Atomkraft Gladbach hat 133.000 Jodtabletten bestellt

Mönchengladbach · Aus Sorge vor einem möglichen Reaktorunfall wollen Belgien und die Niederlande Jodtabletten an Bürger verteilen. Auch Mönchengladbach hat bereits entsprechende Notfallkonzepte erarbeitet. Nun erwartet die Stadt einen klaren Erlass vom Land.

 Das Atomkraft Tihange steht seit Jahren in der Kritik.

Das Atomkraft Tihange steht seit Jahren in der Kritik.

Foto: dpa, obe fdt

Wird die Gladbacher Bevölkerung demnächst vorsorglich mit Jodtabletten versorgt, damit sie im Fall eines Reaktorunglücks schnell reagieren kann? Bislang lehnte das Innenministerium NRW eine präventive Verteilung strikt ab. Doch seit Mittwoch sieht die Sache anders aus: Nun dürfen die Jodtabletten doch an die berechtigten Bürger (alle unter 45 Jahren) vorab ausgegeben werden, wenn die Kommunen dem Ministerium klare Konzepte vorlegen können.

Die gibt es bereits in Gladbach - und zwar für beide Szenarien: für die Abgabe im Ereignisfall und für die Vorabverteilung. 133.000 Jodtabletten hat die Stadt bereits bestellt. Eingetroffen sind sie noch nicht. Und wie sie verteilt werden, ist auch noch nicht klar."Wir warten auf klare Anweisungen aus dem Innenministerium", sagt Jörg Lampe, der als Leiter der Berufsfeuerwehr auch für den Katastrophenschutz im Stadtgebiet zuständig ist. Denn es gebe immer noch viele offene Fragen.

Die Grundkonzepte stehen bereits in Mönchengladbach, das nur 120 Kilometer von dem umstrittenen Atommeiler Tihange entfernt liegt."Sollte es zu einer Vorabverteilung von Jodtabletten kommen, werden wir so etwas wie einen Wahlsonntag ansetzen", sagte Lampe. Alle berechtigen Jodtabletten-Empfänger würden in diesem Fall benachrichtigt und könnten mit der gesendeten Karte an einem bestimmten Tag ihre Tablette abholen. "Dafür würden wir unsere alten Wahllokale aktivieren", sagt Lampe. Eine vorsorgliche Abgabe habe durchaus Vorteile, berge aber auch Risiken. Lampe: "Was passiert, wenn jemand die Tablette im Ernstfall nicht mehr findet?"

Und es gibt noch weitere Fragen: Was passiert mit der Jodtablette, wenn jemand wegzieht? Wie bekommen Zuzügler die Jodgabe? Laut Dirk Rütten aus der städtischen Pressestelle gibt es in Mönchengladbach pro Jahr immerhin insgesamt 4000 Zu- und Wegzüge. Der Plan für die Abgabe im Ereignisfall sieht folgendermaßen aus: Bei einem Reaktorunglück würde es einen Vorabalarm geben. Dann könnten die berechtigten Bürger sich ihre Jodtabletten in Apotheken und Krankenhäusern abholen, die zuvor mit den nötigen Rationen ausgestattet werden. "In diesem Fall bräuchte sich niemand Gedanken zu machen, wo er das Medikament sachgerecht aufbewahre", sagt der Feuerwehrchef. Er hofft auf klare Anweisungen aus dem Innenministerium: Mit einer Erklärung, jede Kommune soll es so halten, wie sie es für richtig halte, könnte er nicht leben. "Dann haben die Bürger in Keyenberg ihre Jodtabletten schon zu Hause und die in Wanlo sollen sie erst im Ereignisfall abholen - das geht nicht", sagt Lampe.

Die Kommunen seien jetzt sowieso in einer misslichen Lage. Sie müssten die Bevölkerung über mögliche Konzepte im Kastrophenfall informieren - ohne gleich Panik zu schüren. Lampe: "Dabei können wir die aktuelle Gefahrenlagen in den umstrittenen Reaktoren gar nicht beurteilen."

(RP)
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