Nach Brexit Gladbachs Briten in Sorge um ihre Existenz

Mönchengladbach · Tom Smith lebt seit über 30 Jahren in Gladbach. Der Brite ist mit einer Deutschen verheiratet und hat bis zur Rente hier als Lehrer gearbeitet. Seit dem Referendum hat er wie viele Engländer in Deutschland Existenzängste.

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Foto: ap

Tom Smith* ist einer von 596 Briten, die in Mönchengladbach leben. 30 Jahre hat er hier gearbeitet. Jetzt ist er in Rente und könnte eigentlich sein Leben mit Ehefrau Britta und den beiden erwachsenen Kindern genießen. Doch dann kam der Brexit, und mit ihm die Angst. Denn plötzlich sind alle Vereinbarungen und Freiheiten in der EU in Frage gestellt.

Tom Smith kam 1984 der Liebe wegen nach Deutschland. Im Urlaub hatte er seine spätere deutsche Frau kennengelernt. Und als im JHQ ein Lehrer für die britische Schule gesucht wurde, ergriff er die Chance. Tom Smith fühlt sich als Mönchengladbacher, auch wenn er bis zu seiner Pensionierung gar nicht im Einwohnermelderegister auftauchte. "Auf dem Papier war ich für Deutschland nicht existent", sagt er, "ich arbeitete auf britischem Boden, bekam mein Gehalt aus Großbritannien und dort wurden auch meine Steuern einbehalten."

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Außer, dass er nach dem Abzug der Briten aus Rheindahlen doch zum Einwohnermeldeamt musste, hat sich für ihn nach der Pensionierung nicht viel geändert. Statt Gehalt bezieht der Brite nun seine Rente aus England, und krankenversichert ist er dort auch - noch.

Tom Smith hatte vorgesorgt, dachte er: Weil in Großbritannien die staatliche Rente sehr niedrig ist (Smith bekommt als Verheirateter und Studierter den Höchstsatz von 118 Pfund, etwa 137 Euro, die Woche), hat er für eine zusätzliche Rente selber eingezahlt. Das sollte eigentlich reichen für ein gemütliches Auskommen.

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Doch mit dem Brexit kamen die schlaflosen Nächte, die Existenzängste und die tiefe Unsicherheit. "Die Abkommen der EU haben uns Sicherheit gegeben", sagt seine Frau Britta. Zwar habe das Paar immer mit kleinen Einkommensschwankungen leben müssen, weil Gehalt bzw. Rente in Britischen Pfund ausgezahlt werden. Doch was passiert, wenn die britische Währung jetzt in den Keller rutscht? Für das Ehepaar gibt es einige Horrorszenarien: "Möglicherweise gibt es eine neue Vereinbarung über die Krankenversicherung. Dann müssten wir uns hier privat versichern", sagt Britta Smith. Und ihr Mann fügt an: "Es kann auch sein, dass ich in Zukunft nicht nur in England, sondern auch hier Steuern auf mein Bruttogehalt zahlen muss."

Das Ehepaar hat im Kopf schon für den "worst case" gerechnet. "Wir könnten unser Haus nicht mehr halten", sagt Tom Smith und während er das ausspricht, kommen ihm die Tränen. "Wir müssten nach England gehen. Aber wir leben hier seit 30 Jahren. Hier sind unsere Freunde."

So wie dem Ehepaar Smith könnte es vielen gehen. In ganz Deutschland leben knapp 106.000 Briten. Sie alle sind abhängig davon, wie die Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien ausgehen. "Diese Unsicherheit macht einen wirklich kaputt", sagt Britta Smith. Sie kann die Brexit-Befürworter nicht verstehen: "Die Engländer meinen, mit dem Brexit würde alles besser, so wie es früher einmal war. Dabei sind die Probleme in dem Land in erster Linie hausgemacht und nicht Schuld der EU."

(*alle Namen geändert)
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