Mönchengladbach Gladbachs Schuldenuhr tickt rückwärts

Mönchengladbach · 19 Cent in der Sekunde - in diesem Tempo verkleinert sich der städtische Schuldenberg. Zum ersten Mal seit 1996 kann die Stadt Schulden verringern. Bei 1,26 Milliarden Euro Verbindlichkeiten wäre die Stadt so in 210 Jahren schuldenfrei.

In Mönchengladbach gehen die Uhren ab sofort anders: Die Schuldenuhr auf der städtischen Internetseite läuft plötzlich rückwärts, und zwar um 19 Cent pro Sekunde. Wie Kämmerer Bernd Kuckels unserer Redaktion erklärte, handelt es sich dabei nicht etwa um eine Computerpanne, sondern um echten Schuldenabbau. "Zum ersten Mal seit 1996 konnten wir den Kreditschuldenstand der Stadt gegenüber dem Vorjahreswert wieder verringern", sagte Kuckels unserer Redaktion.

Die städtischen Verbindlichkeiten aus Kassenkrediten (also Krediten zur Liquiditätssicherung) und Investitionskrediten lag zum Stichtag 31. Dezember 2015 bei etwa 1,259 Milliarden Euro. Ein Jahr davor waren es noch 1,34 Milliarden Euro. Allein die Summe der Kassenkredite nahm um 82 Millionen Euro ab und liegt nun bei knapp 928 Millionen Euro, wie aus einer aktuellen Aufstellung aus der Kämmerei hervorgeht.

2015 könnte also als das Jahr in der Geschichte der Stadt eingehen, in der die finanzielle Kehrtwende gelungen ist - ausgerechnet das Jahr, für das vor gar nicht allzu langer Zeit sogar die Pleite der Stadt vorausgesagt worden war. Für den Schuldenabbau macht Kuckels vor allem den Beitritt zum Stärkungspakt verantwortlich, den die Ampel-Koalition im Jahr 2012 durchgedrückt hatte. Der Stärkungspakt bringt neben eigenen Konsolidierungsmaßnahmen auch Finanzspritzen in Höhe von derzeit 40,6 Millionen Euro pro Jahr. 2015 gab es diesen Zuschuss sogar doppelt, nämlich auch den verspätet ausgezahlten Betrag für 2014.

Wäre der rechtzeitig geflossen, hätte die Stadt sogar schon ein Jahr früher mit dem Schuldenabbau begonnen. "Auch in den Folgejahren wird ein sich kontinuierlich fortsetzender Schuldenabbau erwartet", sagt Kuckels. Bis zum Jahr 2018 muss die Stadt einen ausgeglichenen Haushalt schaffen, so sieht es der Stärkungspakt vor. Davon ist sie angesichts einer Lücke in der städtischen Finanzplanung für dieses Jahr in Höhe von 25 Millionen Euro noch ein gutes Stück entfernt. Aber sie ist auf einem guten Weg, wie die nun rückwärts laufende Schuldenuhr zeigt.

Wie schlecht die Zahlen aus dem Gladbacher Rathaus über Jahrzehnte waren, zeigt ein Blick in die Historie: 1994 musste die Stadt zum ersten Mal ein Haushaltssicherungskonzept vorlegen, also einen Plan, wie man innerhalb von zehn Jahren zu einem ausgeglichenen Haushalt kommen kann. Ab 2001/2002 war es schon nicht einmal mehr möglich, auch nur diese theoretische Perspektive halbwegs plausibel zusammenzustellen. Die Stadt rutschte ins Nothaushaltsrecht. Im Jahr 2012 trat Mönchengladbach freiwillig dem Stärkungspakt bei - ein kluger Schritt, der aber auch eigene Einsparmaßnahmen erfordert. Auf diese Weise sollen die Gesamtschulden der Stadt bis zum 31. Dezember 2019 auf dann 1,163 Milliarden Euro sinken - und Gladbach handlungsfähig machen.

Dass die Stadt aber auf absehbare Zeit schuldenfrei sein wird, ist unrealistisch. Bei dem derzeitigen Tempo würde es nämlich gut 210 Jahre dauern, alles zurückzuzahlen.

(RP)
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