Mönchengladbach Einmal Kirche zum Mitnehmen

Mönchengladbach · Die evangelische Kirche Großheide will mit Spenden die kleinste Kapelle am Niederrhein bauen. Sie soll Platz für eine, maximal zwei Personen bieten, transportabel sein und als stiller Rückzugsort im Alltag dienen.

 Das Vorbild: die kleinste Galerie in Worpswede. In dem Künstlerort bei Bremen bietet dieses Häuschen einen Ort der Stille und Ruhe.

Das Vorbild: die kleinste Galerie in Worpswede. In dem Künstlerort bei Bremen bietet dieses Häuschen einen Ort der Stille und Ruhe.

Foto: Karl-Heinz Bassy

Sie sieht aus wie ein stiller Ort, soll auch einer sein, aber ein Ort der inneren Einkehr. Sie heißt "die kleinste Galerie Worpswede", und sie inspirierte Pfarrer Karl-Heinz Bassy zu dem Projekt, die kleinste Kapelle am Niederrhein in Großheide entstehen zu lassen - zum Mitnehmen. Die evangelische Kirchengemeinde Großheide hat sich vorgenommen, eine Ein-Mann-Kapelle zu bauen, die transportabel ist und zum Beispiel bei Pfarrfesten gerne ausgeliehen werden kann.

Bassy kam die Idee bei einem Besuch des Künstlerortes Worpswede bei Bremen im vergangenen Jahr. Dort gibt es die besagte "Kleinste Galerie von Worpswede", sie bietet Platz für einen Besucher, der auch nur ein Bild betrachten kann. "Ich habe diese Galerie vor unserem Hotel gesehen und sofort gefragt: Was ist das denn?", erinnert sich Bassy. Als ihm der Hotelier das nur etwa einen Quadratmeter große Häuschen erklärte und der Pfarrer überdies auch noch feststellte, wie rege die Mini-Galerie genutzt wurde, war er fasziniert.

 Im Inneren der Mini-Galerie gibt es genau ein Bild zu betrachten.

Im Inneren der Mini-Galerie gibt es genau ein Bild zu betrachten.

Foto: Karl-Heinz Bassy

Einen solchen Rückzugsort, eine Möglichkeit, die Tür hinter sich im Alltag zumachen zu können, genau so etwas suchte er schon seit langem für die evangelische Kirchengemeinde Großheide. Denn die dortige Johanneskirche kann das nicht bieten. Das Gotteshaus ist tagsüber in der Woche immer verschlossen, wenn kein Verantwortlicher dabei ist, müssen die Gemeindeglieder draußen bleiben. "Es geht leider nicht anders", sagt Bassy. Zu oft schon richteten Eindringlinge Schaden an, stahlen Spendendosen, brachen Schränke auf. "Viele Menschen ärgern sich darüber, dass Kirchen verschlossen sind und Ruhesuchenden und Betenwollenden versperrt sind", sagt Bassy.

Die kleinste Kapelle am Niederrhein soll das ändern. Im Herbst sorgte Bassy mit seiner Idee im Presbyterium der Gemeinde zuerst für entsetzte bis erschrockene Gesichter - und dann für ein einstimmiges "Ja". "Viele schütteln erst den Kopf, und finden es dann gut", sagt Bassy. Nun hat die Spendensuche begonnen. Ein guter Teil der benötigten Summe, wahrscheinlich ein paar tausend Euro, sei bereits gespendet worden. Mit einem Schreiner sollen nun Entwürfe entwickelt werden. Es soll schlicht und einfach, aber schick werden. Das Häuschen soll eine Sitzgelegenheit für eine, maximal zwei Personen, Platz für ein Bild, Licht, Raumschmuck und Literatur mit meditativen und besinnlichen Texten und vielleicht Musik bieten. Bassy besteht auch auf das "Frei/Besetzt"-Türschloss wie im Vorbild in Worpswede. Standort soll auf dem Kirchenvorplatz sein.

 Ein Schloss an der Tür schützt die Ruhe vor Störungen.

Ein Schloss an der Tür schützt die Ruhe vor Störungen.

Foto: Karl-Heinz Bassy

Die Gemeinde hat sich vorgenommen, dass die Kapelle im kommenden Jahr eingeweiht werden kann. 1517 schlug Luther seine 95 Thesen an die Schlosskirche Wittenberg, 2017 soll die kleinste Kapelle am Niederrhein eröffnen. Sicher, das sei ein Luxusprojekt, sagt Bassy. Aber eines, das viel Sinn mache. Ein stilles Örtchen für dringende spirituelle Bedürfnisse.

(RP)
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