Mönchengladbach Erben, vererben - enterben?

Mönchengladbach · In der RP-Ratgeber-Reihe "Alles was Recht ist" informierten drei Notare über die gesetzliche Erbfolge, das Berliner Testament und Spezialfälle.

 Die Notare Kai Franken (links), Alexander Rezori (2. v. l.) und Oliver Gehse (rechts) informierten die RP-Leser über das Erbrecht. Mitveranstalter des Abends waren Landgerichtspräsidentin Annette Lehmberg und Dr. Jochen Mues.

Die Notare Kai Franken (links), Alexander Rezori (2. v. l.) und Oliver Gehse (rechts) informierten die RP-Leser über das Erbrecht. Mitveranstalter des Abends waren Landgerichtspräsidentin Annette Lehmberg und Dr. Jochen Mues.

Foto: Knappe,Joerg (jkn)

Bei diesem Thema herrscht ein gewaltiger Informationsbedarf. Der Schwurgerichtssaal des Landgerichts hätte zweimal gefüllt werden können, so viele Anfragen gab es. Erben und Vererben ist und bleibt ein schwieriges Thema, das häufig zu Streitigkeiten in Familien führt. "Reden Sie noch mit Ihrer Verwandtschaft oder haben Sie schon geerbt?", zitierte daher auch Landgerichtspräsidentin Annette Lehmberg zu Beginn einen bei Juristen beliebten Spruch. Und weil Streitigkeiten so häufig sind, ist das Thema immer brandaktuell. Drei Notare standen bereit, um den rund 100 Teilnehmern die Grundzüge des Erbrechts zu erläutern und auf Fallstricke hinzuweisen.

Notar Alexander Rezori führte in die gesetzliche Erbfolge ein. Im Beispielfall eines Ehepaares mit zwei Kindern ist alles relativ einfach: Der länger lebende Ehegatte erbt die Hälfte, jedes der Kinder ein Viertel. Sind keine Kinder da, aber die Eltern leben noch, erben sie als Erben zweiter Ordnung ein Viertel, der Ehegatte drei Viertel. Nach den Eltern können auch die Geschwister an die Reihe kommen. Erbberechtigte Kinder komplett zu enterben geht praktisch nicht. Ihnen bleibt immer der Pflichtteil, die Hälfte des gesetzlichen Anspruchs. Das alles gilt für den Fall, dass die Ehegatten in Zugewinngemeinschaft leben, wie das bei 90 Prozent der Deutschen der Fall ist.

Wenn die gesetzliche Erbfolge so klar ist, warum ist dann ein Testament nötig? Auch darauf geben die Notare eine Antwort. Weil im Erbfall eine Erbengemeinschaft entsteht und dann etwa die Veräußerung von Immobilien schwierig wird. Deshalb greifen viele Eheleute zum sogenannten Berliner Testament und setzen sich gegenseitig zu Erben ein, die Kinder erben erst nach dem Tod des zweiten Elternteils. Ein Berliner Testament kann privat errichtet, handschriftlich verfasst und von beiden Ehepartnern unterschrieben werden. Das gehe aber nur bei Ehepaaren, erläutert Notar Kai Franken, nicht verheiratete Paare müssten einen notariellen Erbvertrag aufsetzen, könnten damit aber die gleiche Reglung treffen. Ein Berliner Testament verhindere eine Erbengemeinschaft, sichere den überlebenden Ehepartner ab und entspreche dem Gerechtigkeitsempfinden, aber es habe auch Nachteile. Zum einen bindet es den länger lebenden Ehepartner. Das Testament kann nach dem Tod des einen Ehegatten nicht mehr geändert werden. Ein Kind, das etwa die länger lebende Mutter pflegt, kann keinen größeren Anteil am Erbe erhalten. Auch bei Vermögen sei es nicht immer ratsam, weil Ehepartner einen steuerlichen Freibetrag von 500.000 Euro haben. Wird dieser Wert überschritten, fällt Erbschaftssteuer an.

Dem könne man durch Schenkungen entgehen, sagte Notar Oliver Gehse. Aber Vorsicht: Geschenkt ist geschenkt. Wenn etwa die Eltern das Haus zu Lebzeiten an das Kind verschenken, können sie es nicht mehr verkaufen. In anderen Fällen möchten Erblasser verhindern, dass das Vermögen an Gläubiger fällt, wenn ein Sohn oder eine Tochter Insolvenz angemeldet habt. Das geht dadurch, dass die Eltern das Wohnrecht vermachen, aber nicht das Gebäude. Das ist alles Grund genug, sich rechtzeitig Gedanken um Testament und Erbschaft zu machen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort