Mönchengladbach Ein Phantom auf der Suche nach Glück

Mönchengladbach · Ein Baby wird im Burger-Laden ausgesetzt. Die herzlose Mutter muss die Frau sein, die eben noch da war. Die Suche beginnt. Nach "norway.today" inszeniert Sascha Mey das nicht weniger aufwühlende Stück "Phantom (Ein Spiel)".

 Sascha Mey unter dem Plakat für "norway.today". Der Regisseur stellt am Sonntag sein neues Stück vor.

Sascha Mey unter dem Plakat für "norway.today". Der Regisseur stellt am Sonntag sein neues Stück vor.

Foto: Isa Raupold

Er ist sich seiner hohen Verantwortung bewusst - den Schauspielern gegenüber, den Zuschauern, dem Theater, sich selbst natürlich auch. Mit "norway.today" berührt er die Studiogäste zutiefst. Die Geschichte von Julie und August (Helen Wendt und Jonathan Hutter), die gemeinsam in den Tod springen wollen, geht extrem unter die Haut. Die Theaterleitung hat das Stück noch einmal ins Programm genommen - gut so. Der Regisseur Sascha Mey gesteht, dass bei den Proben Tränen geflossen sind. "Jeder von uns verbindet persönliche Tragödien mit der Handlung, wir haben es uns nicht leicht gemacht."

Erst 29 Jahre alt ist der Mann, der derzeit sein nächstes Stück am Gemeinschaftstheater inszeniert. "Phantom (Ein Spiel)" heißt es. Lutz Hübner und Sarah Nemitz haben es geschrieben. Kein Klischee bleibt unbedient. In einer Burger-King-Filiale wird ein Baby gefunden. Alle sind sich einig: Das Kind kann nur von der Roma-Frau zurückgelassen worden sein, die sich kurz zuvor noch dort aufgehalten hatte. Doch wer ist diese Frau? - Sie ist Kroatin. Oder Rumänin. Oder Bulgarin. Ganz egal, aus dem Osten halt. Sie ist die Ausgebeutete, das Opfer, die Schmarotzerin, die Tapfere, die Heldin. Sie ist ... ein Phantom.

Denise Matthey, Helen Wendt, Eva Spott, Christopher Wintgens und Paul Steinbach sind die Akteure auf der Studiobühne. Sascha Mey liebt die Arbeit mit ihnen. "Sie sind so nah am Job, so existenziell verbunden mit den Figuren, die sie spielen." Um die Herkunft des Babys zu klären, schlüpfen sie in diverse Rollen, um die Geschichte rekonstruieren zu können. Es geht um die anderen, die "falschen" Flüchtlinge, die osteuropäischen Zuwanderer, die Arbeitsmigranten aus Bulgarien und Rumänien. Die, denen man nun wirklich nicht auch noch helfen kann. "Im Grunde geht es immer auch um die Suche nach Glück", sagt Sascha Mey. Und ihm ist bewusst, dass auch dieses Stück "harter Tobak" sein wird, emotional und zwiespältig. "Die Figuren sind sehr nah am Publikum." Die Enge des Studioraumes wird den Effekt natürlich verstärken.

Bei der Arbeit mit den Schauspielern setzt Mey auf Respekt und Vertrauen. "Mir liegt das Dominant-Hierarchische nicht, ich halte auch nichts davon", sagt er. Hochachtung hat er vor der Arbeit der Akteure auf der Bühne. "Sie stellen die Figuren zur Verfügung." Er lässt die Schauspieler an seinen Gedanken und Ideen teilhaben. "Ich lasse Situationen total offen, es gibt viele Gespräche, einige Diskussionen." Die Geschichte entwickelt sich organisch.

Der Regisseur, 1987 in Meiningen geboren, entschied sich nach der Schule zunächst für eine kaufmännische Ausbildung. "Die habe ich auch zu Ende gebracht." Sein Interesse am Theater war aber größer. Er arbeitete als Statist, Schauspieler und Regieassistent am Meininger Theater. Zur gleichen Zeit schrieb er eigene Stücke, die er zusammen mit Freunden auf die Bühne brachte. ("Wir haben zwei Euro Eintritt genommen.") Es folgte eine Regiehospitanz, später eine Assistenz in Osnabrück. Seit der Spielzeit 2010/11 ist Sascha Mey fester Regieassistent am Gemeinschaftstheater. "Phantom (Ein Spiel)" ist das dritte Stück, dass er hier inszeniert. "norway.today" war nach "Ein Bericht für eine Akademie" das zweite Stück. Und nun folgt der dritte Streich. Man darf gespannt sein.

Die Premiere findet am Freitag, 25. November, um 20 Uhr im Studio des Theaters statt. Bei einer Frühstücks-Matinee am kommenden Sonntag, 20. November, um 11.15 Uhr im Theatercafé Linol stellen Regisseur Sascha Mey, die Schauspielerinnen Denise Matthey, Helen Wendt und Eva Spott, sowie Ausstatter Udo Hesse und Dramaturgin Isabelle Küster die Inszenierung näher vor. Ab 10 Uhr erwartet die Besucher wie gewohnt ein Frühstück. Der Eintritt für die Matinee beträgt vier Euro (ohne Frühstück). Karten gibt es unter der Telefonnummer 02166 6151-100 und online auf www.theater-kr-mg.de.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort