Redaktionsgespräch Hans-Willi Körfges (spd) Felix Heinrichs kann 2020 OB werden

Mönchengladbach · Der Landtagsabgeordnete spricht mit Ralf Jüngermann und Dieter Weber über Machtoptionen für die Sozialdemokraten, das Erstarken der AfD und über seine Motive für die erneute Kandidatur. Außerdem erklärt er, warum das Land das JHQ weiter braucht.

Redaktionsgespräch Hans-Willi Körfges (spd): Felix Heinrichs kann 2020 OB werden
Foto: Detlef Ilgner

Wo macht die SPD als Junior-Partner die bessere Figur: im Bund oder in Mönchengladbach?

Hans-Willi Körfges Eindeutig in Mönchengladbach. Die gemeinsamen Erfolge werden hier mehr auch als Erfolg der SPD wahrgenommen. Das ist in Berlin anders.

Und wie wird sich nach der nächsten Landtagswahl die SPD als Junior-Partner im Land schlagen?

Körfges Ich bin fest davon überzeugt, dass die SPD stärkste Partei im Land wird, auch wenn die aktuellen Umfrageergebnisse das nicht abbilden. Im Moment ist die Stimmung sehr von Bundesthemen geprägt. Wenn vor der Wahl die Landesthemen in den Fokus rücken und die Menschen darüber entscheiden müssen, wem sie die Zukunft des Landes anvertrauen wollen, wird es enden wie in Rheinland-Pfalz.

Der SPD gehen die Machtoptionen aus. Was ist denn außer einer Großen Koalition überhaupt realistisch?

Körfges Ich rechne fest mit der Fortsetzung von Rot-Grün. Die Gemeinsamkeiten zwischen SPD und CDU im Land sind zu klein, als dass ich mir das ernstlich vorstellen kann.

Und die zwischen SPD und FDP?

Körfges Ich erlebe die FDP als flexibel. Prinzipiell sollten demokratische Parteien immer miteinander reden und auch zusammenarbeiten können.

Gilt das auch für die AfD?

Körfges Für mich nicht. Ich setze mich nicht an einen Tisch mit Leuten, die rechtspopulistische Phrasen absondern und verfassungsfeindliche Inhalte vertreten. Deren Antworten auf unsere Probleme sind so was von retro. Lesen Sie sich mal das Programm durch!

Warum ist das denn für viele frühere SPD-Wähler attraktiv?

Körfges Die AfD zieht Protestwähler an. Und wir tun gut daran, ihnen und ihren Sorgen genau zuzuhören. Diese Wähler stammen aus dem Milieu der CDU, der Linken und auch der SPD. Dann kommt noch ein Bodensatz dazu, der für rassistische, nationalistische Töne empfänglich ist. Der macht aber nicht das Gros der AfD-Wähler aus.

In den 80ern haben Sie junge Wähler an die Grünen verloren. In den 90ern einen Teil Ihrer klassischen Wähler an die Linken abgegeben. Verlieren Sie jetzt noch die Arbeiter an die AfD?

Körfges Die CDU verliert in absoluten Zahlen deutlich mehr Wähler an die AfD als die SPD. Wir werden die Arbeiter nicht verlieren, wenn wir uns auf unsere Kernthemen besinnen. Und ein wesentliches ist die soziale Gerechtigkeit. Deutschland ist ein sehr reiches Land. Aber die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich weiter. Immer mehr Menschen wollen das nicht hinnehmen. Die werden sich auf Dauer aber nicht bei der AfD wohlfühlen. Was in deren Programm zur Wirtschaftspolitik steht, ist abenteuerlich.

Ist eine Partei mit 20 Prozent der Stimmen noch eine Volkspartei?

Körfges Wir haben Wähler in allen wesentlichen Schichten, haben ein Konzept und Prinzipien und geben schlüssige Antworten auf alle wesentlichen Probleme unserer Zeit. Deswegen sind wir natürlich Volkspartei. Zugegebenermaßen in NRW mehr als in manchem der jüngeren Bundesländer.

In Gladbach erlebt die SPD eine ihrer besten Zeiten. Sie hat zehn Jahre einen quer durch die Gesellschaftsschichten geachteten OB gestellt. Sie ist in der zweiten Wahlperiode an der Mehrheit beteiligt. Welche der beiden Konstellationen erreicht mehr für die Stadt?

Körfges Solche Vergleiche hinken zwangsläufig immer. Die Ampel hat einiges erreicht, worauf ich stolz bin, nicht zuletzt die Teilnahme am Stärkungspakt. Die Große Koalition leistet sehr gute Arbeit. Mir tut es leid, dass Norbert Bude vieles, was er gesät hat, nicht mehr selbst ernten kann.

Welche Rolle spielt dabei Felix Heinrichs, der in jungen Jahren als Fraktionsvorsitzender eine wichtige Rolle übernommen hat?

Körfges Er macht das hervorragend, was für uns, die wir ihn seit vielen Jahren kennen, keine Überraschung ist. Er ist ein echter Teamplayer und weiß, dass der Erfolg auf vielen Schultern ruht, auch wenn er am Ende oft im Mittelpunkt steht.

Kann er 2020 Oberbürgermeister werden?

Körfges Auf jeden Fall. Wenn Sie mit Mitgliedern der SPD diskutieren, wird sein Name am häufigsten genannt.

Die Mitglieder, die Sie gerade nennen, haben bei der SPD weniger Einflussmöglichkeiten auf Kandidaturen als bei der CDU. Warum?

Körfges Den OB-Kandidaten haben wir mehrfach in Urwahl gewählt, den Bundestagskandidaten auch. Und wenn es mehrere Kandidaten für die Landtagswahl geben sollte, kann ich mir gut vorstellen, dass wir dann auch die Mitglieder darüber entscheiden lassen.

Die Gefahr ist aber nicht so groß, oder?

Körfges Bisher habe ich bei meiner Tour durch die Ortsvereine nicht den Eindruck gewonnen, dass es weitere Interessenten an der Landtagskandidatur gibt.

Warum treten Sie noch mal an? Wir hatten im Ohr, dass Sie vor der letzten Wahl angekündigt hatten, es solle Ihre letzte Wahlperiode werden?

Körfges Ich hatte das tatsächlich überlegt, allerdings auch nicht ausgeschlossen, noch einmal anzutreten. Ich habe bei vielen wichtigen Fragen, egal ob es nun die Flüchtlingsfrage ist oder die Verfassungsreform, den Eindruck, dass ich noch nicht fertig bin mit meinen Themen. Es macht mir einfach weiter Freude, auch mit dafür zu sorgen, dass es in Mönchengladbach vorangeht. Zuletzt ist das bei dem Projekt Wegweiser, einem Präventionsprogramm gegen die salafistische Gefährdung junger Menschen, und bei dem Projekt Radrennbahn gut gelungen. Dass beides in Gladbach klappt, hat auch mit meiner Arbeit zu tun.

Müssen Sie den Wahlkreis gewinnen, oder könnte Ihnen auch der Listenplatz den Platz im Landtag sichern?

Körfges Ich habe zwar die letzten beiden Male Listenplätze unter den ersten Fünf gehabt. Das ist zwar eine schöne Bestätigung für meine Arbeit. 2012 hätte der Listenplatz aber trotzdem nicht gereicht. Ich gehe also davon aus, dass ich den Wahlkreis gewinnen muss.

Haben Bund und Land das Thema Flüchtlinge inzwischen im Griff?

Körfges Es wäre vermessen, das zu behaupten. Es ist sehr schwer zu prognostizieren, wie viele Flüchtlinge zu uns kommen werden. Erfahrungsgemäß werden es bei steigenden Temperaturen mehr. Wir wissen auch nicht, wie viele bleiben werden. Ich rechne mit einer Anerkennungsquote von über 50 Prozent. Darum wäre ich sehr vorsichtig, im Moment Plätze freizugeben, auch wenn gerade einige in den Landesunterkünften nicht benötigt werden.

Ist es richtig, dass das Land der Bima vorerst nicht erlaubt, das JHQ zu verkaufen, weil dort womöglich noch mehr Flüchtlinge untergebracht werden sollen?

Körfges Das halte ich vor diesem Hintergrund für richtig. Die Lage ist im Moment noch zu unübersichtlich, um solche Optionen schon aufzugeben.

Sie sind Obmann der SPD im Untersuchungsausschuss zu den Vorfällen in der Silvesternacht. Viele haben den Eindruck, dass Verantwortlichkeiten vertuscht werden sollen. Zurecht?

Körfges Interessierte Kreise versuchen gerade, diesen Eindruck zu erwecken. Ich habe die Sorge, dass das auch noch zum Wahlkampfthema ausgeschlachtet werden soll. Der Untersuchungsausschuss versucht etwas ganz anderes herauszufinden: Was ist genau in der Silvesternacht in Köln passiert? Haben alle beteiligten Behörden ihren Aufgaben gemäß gehandelt? Und wie kann man verhindern, dass so etwas noch einmal passiert? Es wird sicher noch bis in den Herbst hinein dauern, bis wir auf diese Fragen Antworten haben.

(RP)
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