Mönchengladbach Herr Hoever zieht um

Mönchengladbach · Der 75-Jährige lebte bisher im Altenheim Lürrip. Gestern ging es für ihn und die übrigen Bewohner in das städtische Seniorenzentrum Hardterbroich. Wir haben ihn auf der 3,8 Kilometer langen Reise von Heim zu Heim begleitet.

 Abschied aus Lürrip: Margrit Hardelauf-Jansen, die Leiterin Sozialer Dienst des städtischen Altenheims, fährt Albert Hoever zum Taxi, das ihn zum neuen Seniorenzentrum an der August-Monforts-Straße bringt.

Abschied aus Lürrip: Margrit Hardelauf-Jansen, die Leiterin Sozialer Dienst des städtischen Altenheims, fährt Albert Hoever zum Taxi, das ihn zum neuen Seniorenzentrum an der August-Monforts-Straße bringt.

Foto: Detlef Ilgner

Albert Hoever hat etwas versteckt. Doch nun, da er in seinem neuen Zuhause angekommen ist, kann er den kleinen Keramikvogel hervorholen, den er in seinem Rollstuhl transportiert hat. "Der Vogel stand bei uns auf dem Tisch im Aufenthaltsraum. Ich wollte ihn sichern, damit er nicht verlorengeht", sagt der 75-Jährige. Die kleine Figur ist ein Andenken an die alte Heimat, das Seniorenzentrum am Compesmühlenweg in Lürrip. Jetzt ist das städtische Altenheim umgezogen nach Hardterbroich, zum neuen Firmensitz der Sozial-Holding. Albert Hoever ist einer von 36 Bewohnern, die am Montagvormittag umgezogen sind, am heutigen Dienstag folgen nochmals 40. "Es hat alles wunderbar geklappt, und ich fühle mich auch direkt wohl", sagt Hoever, nachdem er erstmals sein neues Zimmer gesehen hat.

 Abfahrt: Im Taxi geht es für den 75-Jährigen die 3,8 Kilometer von Heim zu Heim.

Abfahrt: Im Taxi geht es für den 75-Jährigen die 3,8 Kilometer von Heim zu Heim.

Foto: Thomas Grulke (2)

Eine gute Stunde zuvor sitzt er noch im Foyer des Hauses am Compesmühlenweg. Viele Bewohner sind bereits abgeholt worden, Hoever wartet aber noch auf sein Rollstuhl-Taxi. "Ich lasse alles auf mich zukommen. Meine Tochter hat mir auch gesagt, ich soll ganz ruhig bleiben. Aber ein bisschen geht jetzt schon die Pumpe", sagt Hoever. Er habe sich hier direkt heimisch gefühlt, als er nach einem Schlaganfall ins Altenheim gekommen sei, erzählt er. "Ich konnte von meinem Fenster aus die Kinderstimmen aus dem Kindergarten hören. Und bei so etwas geht mir das Herz auf."

Hoever war früher im Jugendfußball tätig, er formte bei Bayer Uerdingen mehrere Talente zu späteren Bundesligaspielern. "Ich bin durch den Fußball viel herumgekommen", sagt Hoever. Die nun auf ihn wartende Reise ist zwar nur 3,8 Kilometer lang, aber nicht minder aufregend. Die Geschichten über seine Zeit in Uerdingen helfen jedoch dabei, den Trubel ein bisschen auszublenden, der bei einem Umzug dieser Größenordnung unvermeidlich ist. Nach und nach leert sich das Haus, Bewohner werden zu den Bussen begleitet, Betten, Nachttische oder Arbeitsmaterial zu den Umzugswagen gebracht.

 Ankunft in Hardterbroich: Albert Hoever in seinem neuen Zuhause - mit einer kleinen Vogel-Figur auf dem Tisch.

Ankunft in Hardterbroich: Albert Hoever in seinem neuen Zuhause - mit einer kleinen Vogel-Figur auf dem Tisch.

Foto: Thomas Grulke

"Wo ist eigentlich mein Freund?", fragt Hoever in die Runde der noch Verbliebenen und meint damit Ulrich Jansen. Der Einrichtungsleiter ist allerdings bereits von Lürrip nach Hardterbroich gefahren. Dafür kann sich Hoever noch von der Pflegedienstleiterin Tanja Manten und Margrit Hardelauf-Jansen, der Leiterin Sozialer Dienst, persönlich verabschieden - er wird sie wenig später im neuen Zuhause wiedersehen.

Auf dem Weg zum Auto bleibt noch Zeit für einen letzten Blick auf sein altes Zimmer im fünften Stock, dann geht es über die Auffahrrampe hinein ins Taxi. Lange dauert die anschließende Fahrt nicht, keine zehn Minuten später kommt Albert Hoever an der August-Monforts-Straße an. "Mir haben die Straßen, über die wir gefahren sind, nichts gesagt. Aber ich denke, ich werde die Umgebung schnell kennenlernen", sagt Hoever. Die Person, die ihn im neuen Zuhause in Empfang nimmt, kennt der 75-Jährige dagegen nur zu gut: Es ist Heimleiter Jansen, den Hoever eben noch vermisst hat. Auch alle anderen Schwestern und Pfleger, die er aus dem alten Wohnbereich in Lürrip kennt, sind bereits im neuen Haus bei der Arbeit. Da fällt die Eingewöhnung umso leichter. Doch Hoever gefällt auch sonst, was er in der noch ungewohnten Umgebung zu sehen bekommt. Zunächst wird er durch den großzügigen Aufenthaltsbereich gefahren, der bereits gut gefüllt ist. Dann geht es erstmals auf sein neues, schon komplett möbliertes Zimmer.

Hoevers Interesse gilt aber zunächst nicht dem Bett, dem Schrank oder dem kleinen Tisch, sondern dem großen Fenster. Ob es nach Osten zeige, da, wo die Sonne aufgeht, kann die Schwester zwar nicht sofort beantworten. Doch auch so kann sich Hoever schnell mit seinem Ausblick anfreunden, gegenüber liegt ein weiterer Seitenarm des H-förmigen Gebäudekomplexes. Und wenn es mal zu hell im Zimmer sein sollte, kann Hoever nun per Knopfdruck selbst die Rollläden etwas herunterfahren. Auch das große Badezimmer ist eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu seinem alten Zimmer.

"Das ist alles wunderbar", sagt Hoever nochmals, bevor er sich die Willkommens-Mitteilung der Heimleitung durchliest. Er ist bereits angekommen im neuen Zuhause. Nun müssen nur noch die persönlichen Wertsachen und Kleidungsstücke eingeräumt sowie die Bilder an die Wand gehängt werden. Fürs Erste ist Albert Hoever aber schon zufrieden, dass der kleine Keramikvogel, den er aus Lürrip mitgenommen hat, nun bei ihm auf dem Tisch steht.

(togr)
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