Mönchengladbach Ein Dreisprung ins Erwachsenenleben

Mönchengladbach · Am Metzenweg bietet der Gladbacher Verband im Sozialdienst katholischer Frauen eine Jugendwohngemeinschaft und zwei Trainingswohnungen für Jugendliche an. Sie werden auf die Selbstständigkeit vorbereitet.

 In der neuen Wohngemeinschaft betreut der Sozialdienst katholischer Frauen junge Menschen. Sie werden auf das Erwachsenenleben vorbereitet.

In der neuen Wohngemeinschaft betreut der Sozialdienst katholischer Frauen junge Menschen. Sie werden auf das Erwachsenenleben vorbereitet.

Foto: Rietdorf

René kennt beides: das Jugendhaus am Steinberg und die neue Jugendwohngemeinschaft. Dreieinhalb Jahre hat der jetzt 18-Jährige in einer Regelgruppe im Jugendhaus gelebt, das der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) betreut. Jetzt wohnt er gemeinsam mit acht weiteren Jugendlichen in der neu eingerichteten Jugend-WG. "Im Jugendhaus hat man mehr Unterstützung, man kann es sich aber auch ein bisschen bequem machen, wenn man will", meint er. "In der WG wird man selbstständiger und lernt mehr." Ihm gefällt die größere Freiheit in der Wohngemeinschaft.

Dennis ist noch eine Phase weiter: Er lebt in einer Trainingswohnung, die sich ebenfalls im gerade bezogenen Neubau am Metzenweg befindet. Die Trainingswohnung ist der nächste Schritt auf dem Weg in die Selbstständigkeit. Hier erinnert keiner mehr ans Einkaufen, und niemand überprüft das Aufstehen. Bei Dennis klappt es. "Ich habe es früher nicht so gut hingekriegt, aber jetzt stehe ich pünktlich auf", sagt der ebenfalls 18-Jährige, der eine Ausbildung zum Altenpfleger macht. Das einzige, was ihm Probleme bereitet, ist der Rauchmelder, der auch schon mal anspringt, wenn er sich ein Spiegelei brät.

Diese zwei Schritte - die Jugendwohngemeinschaft und die Trainingswohnung - gehören zum sogenannten Dreisprung ins Erwachsenenleben. Am Schluss steht die eigene Wohnung. Der SkF hat den Neubau mit Jugend-WG und Trainings-Wohnungen bewusst in die Nähe des Stammhauses am Steinberg gesetzt - um Beziehungen nicht abreißen zu lassen, aber Selbstständigkeit zuzulassen. Anderthalb Millionen Euro hat der Verein in das neu errichtete Gebäude investiert. "Wir wollen hier ein Konzept umsetzen, das den Jugendlichen mehr Freiheit gibt und sie an die Selbstständigkeit heranführt", erklärt Einrichtungsleiter Dirk Wermelskirchen. "Das Jugendhaus ist ein geschützterer Rahmen." "Verselbstständigung im Alltag" nennt das Gruppenleiterin Barbara Mohren. Die Jugendlichen sollen lernen, mit Geld umzugehen, Angelegenheiten mit Behörden zu regeln oder selbst den Überblick über ihre Hausaufgaben zu bewahren.

Hilfe und Unterstützung leisten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter natürlich schon. Aber erst nach der Vorleistung der Jugendlichen. Dennis beispielsweise wollte sich um einen Ausbildungsplatz bewerben. "Ich habe erst eine Bewerbung geschrieben und bin sie dann noch einmal mit einem Mitarbeiter durchgegangen", erklärt er. "Es ist immer unser Ziel, dass die Jugendlichen erst von sich aus einen Vorschlag unterbreiten", erklärt Wermelskirchen. Selbstverständlich werden die Jugendlichen auch in die Einkaufs- und Essensplanungen einbezogen. Ausflüge werden gemeinsam geplant, aber auch die Mitgliedschaft in Vereinen unterstützt. Die jungen Leute sollen ja, auch wenn sie dann einmal allein leben, möglichst Hobbys und soziale Kontakte haben. Natürlich kracht es auch mal in der Wohngemeinschaft. "Wie in jeder Familie", sagt Wermelskirchen. "Man geht sich auch mal auf die Nerven", meint René. Konflikte werden in Einzel- oder Gruppengesprächen gelöst. Das Wichtigste: "Vertrauen muss wachsen", erklärt Barbara Mohren. Denn die Jugendlichen bringen alle ihre eigene Geschichte mit, haben Erfahrungen mit Gewalt oder Missbrauch gemacht, mit erziehungsschwachen oder drogensüchtigen Eltern, mit Verwahrlosung oder Schulverweigerung. Umso entscheidender sind die Strukturen, die die WG bietet und die verlässliche Beziehung zu den pädagogischen Mitarbeitern. Um irgendwann den Dreisprung zu vollenden und das selbstständige Leben zu bestehen.

(RP)
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