Mönchengladbach Es geht um die Wurst

Mönchengladbach · Seit 50 Jahren gibt es die Fleischerei Tölkes. Als sie anfing, gab es allein in Neuwerk elf Konkurrenten - heute noch drei.

Das Handwerk befindet sich im Wandel. In den 1960er Jahren kannte der örtliche Metzger seine Kunden noch alle persönlich. Er wusste, wann sie kamen, was sie kauften und auch, wie viel sie brauchten. "Die Leute kauften ja immer dasselbe", erinnert sich Metzgermeister Heinrich Tölkes. Zum Wochenendeinkauf gehörte zwingend Suppenfleisch und Braten - für die Vorsuppe und das Hauptgericht am Sonntag. Auch in der Woche stand der Speiseplan bei vielen fest, ebenso wie die Zeiten des Einkaufs und die Mengen.

So war es auch noch, als Heinrich Tölkes 1966 seine erste Fleischerei an der Neersbroicher Straße in Neuwerk eröffnete. Der Metzger machte sich früh selbstständig, kaum dass er seine Meisterprüfung in der Tasche hatte. Der Beruf des Metzgers hatte es ihm schon als Kind angetan, er half begeistert, wenn auf dem heimischen Abtshof geschlachtet und Wurst gemacht wurde.

Der von einem Kollegen übernommene erste Laden, den Tölkes mit seiner Frau Margret führte, wurde bald zu klein. Auf der Abtshofer Straße wurde neu gebaut - dort befindet sich der Familienbetrieb heute noch. Noch immer wird ausschließlich selbst gemachte Wurst ("eigene Herstellung, nichts dazugekauft") angeboten, aber so ziemlich alles andere hat sich geändert.

Zum Beispiel die Zahl der Mitbewerber. "Als wir anfingen, gab es zwölf Fleischereien allein in Neuwerk", sagt Margret Tölkes. Zwei davon waren in der direkten Nachbarschaft. Heute existieren nur noch vier Fleischereien in Neuwerk. "Viele haben keinen Nachfolger gefunden", sagt Bernd Tölkes, der Sohn, der inzwischen den Betrieb von seinen Eltern übernommen hat. Andere Betriebe haben vielleicht nicht so konsequent den Zug der Zeit erkannt und das Angebot nach den sich verändernden Kundenwünschen ausgerichtet. "Zuerst haben wir uns auf Grillfleisch spezialisiert", erklärt Heinrich Tölkes. "Dann kamen die kalten Buffets dazu, später auch noch warme Speisen." In diese Richtung hat Sohn Bernd weitergedacht - und vor zwölf Jahren statt der geplanten Garage lieber einen Partyraum in den Hof neben der Metzgerei gesetzt: einen großen Raum, gemütlich mit viel Holz im österreichischen Stil ausgestattet. Hier kann man feiern und sich bewirten lassen. Ein Angebot, das einen Nerv traf, sobald es sich herumgesprochen hatte.

"Im ersten Jahr hatten wir vier Buchungen im Jahr, heute haben wir vier in der Woche", sagt Bernd Tölkes. Inzwischen hat er einen zweiten Raum angebaut und kann darin mindestens 120 Personen unterbringen. "In der Arbeit hat sich wirklich viel geändert", meint er. "Früher bestand sie hauptsächlich darin, Wurst und Fleisch zu machen. Heute ist das nur noch die Hälfte der Arbeit." Die andere Hälfte bestehe im Service für den Kunden, sei es nun der Partyservice oder auch die fertigen Gerichte, die in der Metzgerei angeboten werden, vom Sauerbraten bis zum Linseneintopf.

Aber auch die Kundschaft hat sich geändert: Die Stammkunden werden seltener. "Natürlich ist es einfacher, das Fleisch im Supermarkt zu kaufen", sagt Tölkes. Also kann man nur mit Handwerksqualität punkten, mit Service und guten Ideen. Das funktioniert bei Tölkes jetzt seit 50 Jahren mehr als gut.

(RP)
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