Matthias Engel Gladbach will etwas aus sich machen

Mönchengladbach · Der neue Personal- und Ordnungsdezernent (45) spricht über seinen Start, seine Herkunft, die Entwicklung des Personals und Kündigungsfristen von null Tagen.

Matthias Engel: Gladbach will etwas aus sich machen
Foto: Jörg Knappe

Viele fragen sich: Wer ist Matthias Engel? Machen wir doch mal einen Kurzcheck: Wann und wo sind Sie geboren?

Engel Geboren bin ich am 29. Juli 1970 in Münster, aber aufgewachsen und verwurzelt bin ich in Mettmann.

Wie waren die Kinder- und Jugendjahre - Schule, Hobbys, erste Bindungen zum Beispiel in Vereinen, Berufswunsch?

Engel Ich habe in Mettmann Abitur gemacht, nicht ganz auf dem geraden Weg, sondern im Anschluss an die Realschule. Ich habe zu Schulzeiten Volleyball gespielt, aber als ich das Radfahren entdeckte, wurde das schnell viel interessanter für mich. Ich mache heute im Urlaub gern lange Touren mit Zelt und Schlafsack. Zum Beispiel über die Alpen oder die Pyrenäen. Manchmal schiebe ich auch, man muss sein eigenes Tempo finden, Ausdauer haben und auch mal Schmerzen ertragen können. Ich bin mit 16 Jahren in die SPD eingetreten, weil ich dort meine Werte am besten wiederfand. Frieden, Freiheit und soziale Gerechtigkeit, das sind für mich auch die Grundlagen meines christlichen Glaubens. Ich bin evangelischer Christ und freue mich, wieder in die rheinische Landeskirche zurückzukehren.

Und Ihr erster Berufswunsch?

Engel Ich wollte nie Lokomotivführer oder etwas Derartiges werden. Aber mit 16 Jahren war mir klar, dass ich in der öffentlichen Verwaltung arbeiten möchte, weil sie wichtig für das gesellschaftliche Zusammenleben ist. Gleichzeitig war mir klar, dass man diesen Job möglichst unabhängig machen sollte. Deshalb war das Jurastudium so wichtig. Es gibt mir eine unglaubliche Freiheit. Ich habe mit meinen Arbeitgebern früher null Tage Kündigungsfrist vereinbart. Das hat mir die Möglichkeit gegeben, die Aufgaben gemäß meiner Werteordnung zu erledigen. Ich bin dann übrigens oft sehr lange geblieben.

Werden Sie nach Mönchengladbach ziehen?

Engel Ja, ich finde es wichtig, dort zu wohnen, wo man arbeitet. Schließlich muss ich den Unsinn aushalten, den ich selber verzapfe (lacht). Und meine Partnerin kommt mit. Das ist in einer gleichberechtigten Partnerschaft nicht selbstverständlich und freut mich sehr.

Können Sie mit Fußball und da vor allem mit der wahren Borussia etwas anfangen?

Engel Es gibt in meiner Familie leider Verblendungen: Mein Vater ist Schalke-Fan. Ich bin Fortuna-Fan, und eine Liebe wechselt man nicht. Aber Borussia ist ein sehr sympathischer Verein, der extrem wichtig ist für den Zusammenhalt in der Stadt. Ich freue mich schon darauf, die Spiele im Stadion zu sehen. Und viele meiner Freunde sind Borussia-Fans und haben sich schon angemeldet, um bei Heimspielen im Gästezimmer zu übernachten, wenn ich erst einmal eine Wohnung habe.

Worauf freuen Sie sich in Mönchengladbach besonders?

Engel Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen im Rathaus. Im Team zu agieren und ein Team zu führen ist eine besonders schöne Aufgabe. Jede Stadt hat etwas Einmaliges. In Horn-Bad Meinberg sind es die Externsteine und das weltgrößte Yoga-Ausbildungszentrum außerhalb Indiens. Das macht die Menschen stolz. So etwas gibt es in jeder Stadt, und es ist die Aufgabe der Stadtverwaltung, das herauszustellen. Es ist die Grundlage für ein Gemeinschaftsgefühl.

Mit welchen Erwartungen kommen Sie?

Engel Ich kenne Mönchengladbach aus der Zeit, als ich in Bonn studiert habe. Aber die Stadt hat sich verändert. Sie will etwas aus sich machen. Das spürt man überall und das hat Ausstrahlung. In einer solchen Stadt zu leben und zu arbeiten ist toll. Mönchengladbach ist zudem Stärkungspakt-Kommune. Auch das spricht für die Stadt und ihre Ambition, etwas zu bewegen.

Sie kommen aus Horn-Bad Meinberg, einem 17.500-Einwohner-Städtchen, in eine Großstadt mit 260.000 Einwohnern. Das ist ein gewaltiger Karrieresprung.

Engel Es wird von vielen so gesehen und man macht das am Gehalt fest. Aber das finde ich nicht entscheidend. Wenn es darum ginge, hätte ich mich als Anwalt selbstständig gemacht. Ich bin in der Stichwahl um das Bürgermeisteramt in Horn-Bad Meinberg mit 44 Prozent unterlegen. Mein Vertrag als Beigeordneter dort läuft zwar noch vier Jahre, aber nichts zu tun und Geld abzuzocken, das ist nicht meine Art.

Ist es ein Vorteil, Kandidat einer Partei zu sein? Oder muss man dann zu sehr auf Befindlichkeiten und Parteiinteressen Rücksicht nehmen?

Engel Das hält sich die Waage. Wichtig ist, sich die Unabhängigkeit im Kopf zu bewahren. Es wird keine Parteipolitik im Dezernat geben, nur gute Arbeit. Das habe ich immer deutlich gesagt. Die Arbeit muss im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger erledigt werden.

Haben Sie wieder null Tage Kündigungszeit?

Engel Würde ich sofort machen, geht aber aus rechtlichen Gründen nicht.

Die FDP kritisiert, Sie hätten bei der Vorstellung in der Fraktion zu wenig "konkrete Handlungsfelder" nennen können, die Sie anpacken wollen. Trifft Sie der Vorwurf?

Engel Das trifft mich nicht. Ich kann nicht antreten und sofort großspurig sagen, was geändert werden muss. Das höchste Gut einer Verwaltung sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie kennenzulernen ist jetzt am wichtigsten. Natürlich kenne ich die Aufgaben, die auf mich zu kommen. Aber ich teile meine Gedanken nicht über die Medien mit, sondern rede erst einmal mit den Mitarbeitern.

Sie sind für die Personalentwicklung zuständig. Die Stadt hat rund 3000 Mitarbeiter - zu viel, behauptet die IHK. Der Personalrat beklagt, dass zu viele Stellen nicht besetzt seien.

Engel Mitarbeiter- und Einwohnerzahl ergeben eine Kennzahl, aber das allein sagt nichts aus. Die Anforderungen sind in jeder Stadt anders. Man muss nach den Leistungen fragen, die erbracht werden sollen. Sie festzulegen ist eine politische Aufgabe. Man kann aber nicht fordern, etwas zu tun, ohne dann das Geld bereitzustellen.

Verwaltungen erledigen oft die gleichen oder sogar dieselben Dienste. MG ist umgeben von Kommunen wie Viersen, Korschenbroich oder Jüchen. Können Sie sich eine stärkere Kooperation vorstellen?

Engel Die interkommunale Zusammenarbeit muss vor allem gewollt sein. Natürlich gibt es Bereiche, in denen man kooperieren kann. Im IT-Bereich ist das häufig der Fall. Auch die Wirtschaftsförderungen können zusammen arbeiten. Allerdings darf man Kompetenzen auch nicht unwiderruflich abgeben. Und man muss sich darüber im Klaren sein, dass Know-how verlorengehen kann.

Momentan gibt es Warnstreiks im öffentlichen Dienst. Wie stehen Sie dazu?

Engel Sie werden von mir jetzt nichts zu den geforderten sechs Prozent hören. Aber die öffentliche Verwaltung hat eine wichtige Aufgabe und ihre Mitarbeiter haben Anspruch auf Wertschätzung und Respekt. Bezahlung hat auch etwas mit Respekt zu tun. Außerdem stehen wir im Wettbewerb um die besten Köpfe. Ein Reallohnverzicht ist da sicher nicht die Zukunft.

DAS GESPRÄCH FÜHRTEN ANDREAS GRUHN, ANGELA RIETDORF UND DIETER WEBER.

(RP)
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