwegs ist oder auch mit am Tisch sitzt: bei einer Abendmahlsfeier am Bett eines todkranken Menschen; der darin Trost findet...; bei einem Fest in der Flüchtlingsunterkunft, wo Menschen unterschiedlichster Herkunft und Kultur zusammen essen und trinken, sich kennen und schätzen lernen...; bei einem Sektempfang, wo das Gespräch nicht - wie leider so oft - an der Oberfläche bleibt...; dann, wenn uns ein Wildfremder begegnet, und sich daraus etwas Kostbares entwickelt... Jesus lebt und mischt sich mitten unter die Menschen. So geschieht Ostern auch heute.

(RP)
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