Mönchengladbach Stadt wehrt sich gegen Braunkohle-Pläne

Mönchengladbach · In einer Stellungnahme zur Leitentscheidung zu Garzweiler II fordert die Stadt unter anderem eine jährliche Überprüfung der energiepolitischen Notwendigkeit des Tagebaus. Auch 370 Bürger haben das Papier unterschrieben.

 Ein Eingriff in das Leben Tausender Gladbacher: der Tagebau Garzweiler II. In diesem Winter will die Landesregierung eine neue Leitentscheidung formulieren - 370 Gladbacher unterschrieben nun eine Stellungnahme dazu.

Ein Eingriff in das Leben Tausender Gladbacher: der Tagebau Garzweiler II. In diesem Winter will die Landesregierung eine neue Leitentscheidung formulieren - 370 Gladbacher unterschrieben nun eine Stellungnahme dazu.

Foto: stadt

Wie schwer das Paket war, das die Vertreter der Stadt vor ein paar Tagen persönlich bei der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen abgaben, ist nicht überliefert. Die dort üblichen Größen- und Gewichtsdimensionen wird es aber wohl überschritten haben. Von der politischen Seite betrachtet war das Mitbringsel aus der Vitusstadt in jedem Fall von enormem Gewicht: Darin befand sich die Stellungnahme des Rates der Stadt Mönchengladbach gegenüber des Entwurfs zur Leitentscheidung zu Garzweiler II. Überbracht wurde der Staatskanzlei jedoch nicht nur die auf fünf Seiten dargelegte und von Oberbürgermeister Hans Wilhelm Reiners unterschriebene Haltung des Rats, sondern 370 weitere Exemplare der Stellungnahme - samt der Unterschriften hunderter Gladbacher Bürger, die sich den Darlegungen des Rats somit anschlossen und dessen Position unterstützen.

Das Verfahren war eine von der Stadt angebotene Alternative zur Meinungsäußerung auf einer von der Landesregierung eingerichteten Online-Plattform, auf der Bürger bis zum 8. Dezember Bewertungen und Anregungen bezüglich der Leitentscheidung abgeben konnten. "Die dort vorhandene Kommentarfunktion haben wir kritisch gesehen", erklärt Barbara Weinthal, Tagebauexpertin der Stadtverwaltung. Die Unterschriftensammlung habe aber auch noch weitere Zwecke gehabt. "Es war uns erstens wichtig, die Bürger in diesem Thema sprachfähig zu machen. Zweitens sollte die Politik die Möglichkeit haben, den Bürgern ihre Stellungnahme zu präsentieren." Die Thematik, so Weinthal, sei hochemotional. "Man hat gemerkt, dass das Thema die Menschen bewegt. Wie sich die Bürger engagiert haben, war einfach rührend", so Weinthal. Dass das Thema Leitentscheidung für die Gladbacher bedeutsam ist, hat man auch bei der Staatskanzlei in Düsseldorf zur Kenntnis genommen. Dort gab es großes Lob für die Beteiligung der Bürger an der "fachlich hoch qualifizierten" Stellungnahme. Die Beteiligung von 370 Gladbachern wird als Erfolg gewertet. "Wir sind damit sehr zufrieden", sagt Peter Feron, CDU-Politiker im Braunkohleausschuss. Zum Vergleich: Auf dem Portal der Landesregierung gaben 12.715 Menschen eine Bewertung der vier Leitsätze ab. Hinzu kamen 12.096 Anregungen bezüglich der Leitentscheidung. Konkret zielt die Stellungnahme auf eine Minderung der negativen Folgen des Tagebaus für die Stadt Mönchengladbach ab. Der Rat begrüßt die Entscheidung der Landesregierung, den Tagebau Garzweiler II zu verkleinern. Wesentliche Punkte seien aber durch den Entwurf der Leitentscheidung nicht geklärt, so Peter Feron. "Der Tagebau wird die Region noch über 80 Jahre beschäftigen, weshalb unter anderem ein finanzpolitisches Monitoring nötig ist", sagt er. Über die Deckung der Folge- und Ewigkeitskosten bestehe im Entwurf bisher keine Transparenz. Weiterer Kritikpunkt ist der Abstand der Abbruchkante zur Wohnbebauung. Während für das Dorf Holzweiler bei Erkelenz ein Abstand von 400 Metern zur Kante vorgesehen ist, sind dies im Falle des Gladbacher Ortsteils Wanlo nur 100 Meter. "Für den Fall Holzweiler hat man sich gefragt, was zu tun ist, damit das Leben dort lebenswert bleibt. Für Wanlo stellt sich diese Frage niemand", so Peter Feron. Eine Gleichbehandlung von Holzweiler und Wanlo sei in diesem Fall wünschenswert. Auch eine energiepolitische Überwachung des Tagebaus wird mit der Stellungnahme gefordert. So soll turnusmäßig überprüft werden, ob der Braunkohleabbau energiepolitisch weiterhin notwendig ist, oder die Tagebauaktivitäten bereits vor der derzeit geplanten Einstellung im Jahr 2045 enden können.

Ob und wie sehr das Einreichen der gesammelten Stellungnahmen zum gewünschten Erfolg führt, ist offen. "Ich bin guter Dinge, dass die Stellungnahme bei der Landesregierung berücksichtigt werden wird. Ich glaube zum Beispiel nicht, dass man es planungsrechtlich durchhalten kann, nur auf Holzweiler zu schauen", sagt Peter Feron. Die Regierung werde seiner Erwartung nach begründen müssen, warum es beispielsweise in Wanlo nur einen 100 Meter langen Abstand zur Abbruchkante geben soll. Die Landesregierung will in diesem Winter die endgültige Leitentscheidung formulieren. Die Stellungnahme wird möglicherweise nicht das letzte Aufbäumen gegen die aktuelle Form der Leitentscheidung sein. Die Stadt prüft derzeit auch die Möglichkeit, mit einer Klage gegen die Braunkohle-Pläne vorzugehen.

(RP)
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