Mönchengladbach Heute ist Zeugnistag!

Mönchengladbach · Erstklässlerin Theresa Finger erhält das erste Zeugnis ihres Lebens. Pfarrer Manfred Riethdorf erinnert das Abiturzeugnis an seine eigene Schulzeit vor mehr als 50 Jahren. Beide gewähren einen Blick auf das für sie so wichtige Dokument.

 Erstklässlerin Theresa Finger hält eine Kopie ihres ersten Zeugnisses in den Händen. Heute bekommt sie das Original.

Erstklässlerin Theresa Finger hält eine Kopie ihres ersten Zeugnisses in den Händen. Heute bekommt sie das Original.

Foto: Ilgner Detlef

Der Zeugnistag mag dem einen süß, dem anderen bitter erscheinen. Zeugnisse geben nicht nur Auskunft über den Leistungsstand. Hier spielen immer auch Emotionen mit. Das ist so, das war so und wird so bleiben, solange es Zeugnisse gibt. Diese sind wiederum auch ein Zeugnis ihrer Zeit. Zwei Menschen gewähren uns den Blick auf das für sie so wichtige Dokument: Erstklässlerin Theresa Finger erhält heute ihr erstes Zeugnis überhaupt. Für Pfarrer Manfred Riethdorf ist der Blick auf sein Abiturzeugnis verbunden mit Dankbarkeit und Erinnerungen an die Schulzeit vor über 50 Jahren. Mit übermütigem Lächeln erinnert er sich, wie er trunken vor Glück über das bestandene Abitur einen Apfel in die Luft warf, der einen Fleck an einer Decke im Schulgebäude hinterließ. "Wenn die Schule nicht neu gebaut worden wäre, müsste mein Apfel-Freudenfleck noch zu sehen sein", sagt der Geistliche, seit 1979 Pfarrer in Rheydt.

Theresa freut sich über ihr schönes Zeugnis. Sie geht gerne zur Schule an der Lochnerallee, ist stolz auf ihre "tolle Lehrerin Frau Pommer". Die hat ihr zum Arbeits- und Sozialverhalten bescheinigt, dass sie ein fröhliches, kontaktfreudiges und aufmerksames Mädchen mit ausgeprägtem Sinn für Gerechtigkeit und gutem Allgemeinwissen ist. Zum Sprachgebrauch ist vermerkt: "Die Schülerin verfügte über einen umfangreichen Wortschatz und gab persönliche Erlebnisse anschaulich und zusammenhängend wieder". Bescheinigt wird ihr die Freude beim Verfassen kleiner Geschichten. Noten gibt es auf dem Zeugnis der ersten Klasse noch nicht. Da muss sich Theresa auf ihrer Schule noch bis zur dritten Klasse gedulden. Am Mittwoch hat sie bereits eine Kopie ihres Zeugnisses erhalten, die die Eltern unterschreiben mussten. Heute bekommt sie das Original. Mutter Nicole Finger erkennt ihre Tochter in der Beurteilung wieder. Sie hat 1990 ihr Abitur bestanden und am Beispiel ihrer beiden Kinder beobachtet, dass Schüler selbstständiger arbeiten, als es noch zu ihrer Schulzeit war. "Es gibt nicht mehr ein einheitliches Schultempo", erzählt sie.

 Pfarrer Manfred Riethdorf zeigt das Abiturzeugnis, das er 1964 am Stiftischen Humanistischen Gymnasium erhielt.

Pfarrer Manfred Riethdorf zeigt das Abiturzeugnis, das er 1964 am Stiftischen Humanistischen Gymnasium erhielt.

Foto: Detlef Ilgner

Riethdorf hat ein Abitur abgelegt, wie es dies heute in der Form nicht mehr gibt. Das war 1964 am Stiftischen Humanistischen Gymnasium. Sein Abschlusszeugnis belegt ein altsprachliches Abitur mit Latein, Altgriechisch und Hebräisch. "Ich bedauere, dass Altgriechisch heute nicht mehr an den Schulen gelehrt wird. Latein und Altgriechisch haben einen bildenden Wert", betont der Geistliche mit den fröhlich blitzenden, dunkelbraunen Augen. Dank der besonderen Fächerkombination musste er - anders als die meisten Kommilitonen - im Theologiestudium keine Sprache nachholen. In Gedanken an seine Schulzeit gerät Riethdorf ins Schwärmen. "Die Schule hat uns geprägt, gefördert und war Wegbereiter für alles, was danach kam - für das Studium, die Theologie und den Beruf", hebt er mehrfach und euphorisch hervor. Sein früherer Theologie- und Philosophielehrer Dr. Schütt, der spätere Monsignore, entfachte in ihm die Leidenschaft für das Theologie-Studium. In Gedanken an die Abiturfeier von damals erzählt Riethdorf von einer festlichen Feier mit Orchesterbegleitung. "Abibälle gab es da noch nicht", sagt er. Dafür gab es noch Noten, aber kein Kurs- und Punktesystem. Zu seinen Noten sagt Riethdorf: "Ich war ein gesunder Schüler der guten Mittelklasse und mit meinem Zeugnis sehr zufrieden". Auf Anfrage des Bistums hat der Priester "auf den Tag genau" 30 Jahre am Gymnasium Am Geroweiher unterrichtet und seinen priesterlichen Dienst als Subsidiar geleistet. Durch die Kooperation der Schule mit dem "Huma" hatte er zudem Kontakt mit dessen Schülern. Seit der Pensionierung vom Schuldienst 2009 ist er "100 Prozent Pfarrer", und das will er bleiben "bis zur Pflegestufe 5". Vergnügt optimistisch fügt er hinzu: "Wenn ich gesund bleibe, habe ich 2019 mein goldenes Priesterjubiläum. Dann bin ich 75 Jahre alt".

(anw)
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