Serie Was Macht Eigentlich? Er will schreiben, bis es nicht mehr geht

Mönchengladbach · Paul Sonn war 63, als er 2012 sein erstes Buch veröffentlichte. Seither produziert er beinahe wie am Fließband, ohne literarischen Anspruch, aber mit Herz: bunte, selbst illustrierte Bücher für Kinder, Gladbacher Geschichte und seine ersten Romane. Aufhören mag er noch lange nicht.

 Paul Sonn liest in einer Schule vor.

Paul Sonn liest in einer Schule vor.

Foto: PS

Wenn er kommt, wird es mucksmäuschenstill im Kindergarten. Die Kleinen lieben die Geschichten von Jakob und Johanna, von Paulchen und Paulinchen, die Paul Sonn vorliest, und die bunten Bilder, die er dazu gemalt hat.

Paul Sonn, 68, gelernter Tuchmacher, geprüfter Textiltechniker und schließlich selbstständiger Textilkaufmann, hat vor sechs Jahren so etwas wie eine Berufung für die Zeit als Rentner gefunden: das Schreiben. Er tut dies ebenso ausdauernd, wie er noch mit mehr als 50 Jahren auf dem Rennrad die Alpenpässe bewältigt hat, die für Radprofis die große Herausforderung bei der Tour de France sind.

 Vater und Sohn auf großer Tour

Vater und Sohn auf großer Tour

Foto: PS

Gut 60 Pässe in den Alpen und auch in Amerika ist er auf dem Rad gefahren. Bisher vier Bücher und zehn Vorlesebücher für Kinder hat er geschrieben. Literatur ist das nicht, aber das ist auch nicht der Anspruch des Mannes, der schon mal an drei Büchern gleichzeitig arbeitet. Oder an Büchlein, kann man vielleicht sagen. Denn seine Geschichten über die Erlebnisse der Zwillinge "Jakob und Johanna" und der Geschwister "Paulchen + Paulinchen" sind keine Wälzer, sondern ein paar Dutzend Seiten dick. Und so geschrieben, dass Kinder ab etwa vier Jahren Spaß haben, wenn sie ihnen vorgelesen werden oder sie diese später selbst lesen. "Kindgerecht" sollen sie sein, so dass die Kleinen sich darin wiederfinden. Und auch in den bunten Illustrationen der Büchlein, die Paul Sonn alle selbst gemalt hat. "Naive Malerei" nennt seine Frau Marita den Stil. Und das ist nicht abwertend gemeint.

Ihr Mann kommt an mit seinen Büchlein und Lesungen in den Kindergärten und Grundschulen. In Mönchengladbach hat er fast alle Kitas durch, zum guten Teil mehrfach. Er war auch in etlichen Schulen und Kitas in der Umgebung bis hin nach Krefeld, Düsseldorf, Köln oder Aachen. "Egal wo, die Kinder freuen sich, wenn ich komme und ihnen vorlese. Die meisten hören gebannt zu, auch eine halbe Stunde lang", sagt er.

 Am Stilfser Joch - dem Pass schlechthin, die Herausforderung für jeden.

Am Stilfser Joch - dem Pass schlechthin, die Herausforderung für jeden.

Foto: PS

Sechs Bücher hat Sonn 2013 und 2014 in 18 Monaten über "Jakob und Katharina" geschrieben: ein Zwillingspärchen, das in einem fiktiven Dorf im Gebirge aufwächst und mit seinen Erlebnissen Stadtkinder mitnimmt in eine den meisten unbekannte, bunte Welt. 2015 begann Sonn dann mit der Reihe "Paulchen + Paulinchen". Die beiden sind acht und sieben Jahre alt, halten sich auf einer rosa Himmelswolke auf, gelangen mit Zauberspruch und Strickleiter aber auch auf die Erde. Der vierte Band dieser Reihe ist erst kürzlich erschienen. Zwei weitere ("Es sind die beiden letzten") hat Paul Sonn schon geschrieben und illustriert. Im Moment befasst sich seine Lektorin damit; Mitte 2018 soll zunächst Band 5 erscheinen. Natürlich wie alle anderen mit Paul Sonns ganzseitigen, bunten Bildern.

"Kinderbuchautor" - so nennt er sich. Irgendwann habe er die Idee gehabt zu schreiben und sie dann 2012 von heute auf morgen umgesetzt. Doch heraus kam erst einmal etwas ganz anderes als ein Kinderbuch: seine Autobiografie "Gerade deshalb" mit dem Untertitel "Die Kurve habe ich trotzdem geschafft". Es ist alles andere als Wohlfühlgeschichte wie die Kinderbücher. Sie schildert auf 227 Seiten seine Jugend im Schatten der Holter Kirche. Mit einem schwierigen Elternhaus, einem sehr strengen Vater, einer als allzu dominant empfundenen Rolle des kirchlichen Lebens in seinem Elternhaus. Nur mit "schauspielerischem Talent" hätten er und sein Zwillingsbruder Gotthard ihre Kindheit "unbeschadet überstanden" und es später geschafft, als 13-Jährige sich trotz strengen Verbots mit Mädchen zu treffen. "Mein Bruder und ich haben zwei Leben gelebt: das, was unsere Eltern vorschrieben, und das, was wir wollten."

 Eine glückliche Familie: die Sonns.

Eine glückliche Familie: die Sonns.

Foto: PS

Sein zweites Buch, nur ein gutes Jahr später erschienen, heißt "Im Schatten der Holter Kirche. Und etwas darüber hinaus". Sonn schildert anschaulich seine Zeit als Kind und Jugendlicher im Mönchengladbach der 50er und 60 Jahre.

Seinen ersten Roman hat er im Juni 2016 veröffentlicht: "Fred P. - der steinige Weg zurück ins Leben." Es geht um einen Mann, der mit 38 nach neun Jahren im Gefängnis versucht, in ein geordnetes Leben zu finden. Er widersteht gefährlichen Verlockungen, wird niedergeschlagen und lebensgefährlich verletzt. Ob der den Weg zu Ende geht? Diese Frage bleibt offen. Dieser Roman braucht kein Happy End. Aber er bekommt so vielleicht eine Fortsetzung ...

 Titelseite der zweiten Kinderbuchserie Paul Sonns: Paulchen + Paulinchen.

Titelseite der zweiten Kinderbuchserie Paul Sonns: Paulchen + Paulinchen.

Foto: JOERG KNAPPE

Das Schreiben will Paul Sonn jedenfalls nicht aufgeben - "solange ich es irgendwie kann". Einen zweiten Roman ("Die Geschichte von Bea") hat er auch schon geschrieben. "Im Schatten der Holter Kirche" überarbeitet Paul Sonn gerade, um es noch einmal herauszugeben.

Die Resonanz, die er mit seiner "niederrheinischen Schreibweise und einfachen, unterhaltsamen Geschichten" (so nennt er es selbst) erfährt, ermuntert zum Weitermachen: "Irgendwie habe ich diese Begabung. Ich setze mich hin und schreibe drauflos. Ich schreibe, weil es mir Spaß macht." Und weil es Geld bringt'? Das wäre schön, tut es aber nicht: "Ich bringe meine Bücher im Eigenverlag heraus. Den Preis für die Kinderbücher halte ich mit etwa 11,50 Euro bewusst niedrig, bringe sie zum Teil kostenfrei zu den Kindergärten und Schulen. Wenn es plus minus null ausgeht, ist es in Ordnung", sagt Sonn, der früher als Textilkaufmann viele Jahre erfolgreich gearbeitet hat: "Ich habe mit meiner Agentur feine italienische Stoffe für Blusen und Hemden verkauft. Van Laack war mein bester Kunde."

(RP)
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