Mönchengladbach Gladbachs Düsseldorfer Quartett

Mönchengladbach · Die Wahlsieger Jochen Klenner und Frank Boss (CDU) waren gestern zum ersten Mal im Landtag, auch SPD-Mann Hans-Willi Körfges und Andreas Terhaag (FDP) sind wieder im Parlament. Im Altenheim Eicken ergab die Auszählung ein merkwürdiges AfD-Ergebnis.

 Der erste Arbeitstag im Landesparlament: Die frisch gewählten CDU-Abgeordneten Jochen Klenner (l.) und Frank Boss trafen sich mit Kollegen.

Der erste Arbeitstag im Landesparlament: Die frisch gewählten CDU-Abgeordneten Jochen Klenner (l.) und Frank Boss trafen sich mit Kollegen.

Foto: CDU

Start für die CDU Für Jochen Klenner und Frank Boss, beide CDU und die Wahlsieger des Abends, wurde es noch eine lange Nacht. Bis drei Uhr morgens feierten sie im Ratskeller ihren anstehenden Einzug ins Landesparlament. Gestern hatten sie dort ihren ersten Tag: Um 12 Uhr war ein Treffen der zwölf frisch gewählten CDU-Abgeordneten vom Niederrhein anberaumt. Schon am Eingang wurde Klenner freundlich begrüßt: "Der Pförtner war aus Gladbach, kannte mich", sagt Klenner. Heute nehmen Boss und er ab 10.30 Uhr an der ersten Sitzung der Fraktion teil. Dann gibt's auch ein Starter-Kit für die Frischlinge unter den Abgeordneten. Welches Büro wer bekommt, in welchen Fachausschuss oder auf welchen Posten wer berufen wird, ist noch komplett offen. Das hängt auch davon ab, wer der Koalitionspartner der CDU wird - die SPD oder die FDP? Fest steht der Tag, an dem sie ihr Mandat offiziell antreten: Am 1. Juni ist die konstituierende Sitzung des Landtags.

 Am Wahlabend gab SPD-Abgeordneter Hans-Willi Körfges dieses Interview - da wusste er noch nicht, dass sein Listenplatz doch zieht.

Am Wahlabend gab SPD-Abgeordneter Hans-Willi Körfges dieses Interview - da wusste er noch nicht, dass sein Listenplatz doch zieht.

Foto: Denisa Richters

Personalien bei der SPD Am späten Sonntagabend rätselten selbst erfahrene SPD-Politiker bei einer Frage: Wann waren Gladbachs Sozialdemokraten das letzte Mal ohne eigenen Landtagsabgeordneten? Es war in den 1980er Jahren. Um 2.45 Uhr am Montag stand fest, dass der SPD dieses Schreckensszenario erspart bleiben wird: Hans-Willi Körfges ist dank seines Listenplatzes 4 sicher im Landtag.

 Der FDP-Landtagsabgeordnete Andreas Terhaag (links) am Wahlabend im Kreis seiner Parteifreunde.

Der FDP-Landtagsabgeordnete Andreas Terhaag (links) am Wahlabend im Kreis seiner Parteifreunde.

Foto: Detlef Ilgner

Doch die Erlebnisse des Sonntagabends, als es lange schien, als würde nur eine schwarz-gelbe Mannschaft aus Mönchengladbach im Landtag sitzen, wirken bei führenden Sozialdemokraten nach. Sie wissen, dass sie einen Prozess einleiten müssen, an dessen Ende eine personelle und teilweise auch inhaltliche Erneuerung steht. Und zwar nicht irgendwann, sondern jetzt bald. Die SPD braucht zwei neue Landtagskandidaten: Tillmanns Wahlkreis ist frei, und Körfges geht in seine letzte Wahlperiode. Gleichzeitig muss gut drei Jahre vor der nächsten Kommunalwahl auch eine neue, deutlich verjüngte Ratsmannschaft aufgestellt werden. Wer sind die Kräfte, die für die Zukunft der SPD stehen könnten? Es sind vor allem Frauen: die jungen politischen Talente Juso-Chefin Josephine Gauselmann, ihre Vertreterin Jeannine Peters, Julia Laumen und die Rheindahlener Ortsvereinsvorsitzende Evamaria Enk, dazu die erfahrenen Barbara Gersmann, Nicole Wilms und Andrea Koczelnik. Dazu noch Oliver Büschgens, den man mehr in die Verantwortung nehmen sollte, dazu Christoph Nießen und der junge Jura-Student Janann John Safi. So schlecht ist das Personal-Tableau der SPD nicht.

Grüne vom Bürgertum abgestraft Auch die Grünen brauchen eine zügige Erneuerung. Paradoxerweise sind die Landtagskandidaten Boris Wolkowski und Lena Zingsheim, die beide ein schlechtes Ergebnis einfuhren, auch die größten Hoffnungsträger. Dass sie so schlecht abschnitten - Zingsheim lag noch hinter dem unbekannten AfD-Kandidaten -, war nicht auf eigene Fehler zurückzuführen. Im Gegenteil: Sie führten, man denke an die pfiffige Wahlplakateaktion mit dem Künstler Vaago Weiland, einen erfrischenden Wahlkampf. Doch wenn die Grünen etwa in Bonnenbroich/Geneicken, in dem der mehrfache Oberbürgermeister-Kandidat der Grünen, Karl Sasserath, einst deutlich zweistellige Ergebnisse holte, auf unter acht Prozent fallen, dann klingeln die Alarmglocken. Die Grünen, die in der Stadt breite bürgerliche Kreise erreicht hatten, wurden von diesen abgestraft. Das ist fatal.

Auftrieb der FDP Bei der Gladbacher FDP herrschte trotz mitunter schlechter Nachrichten für die liberale Seele immer die Gewissheit: Irgendwann beginnt die Renaissance der FDP. Nur wann das sein wird, das konnte niemand prognostizieren. Genau dies hat die Fraktionschefin im Rat, Nicole Finger, immer im Blick. Entsprechend achtete sie gezielt in der politischen Ausrichtung darauf, dass die Liberalen Profil bei bürgerlichen Themen zeigen: Sanierung von Haus Erholung, Verbesserung der Bildungslandschaft in der Stadt, Aufwertung der Parklandschaft des Bunten Gartens, eine bessere Kita-Landschaft. Mit dieser Nischen-Politik erreichte die FDP ihre Wähler und verzettelte sich nicht im Klein-Klein vieler kommunalpolitischen Themen. Auch das befeuerte ihren Auftrieb.

Null Zweitstimmen für AfD Das Altenheim Eicken ist der Stimmbezirk mit dem kuriosesten Wahlergebnis. Dort kam die AfD, die stadtweit 7,6 Prozent holte, auf 0,0 Prozent der Zweitstimmen. Bei den Erststimmen hingegen holte die Direktkandidatin Viola Walendy 7,6 Prozent. Während bei den Zweitstimmen knapp 11 Prozent ungültig waren, waren es bei den Erststimmen aber nur 2,3 Prozent. Im Klartext: Laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis haben in dem Stimmbezirk alle AfD-Wähler ihre Zweitstimmen entweder ungültig gemacht (etwa gar nicht abgegeben) oder ihr Kreuz bei einer anderen Partei gemacht. Das ist mindestens kurios. Joachim Meyer, Leiter des Wahlamtes der Stadt, sagte, eine Überprüfung der Auszählung werde es nicht geben, weil es keinen hinreichenden Verdacht auf Unregelmäßigkeiten gebe. Im nächsten Wahllokal, in der nur 950 Meter entfernten Grundschule Untereicken, kam die AfD auf 16,0 Prozent der Zweitstimmen.

(RP)
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