Mönchengladbach Großer Wurf für den Flughafen

Mönchengladbach · Ein Airbus-A 320-Simulator wechselt von Amsterdam-Schiphol zur Flugschule RWL. Die Bedeutung des Ausbildungs- und Trainingsstandorts Gladbach für große Airlines und die Flughäfen Düsseldorf und Köln wächst damit immens.

 Im Vordergrund wird der A 320-Simulator ausgepackt. Er ist mit einem elektrischen Motion-System ausgerüstet und verbraucht 80 Prozent weniger Energie als der hydraulisch betrieben 737-Simulator im Hintergrund aus dem Jahr 1998.

Im Vordergrund wird der A 320-Simulator ausgepackt. Er ist mit einem elektrischen Motion-System ausgerüstet und verbraucht 80 Prozent weniger Energie als der hydraulisch betrieben 737-Simulator im Hintergrund aus dem Jahr 1998.

Foto: Raupold Isabella

Flugsimulator ist nicht gleich Flugsimulator. Während es Billigmodelle für den "Hausgebrauch" ohne Originalteile schon für 30.000 Euro gibt, kostet ein neues Profi-Gerät schnell acht bis neun Millionen. Das ist dann aber auch baugleich mit einem echten Cockpit, die Teile könnten jederzeit ausgebaut und in einen echten Jet eingesetzt werden, und die Flugerfahrung ist so realistisch, dass erfahrene Piloten damit auf einen anderen Flugzeugtyp umgeschult werden können, ohne jemals den Boden zu verlassen. Ein solcher Flugsimulator des Typs Airbus A 320 wird seit gestern bei RWL am Gladbacher Airport aufgebaut.

Für die Flugschule - und den Flughafen als Technologiestandort und Jobmaschine - ist das ein großer Wurf. "Wir erweitern damit unser Portfolio ganz maßgeblich", sagt RWL-Geschäftsführer Jens Küper. Denn bisher konnte bei der Flugschule lediglich für Boeing 737 und Beechcraft King Air B 200 trainiert und ausgebildet werden. Nun kommt, zur 737, dem Standardmodell von Boeing, auch der A 320 von Airbus, also der gängigste Flugzeugtyp des zweiten großen Herstellers, hinzu. Die sind denkbar unterschiedlich, so benötigen Piloten beispielsweise gesondert Lizenzen. Ab Mitte September soll der 15 Tonnen schwere Simulator, der vom Amsterdamer Flughafen Schiphol nach Mönchengladbach wechselt, in Betrieb genommen und künftig pro Jahr bis zu 5500 Stunden genutzt werden - im 24-Stunden-Betrieb, auch an den Wochenenden. Also im Schnitt 15 Stunden pro Tag - üblicherweise werden dabei Slots à vier Stunden verkauft.

"Alteingesessene Airlines wie Lufthansa und British Airways betreiben ihre eigenen Simulatoren", sagt Perry Roolvink von der niederländischen Flight Simulation Company (FSC), die das sechs Millionen Euro teure Investment gemeinsam mit RWL realisiert. "Aber diejenigen Gesellschaften, die sich ganz aufs Fliegen konzentrieren, wie Condor, Germanwings und Easyjet, lagern Schulungen und Trainings aus." Noch mehr große Airlines als bisher werden ihre Piloten folglich künftig nach Mönchengladbach schicken, damit diese dort ihre jährlich vorgeschriebenen 16 Simulator-Trainingsstunden absolvieren. Dabei können auch Extremsituationen, wie Rauchentwicklung im Cockpit, geübt werden. "Das ist wirklich so realistisch, dass man nach zwei Minuten vergisst, dass man eigentlich am Boden ist", sagt Flughafen-Geschäftsführer Franz-Josef Kames. "Es gibt in der Branche den Trend, dass die Simulatoren näher an den Bedarf heran wandern, so dass die Crews nicht mehr so weit dafür reisen müssen", sagt Küper. Besonders im Fokus stehen folglich die Flughäfen Düsseldorf sowie Köln-Bonn. "Man könnte so einen Simulator theoretisch auch direkt an die Flughäfen stellen, aber das wäre viel kostspieliger", sagt der RWL-Chef. Und lässt einen wohl selten fallenden Satz folgen, wenn es um den Gladbacher Flughafen und dessen Standortvorteile geht: "Da ist unsere Lage hier natürlich ideal." Denn der nächste A 320-Simulator steht erst in Essen/Mülheim, und auch auf dem niederländischen Markt habe sich zunehmend ein Interesse an einem Standort im Westen NRWs herauskristallisiert, so Roolvink.

Die Wirtschaftsförderung begrüßt die Ansiedlung des 2006 gebauten und seitdem regelmäßig auf den neuesten Stand der Technik gebrachten Simulators. "Nicht zuletzt bringt das positive Effekte für die Hotellerie, das Gastgewerbe, die Taxiunternehmen und den ÖPNV mit sich", sagt Geschäftsführer Ulrich Schückhaus. In Schiphol, sagt Roolvink, zeichneten die dort zehn ansässigen Simulatoren für gut 15.000 Übernachtungen im Jahr verantwortlich. Bei RWL gibt es nun insgesamt vier sowie 22 Schulflugzeuge. Die Flugschule, bei der pro Jahr, unabhängig von den Trainings, rund 80 Flugschüler ihre 20-bis 22-monatige Ausbildung beginnen, trägt mit ihren mehr als 100 Arbeitsplätzen maßgeblich zu den mittlerweile rund 500 Jobs am Flughafen bei.

Vollzug geben könnte es, so wurde am Rande des gestrigen Pressegesprächs bekannt, bald auch hinsichtlich der Ausbaupläne von RAS. Die Werft will eine dritte Halle bauen. Es wäre ein weiteres Bekenntnis mit Signalwirkung pro MGL.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort