Neuer Erotikshop in Mönchengladbach Wer macht denn sowas?

Mönchengladbach · In Gladbach hat ein Erotikfachgeschäft eröffnet. Wer betreibt so einen Laden, und wer kauft dort ein? Wir waren zu Besuch.

 Inhaber Rudolf Nusselein leitet "Enjoy", seine Partnerin Sabine Tapken unterstützt ihn dabei.

Inhaber Rudolf Nusselein leitet "Enjoy", seine Partnerin Sabine Tapken unterstützt ihn dabei.

Foto: Isabella Raupold

Die Digitalisierung macht auch vor der Erotikbranche nicht Halt - und damit sind nicht nur Virtual-Reality-Brillen oder futuristische Sex-Roboter gemeint. Mittlerweile gibt es beispielsweise bereits Vibratoren, die man per App theoretisch vom anderen Ende der Welt aus ansteuern und so seiner Fernbeziehung zusätzlichen Pfiff verleihen kann. "Solche Produkte sind groß im Kommen", sagt Sabine Tapken - Doppeldeutigkeit sicher nicht ganz unerwünscht. Denn mit ihrem Partner Rudolf Nusselein (52) leitet die 53-Jährige seit Mitte August das "Enjoy" an der Friedrichstraße 33. und betont, dass es sich dabei mitnichten um einen schmuddeligen Sex-Shop mit Videokabinen oder extremen Videoformaten handelt. "Wir sind ein Fachgeschäft für Erotik - und wir lieben, was wir tun."

In der Tat ist das geräumige Ladenlokal in hellen, freundlichen Farben gehalten, "und es ist jederzeit mindestens eine Frau anwesend, damit sich Kundinnen nicht unwohl fühlen", sagt Rudolf Nusselein. "Es wäre vielleicht etwas unpassend, wenn ich bei der Anprobe eines Korsetts helfen würde", fügt er lachend hinzu. Ihr Kundenkreis sei breitgefächert - jung ebenso wie alt, Pärchen ebenso wie einzelne Käufer. Generell seien die Menschen heute offener als noch vor ein paar Jahren. "Mit ,Shades of Grey' ging so etwas wie ein Sex-Ruck durch Deutschland", sagt Tapken. "Dadurch haben sich viele plötzlich für Sadomaso interessiert. Es kamen auf einmal viele Männer in den Laden, die sagten: ,Meine Frau hat den Film gesehen, ich brauche jetzt auch eine Grundausstattung.'"

Internet hat den Markt belebt

Und die Konkurrenz durch das Internet, mit allgegenwärtiger Pornografie und der Möglichkeit, so ziemlich alles online zu bestellen, für das man nicht unbedingt einem Verkäufer gegenübertreten möchte? "Kein Problem für uns. Das Internet hat den Markt sogar geöffnet", sagen die beiden unisono. Es gebe eine zunehmende Nachfrage nach kompetenter Beratung. Und wieder verweisen sie auf ein hochwertiges und seriöses Warenangebot - etwa auf Hygieneartikel wie Gleitmittel, die man schlecht an einen Versandhändler zurückschicken kann.

In dem Ladenlokal befand sich bereits zuvor ein Erotikgeschäft - es war aus dem ehemaligen Lichthof umgesiedelt, dann ging der Inhaber irgendwann in Rente. Nusselein und Tapken, die zuvor rund fünf Jahre in Rheydt die Filialleitung bei einem Platzhirschen der Branche innehatten, entschlossen sich zur Selbstständigkeit. Sie entwarfen ein Logo mit integrierter Peperoni - "das Gewürz für die Zweisamkeit", wie Nusselein sagt - und siedelten nach Gladbach um: "Wir wollten die Fußläufigkeit zum Minto, aber auch ein wenig Diskretion." Wobei die Kundenfrequenz derzeit noch zu wünschen übriglasse - nicht zuletzt deswegen nahm man am Wochenende am verkaufsoffenen Sonntag teil. Auch mit der Werbung sei es auch nicht so ganz einfach, wegen der immer noch bestehenden Vorurteile. So sei es etwa alles andere als einfach gewesen, an der Lüpertzender Straße eine Plakatwerbung zu schalten, "und auch mit Facebook muss man diesbezüglich ziemliche Kämpfe austragen", sagt Nusselein.

Erst Tupperware, dann Erotik-Fachfrau

Rund 50.000 Euro habe man investieren müssen, um einen Warengrundstock zu bilden. Von DVDs bis hin zu Dessous auch in großen Größen, von Dildos bis hin zu Vibratoren und von Latexmasken bis hin zu Peitschen und Scherzartikeln reicht das Sortiment. Nusselein und Tapken sprechen von "Lifestyle-Produkten", und sie hätten auch schon "fast alles" einmal selbst ausprobiert. Von Potenzmitteln, die anderswo vielleicht einmal unter dem Tresen verkauft werden, distanzieren sich die beiden allerdings. "Wir führen nur auf Naturbasis beruhende Nahrungsergänzungsmittel".

Wie kommt man dazu, ein Erotikgeschäft zu führen? "Ich hatte schon immer gerne mit Menschen zu tun, fing mit Tupper und Kochsets an", sagt Tapken. Irgendwann kamen Erotikprodukte dazu; ihr Partner, früher im Groß- und Außenhandelsbereich für Multimedia aktiv, ließ sich schnell begeistern. Demnächst fahren sie zu einer Messe nach Hannover, um sich über neue Trends zu informieren. Denn eins ist sicher: Miteinander intim geworden sind Menschen zu allen Zeiten, und sich dabei möglichst viel und möglichst innovativ Lust zu verschaffen, ist sicher nicht anrüchig. "Schon meine Großmutter sagte, dass Sex der Sauerbraten der armen Leute ist", sagt Nusselein lachend. "Wenn es bei den Reichen sonntags Braten gab, haben sich die Ärmeren eben auf andere Weise Genuss verschafft."

(tler)
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