Mönchengladbach Für Robert Redford ist er ein Held

Mönchengladbach · Er ist bei weitem nicht so prominent wie der Dalai Lama oder Kofi Annan, die auch als Friedensnobelpreisträger nach Gladbach kamen. Dabei ist Kailash Satyarthi, der nächste Woche in Gladbach vorträgt, mindestens genau so spannend.

 Kailash Satyarthi bekam den Friedensnobelpreis 2014 als erster Inder überhaupt.

Kailash Satyarthi bekam den Friedensnobelpreis 2014 als erster Inder überhaupt.

Foto: AFP

Der amerikanische Film-Star Robert Redford portraitierte ihn für das US-Fernsehen und kam nach den Dreharbeiten zu folgendem Urteil: "Er ist ein Veränderer. Ein Held unserer Zeit." Das fand das Nobelpreis-Komitee in Stockholm auch und sprach ihm vor eineinhalb Jahren den Friedensnobelpreis zu. Und dass der Mann mit dem für deutsche graue Zellen und Zungen schwer zugänglichen Namen diesen verdient hat, bezweifelt niemand. Denn der 62 Jahre alte Inder Kailash Satyarthi hat alles, was ein moderner Held braucht: eine Vision, Mut, Erfolg, Beharrlichkeit und Bescheidenheit.

Sein Lebensthema fand er mit sechs Jahren, sein großes Ziel mit elf - und er hat es seither nicht losgelassen. Als kleiner Junge aus einer Familie aus einer der höheren Kasten sah er auf dem Schulweg in Vidisha einen gleichaltrigen Jungen als Schuhputzer. Dass er selbst in die Schule gehen durfte, der Junge aber nicht, beschämte Kailash. Allein in Indien arbeiten nach Schätzung von Experten 12,6 Millionen Kinder, um für ihre Familien den Lebensunterhalt mit zu verdienen. Mit elf begann Kailash Satyarthi Geld für arme Familien zu sammeln. Als Student gründete er eine Buchbank und sorgte so dafür, dass auch die Ärmeren die nötigen Bücher bekamen, wenn die Reicheren sie ausgelesen hatten. Und mit 26 - da war er Elektroningenieur mit einem Diplom in Hochspannungstechnik - schmiss er seinen Beruf hin und machte seine Berufung zum Beruf.

Er stürmte mit Freunden Fabriken und Steinbrüche, in denen Kinder als Arbeitssklaven gehalten wurden. Sehr oft sei er in dieser Zeit von Leibwächtern zusammengeschlagen worden. Sein ältester Sohn wurde bei einer der Befreiungsaktionen so schwer verletzt, dass er seither Probleme mit der Wirbelsäule hat. Seine Tochter verließ Indien nach konkreten Bedrohungen für mehrere Jahre in Richtung USA. Tausende Kinder hat er auf diese Art selbst aus dem Sklaventum gerettet. Das Lächeln der Eltern und Kinder habe ihm die nötige Kraft dazu gegeben, sagte er.

Sein Credo: Wenn nicht Du, wer sonst? Seine Überzeugung: Kein Problem auf der Welt ist unlösbar. Jede noch so schwierige Aufgabe trägt ihre Lösung in sich. "In einer Welt, in der Nelson Mandela Präsident von Südafrika werden kann und das deutsche Volk friedlich Wiedervereinigung feiern kann - in solcher einer Welt ist alles möglich", sagt er. Werktore aufbrechen allein reicht nicht. Man müsse zupackend an der Basis sein und visionär. "Nur so gewinnen wir den Kampf", sagt Satyarthi.

Darum setzte er in seinem persönlichen Kampf gegen die Kinderarmut zunehmend Anwälte ein, schuf Öffentlichkeit. Er sensibilisierte für die Missstände, um das Übel bei den Wurzeln zu packen. Der Inder wurde Generalsekretär einer "Front gegen Schuldknechtschaft" und gründete die "Rettet-die-Kindheit-Bewegung". Die ist längst die weltweit führende Organisation im Kampf gegen Kinderarbeit mit mehr als 470 Partnerorganisationen in Indien, Pakistan, Nepal, Bangladesch, Bhutan und Sri Lanka. Die Organisation setzte das Rugmark-Siegel durch, mit dem vor allem Teppiche gekennzeichnet sind, die nachweislich ohne Kinderarbeit gefertigt wurden. Experten schätzen, dass allein durch dieses Siegel die Kinderarbeit in der Teppichindustrie um zwei Drittel zurückgegangen ist. Und trotzdem: Weltweit müssen weiter fast 200 Millionen Kinder arbeiten.

Jeder Einzelne trage das Potenzial in sich, das zu verändern, versichert der bärtige Mann mit den sanften Augen bei seinen Vorträgen in aller Welt. In Stuttgart wurde er vor einigen Monaten von zwei Kindern auf der Bühne interviewt und sagte ihnen: "Die Kinder sind die besten Anführer. Niemand ist so begierig darauf, Gutes zu tun wie Ihr!" Und er lobte zum Abschluss die sieben bis neun Jahre alten Interviewer: "Als ich so alt war wie ihr, habe ich mich bei der Schulaufführung nicht auf die Bühne getraut, sondern bin weinend davon gelaufen. Und ihr sitzt hier und stellt mir lauter intelligente Fragen."

Auch Gladbacher Nachwuchs, allerdings deutlich älterer, wird am kommenden Donnerstag, 7. April, Gelegenheit haben, mit Satyarthi zu diskutieren. Er spricht dann im Huma mit Jugendlichen aus weiterführenden Schulen. Für seinen Vortrag auf Einladung des Initiativkreises ab 20 Uhr in der Kaiser-Friedrich-Halle gibt es noch Restkarten zum Preis von 25 Euro. Zu bekommen sind sie an den Vorverkaufsstellen sowie unter 0180 6050400 und unter www.adticket.de.

(RP)
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