Mönchengladbach Film über Hape Kerkelings Kindheit in Gerkerath gedreht

Mönchengladbach · In dem Haus, in dem Marlene Thevissen aufgewachsen ist, wird ein Film über Hape Kerkeling gedreht. Durch die Hecke schaut sie zu.

 Die Filmcrew ist mit Transportern angereist. Anwohner müssen sich andere Parkplätze suchen.

Die Filmcrew ist mit Transportern angereist. Anwohner müssen sich andere Parkplätze suchen.

Foto: klik

Die Hausnummer Gerkerath 91 ist Trubel gewohnt. Viele Jahrzehnte haben dort mehrere Generationen unter einem Dach gelebt. Bis es in den vergangenen Jahren ruhiger wurde. Seitdem Bewohnerin Gerda Randerath verstorben ist, steht das alte Bauernhaus samt Scheune leer.

Jetzt wiegelt die Stadtsparkasse den Verkauf ab - vorerst aber, hat sich eine Produktionsfirma zum Filmdreh angemeldet. In Gerkerath wird ein Kinofilm über den Komiker Hape Kerkeling gedreht. Und Marlene Thevissen schaut zu. Über den Gartenzaun. Der Film ist auch eine Reise in ihre eigene Vergangenheit. Die 77-Jährige ist in dem Haus aufgewachsen.

Mit ihrem Mann wohnt sie direkt nebenan. "Mein Großvater hatte das damals so entschieden - jeder sollte ein Teil des Grundstücks bekommen", erzählt sie. Schon der Vater sei 1918 in der Hausnummer 91 geboren worden. Von den Enkelkindern habe niemand das Haus übernehmen wollen. "Die Filmcrew ist sehr nett und geht immer bei uns auf Toilette", erzählt Marlene Thevissen. Von der Idee, dass das Haus ihrer Kindertage in der Fiktion auch zum Heimathafen des Komikers Hape Kerkelings werde könne, sei sie sofort begeistert gewesen.

 Eine Zeitreise in die Vergangenheit - verändert worden ist in diesem Haus viele Jahre nichts.

Eine Zeitreise in die Vergangenheit - verändert worden ist in diesem Haus viele Jahre nichts.

Foto: Stadtsparkasse

Durch eine kleine Lücke in der Hecke habe man ab und an ein Pläuschchen mit Tante Gerda gehalten. "Meine Tante hat ihren Garten geliebt", erzählt Marlene Thevissen. Heute steht das Ehepaar an eben jener Lücke und sagt: "Da - das ist doch der kleine Hape." Und: "Das ist doch Joachim Król aus dem Tatort."

Auf dem Rasen ist eine lange Tafel aufgebaut. Weiße Tischdecken, in einem Korb stehen Weinflaschen, auf einer Etagere wird Gebäck angeboten. In lasierten Tonkrügen wurden Wildblumensträuße dekoriert - liebevoll, geschmackvoll, eine künstlich erzeugte Idylle, die doch in den 70er Jahren dort genauso ausgesehen haben mag. Die Szene, die an diesem Tag gedreht wird, ist die Kommunionsfeier des jungen Hape Kerkeling. Gefeiert wird in der friedlichen Abgeschiedenheit. "Der Junge muss an die frische Luft", heißt der Film, nach dem gleichnamigen Buch des Entertainers. Ab Weihnachten 2018 soll er in die Kinos kommen. Die Thevissens werden hingehen und genau hinschauen, wie der Familiengarten auf der großen Leinwand wirkt.

 Die Vorbesitzerin, Gerda Randerath, war eine Naturliebhaberin. "Meine Tante hat ihren Garten geliebt", erzählt Marlene Thevissen, die heute noch nebenan wohnt.

Die Vorbesitzerin, Gerda Randerath, war eine Naturliebhaberin. "Meine Tante hat ihren Garten geliebt", erzählt Marlene Thevissen, die heute noch nebenan wohnt.

Foto: Angela Rietdorf

Man will meinen, mit der Hausnummer 91 in Gerkerath mag das Filmteam einen Volltreffer gelandet haben. Mehr heile Welt ist nicht zu holen. Felder, Wald, Wiesen, Hase und Fuchs. "Die haben heute Morgen schon die Kerzen angezündet", erzählt Marlene Thevissen. "Ich denke mal, damit die schon abgebrannt sind - sehr schlau." Und fügt hinzu: "An was die alles denken." Sogar an die Jahreszeiten: "Die haben die Äpfel vom Baum gepflückt und künstliche Apfelblüten dran gehängt", sagt Herbert Thevissen - halb entgeistert, halb begeistert. Und Action!

Die Klappe schlägt zu, Kinder stehen ruckartig vom Tisch auf und laufen davon. Auftritt: die Nonne, sie heißt Lisbeth und wird prompt von der Runde veralbert: Heute sei ja wohl nicht Karneval, sagt einer. Gelächter, fertig. "Sehr schön", ruft die Regisseurin. "Und noch einmal, bitte."

Eine Bank vor der Haustür, ein Hof mit Wäscheleine, ein Taubenhaus und eine Scheune, eine Schaukel am alten Baum - man kommt sich vor wie ein Zeitreisender, wenn man die Straße verlässt, am Nachbarhaus entlang geht und vor dem etwas versteckt liegenden Haus Gerkerath 91 steht. Eine Reise in die 60er und 70er Jahre - dabei ist das Haus wesentlich älter. Eines der ältesten im ländlichen Gerkerath um genau zu sein, erbaut um 1750. Das Besondere dabei: Entgegen der damaligen Gewohnheiten wurde es nicht als Fachwerk, sondern aus rotem Backstein gebaut und teilweise weiß verputzt. Als weiteres Zugeständnis an die Moderne sollte die Haustür ein Vordach bekommen.

Das Filmteam habe die gesamte Inneneinrichtung neu hergerichtet, erzählen die Thevissens. "Die haben sogar neu tapeziert", sagt Herbert Thevissen voller Bewunderung. "Als ich das gesehen habe, habe ich gedacht, das sieht ja genau aus wie bei meiner Tante", sagt Marlene Thevissen. "Die haben sogar die Vorhänge gefärbt, damit sie nicht wie neu aussehen", sagt sie und lacht dabei, halb ungläubig, aber durchaus angetan von der Liebe zum Detail.

Möbel, Vorhänge, Lampen und Requisiten - alles soll im Film schließlich nach den frühen 70er Jahren aussehen. Die Rahmenbedingungen dafür waren gegeben: Die letzte Besitzerin hat bis zu ihrem 90. Geburtstag in dem Haus gelebt und in den vergangenen Jahrzehnten nicht viel verändern lassen. Vom schmalen Flur geht es rechts in die Küche, lange Zeit war dort die Waschküche untergebracht. Die Küche befand sich auf der anderen Seite des Flurs. Auch in der anschließenden "guten Stube" kommt Nostalgie auf: Niemand aus der Babyboomer-Generation braucht viel Fantasie, um hier die eigenen Großeltern sitzen zu sehen. Im Sessel oder auf dem Sofa, den Nierentisch vor sich. Die Falte im Sofakissen, mit der Handkante akkurat mittig gesetzt, darf da natürlich nicht fehlen.

Aus dem Fenster fällt der Blick auf den grasbewachsenen Hof, den wuchernden grünen Garten und den alten Baum, an dem eine Schaukel im Wind hin und her schwingt. Ja, aus solchen Zutaten war das Leben damals gemacht. Heute warten dort Eltern auf ihre Kinder. Die kleine Mia (9) hat eine Komparsenrolle im Film ergattert. "Das ist bereits ihre dritte Rolle", erzählt ihre Mutter Tanja Poschmann aus Bochum. "Wir freuen uns auf den Film."

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