Mönchengladbach Ein Wiedersehen der besonderen Art

Mönchengladbach · Die Schüler des ersten neunten Schuljahrgangs in Rheydt kommen jedes Jahr zum Klassentreffen zusammen.

Sie gingen in einer Zeit zur Schule, in der es wichtigere Dinge gab als Unterricht in Mathematik, Erdkunde und Biologie. Theo Steeger und seine Klassenkameraden wurden Anfang der 30er Jahre geboren. Ihre Schulzeit war der Zweite Weltkrieg. "Wir haben die schweren Bombenangriffe auf unsere Stadt miterlebt. Der Unterricht fand trotz der Kriegswirren statt", erinnert er sich.

Im Laufe des Krieges wurden er und viele andere Familien nach Ostdeutschland evakuiert. Im November 1945 kehrte er heim. "Damals dauerte die Schulzeit noch acht Jahre. Weil es nach dem Krieg keine Firmen gab, bekamen wir keine Lehrstellen", erzählt er. Wie ihm und seinen Freunden erging es vielen jungen Männern zu der Zeit und so wurde im April 1946 in der Schule an der Dahlener Straße das erste neunte Schuljahr gegründet, das es je in Rheydt gegeben hat.

"Unser Lehrer war der damalige Rektor Johann Tusch. Wir waren mit 61 Jungs in der Klasse, doch er sorgte dafür, dass es ruhig war", erinnert sich Theo Steeger. Die verlängerte Schulzeit half seiner Generation für das spätere Leben weiter. "Aus allen ist etwas geworden. Jeder hat seinen Weg gemacht", sagt er. Inzwischen sind 69 Jahre vergangen, doch der Kontakt zwischen den früheren Schulkameraden riss nie ab.

Nun trafen sich elf der letzten 13 noch lebenden Jungs von damals bei einem Klassentreffen wieder. Das tun sie jedes Jahr. Zu erzählen gibt es immer genug. "Die meisten Schulen waren zerstört. Deshalb war unsere neunte Klasse bunt gemischt. Viele gingen vorher auf andere Rheydter Schulen und man kannte kaum jemanden", erinnert sich Theo Steeger. Nicht zuletzt weil alle dasselbe Schicksal teilten, wuchsen die jungen Männer auf der Schule zu einer eingeschworenen Gemeinschaft zusammen.

Eine besondere Rolle kam Theo Steeger zu. "Wir bekamen mittags von der Stadt Suppe gebracht. Ich habe sie dann mit einem großen Schöpflöffel verteilt. Jeder hatte sein Geschirr mitgebracht", erinnert er sich. Solche Erlebnisse schweißen zusammen. Die letzten noch lebenden Klassenkameraden nennt Steeger liebevoll "den harten Kern". Im kommenden Jahr feiern sie den 70. Jahrestag ihrer zweiten Einschulung - nämlich den in die neunte Klasse.

(RP)
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