Mönchengladbach Hauptkirche zeigt ursprüngliches Gesicht

Mönchengladbach · Die Farbe war aus dem markanten Gotteshaus komplett verschwunden - übertüncht in den 1960er Jahren. Nach alten Fotos und anhand spärlicher Farbreste wurde die ursprüngliche Malerei rekonstruiert. Jetzt strahlt die Kirche wieder.

 Pfarrer Olaf Nöller in der Rheydter Hauptkirche: In den letzten Woche wurden die Bereiche unter den Emporen gestrichen und mit Zierbändern versehen. Im Hintergrund wird hinter den Kunststoffplanen noch gearbeitet. Aber auch dieser Bereich wird schon in der kommenden Woche fertig sein.

Pfarrer Olaf Nöller in der Rheydter Hauptkirche: In den letzten Woche wurden die Bereiche unter den Emporen gestrichen und mit Zierbändern versehen. Im Hintergrund wird hinter den Kunststoffplanen noch gearbeitet. Aber auch dieser Bereich wird schon in der kommenden Woche fertig sein.

Foto: Detlef Ilgner

1977 bekam Olaf Nöller die Festschrift zur Einweihung der evangelischen Hauptkirche Rheydt geschenkt. Er war 16 Jahre alt - und fortan galt sein Interesse dem Gotteshaus, das der berühmte Berliner Baumeister Johannes Otzen von 1899 bis 1902 im Rheydter Zentrum errichtet hatte. "Ich habe mir die Abbildungen in dem Büchlein mit der Lupe immer wieder angesehen, habe jedes Detail studiert", sagt Olaf Nöller, seit 1991 Pfarrer der evangelischen Gemeinde Rheydt.

Im Zweiten Weltkrieg hatte das Gebäude erhebliche Schäden an den Dächern erlitten, die Kirchenfenster waren zerstört. Die originale Ausstattung einschließlich der bedeutenden spätromantischen Sauer-Orgel aus dem Jahr 1902 blieben erhalten. Eindringendes Wasser beschädigte allerdings große Teile der Jugendstilausmalung. Bei der Innenrenovierung von 1962 entschied sich die Gemeindeleitung dafür, den Innenraum ohne jeden malerischen Schmuck zu erneuern. Pfarrer Nöller fasste einen Entschluss: "Ich wollte die ursprüngliche Ausmalung der Kirche wieder herstellen."

Das Ziel hat er jetzt tatsächlich fast erreicht. In den letzten Wochen wurden die bis dahin dunkel und abweisend wirkenden Bereiche unter den Emporen farbig gefasst. Die letzten Planen werden in der kommenden Woche verschwinden. Jetzt sind die Räume unter den Emporen hell und einladend - wie die Wartehalle, die schon 2002 ihre Ausmalung erhielt, und der großartige Kuppelraum. "Die Bürger haben noch einmal in ihre Taschen gegriffen, und 100.000 Euro gespendet", sagt Olaf Nöller. "Jetzt fehlen nur noch die Treppenhäuser und der Eingangsbereich." Deren Bearbeitung hat er allerdings auf Anfang 2018 verschoben.

Voller Dankbarkeit spricht der Pfarrer über die Menschen, die immer wieder Geld gespendet haben, damit es in der Hauptkirche weitergehen konnte. "Manchmal kamen 20 Euro, aber auch schon mal 20.000 Euro", sagt Nöller. Als Basis für die Restaurierung des Innenraums dienten neben freigelegten Befunden, die spärliche Reste alter Bemalungen zeigten, historische Fotos - manche ziemlich unscharf. "Viele Bürger haben mir im Laufe der Jahre ihre alten Fotos und Dias angeboten, ich habe gern alles angenommen." So erschloss sich nach und nach der Originalzustand des Innenraums.

2004 wurde Nöller während eines Berlinaufenthalts im Katalograum der Technischen Universität fündig. Johannes Otzen hatte dort gelehrt, und tatsächlich brachte man Nöller einige Bücher über den Architekten - unter anderem ein zweibändiges Werkverzeichnis aus dem Jahr 1905. Nöller stieß auf alte Lichtdrucke mit Innen- und Außenansichten der Rheydter Hauptkirche. Zu der Zeit standen die Gerüste in der Hauptkirche. "Ich habe in Rheydt angerufen und meine neuesten Entdeckungen mitgeteilt." Daraufhin wurden die Eichenblätter im Chorraum mit einer hellen Kontur umlegt, und im Bereich über der Orgel wurden Instrumente eingefügt - so wie Otzen es zu Beginn des 20. Jahrhunderts gewollt hatte. "Johannes Otzen hat sich durchgesetzt", sagt Olaf Nöller. Er schaut sich um und sieht sehr glücklich aus.

(RP)
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