Thomas Hoeps und Barbara Volkwein Die Lust an der Entdeckung

Mönchengladbach · Thomas Hoeps und Barbara Volkwein vom Kulturbüro sprechen über Star Trek und Promotionsthemen, über die digitale Kommunikation und die Kreativszene als ein Motor der Stadtentwicklung.

Sie haben ein Raumschiff auf dem Schreibtisch stehen, Herr Hoeps. Träumen Sie sich in andere Welten?

Thomas Hoeps Ich bin Star Trek-Fan, und das Raumschiff ist das Geschenk eines Freundes - die U.S.S. Enterprise aus der ersten Star Trek-Serie. Wenn man auf den Knopf drückt, hört man entweder den Warp-Antrieb oder interstellare Kommunikation. (Es brummt und rauscht). Allerdings ist eigentlich Deep Space 9 meine liebste Serie innerhalb des Star Trek-Universums. DS 9 ist am politischsten und hat sehr viele Bezüge zur Gegenwart.

Und was hat Ihre Arbeit im Kulturbüro mit Science Fiction zu tun?

Hoeps Sehr viel natürlich. Meine Arbeit hat ebenfalls mit unbekannten Welten zu tun, mit neuen Spezies und der Lust an der Entdeckung. Das ist das Tolle an Kultur.

Volkwein Ich habe mich in unserem ersten Gespräch auch sehr darüber gefreut, dass die Enterprise da steht. Von allen Staffeln, die bei mir Zuhause stehen, fand ich immer die erste Serie am besten. Wie die Styroporsteine durch die Gegend flogen und Duschköpfe als Requisiten benutzt wurden - super. Und die Musik ist sensationell, denn es wird ein Theremin verwendet. Da musste ich mitsingen.

Seit gut einem Jahr bilden Sie, Thomas Hoeps und Barbara Volkwein, das Team des Kulturbüros. Wie kam es zur Zusammenarbeit und wie passen Sie zusammen?

Volkwein Als ich die Ausschreibung gelesen habe und sah, dass das Gladbacher Kulturbüro sich als Vertreter der freien Kulturszene beschreibt, wusste ich, da bin ich richtig. Das war die Stelle, auf die ich jahrelang gewartet habe. Es wurde jemand für die Musikförderung und kulturelle Bildung gesucht. Als Konzertdramaturgin und Musikvermittlerin habe ich vor allem in der klassischen Musik gearbeitet, immer jedoch im Crossover. Über mein jahrelanges Interesse an der Kulturszene in der Nachbarstadt Mönchengladbach habe ich sehen können, wie viel sich plötzlich bewegt. Die Stelle war wie für mich gemacht.

Hoeps Von 2004 an habe ich inhaltlich alleine im Kulturbüro gearbeitet, später unterstützt erst von einer, dann von zwei Volontärinnen. Zur konzeptionellen Arbeit des Kulturbüros kam 2010 die c/o-Künstlerförderung dazu, 2016 die Stelle für die Musikförderung. Die konnte ich neu besetzen und als halbe Stelle einer stellvertretenden Leiterin ausschreiben. Mönchengladbach hat eine sehr vielfältige Musikszene. Wir brauchten jemanden, der Entwicklungen im Popularbereich bewerten kann. Barbara ist genau die Richtige. Auch um mich bei der digitalen Kommunikation zu unterstützen, die ich noch weiter ausbauen wollte.

VolkweinWir passen auch persönlich gut zusammen. Wir sind beide auch neben dem Beruf kreativ unterwegs. Sogar unsere Dissertationen haben Berührungspunkte.

Inwiefern? Über welche Themen haben Sie denn geschrieben?

Hoeps Ich habe über Terrorismus in der deutschen Literatur zwischen 1810 und 1992 geschrieben. Der klügste Roman über den Deutschen Herbst stammt von Rainald Goetz, einem der am meisten unterschätzten deutschen Schriftsteller. Er verwendete den Hass des Punk als poetisches Element, entdeckte dann den Rave und wechselte zum Love and Peace der Techno-Szene. Das ist die Verbindung zu Barbaras Arbeit.

Volkwein Genau, im Rahmen meiner Doktorarbeit über die Stilgeschichte elektronischer Clubmusik habe ich auch Goetz gelesen. Techno ist auch als Gegenbewegung aus der Subkultur entstanden wie der Rock'n'Roll oder der HipHop.

Das Kulturbüro wollte sich auch im Bereich der digitalen Medien verstärken. Gerade haben Sie den neuen Internetauftritt vorgestellt. Gibt es Reaktionen?

Hoeps Die Szene fühlt sich auf der Stadtseite erstmals richtig vertreten. Außerdem entdeckt sie durch uns die Chancen des Online-Kalenders.

Volkwein Häufig vernachlässigen junge Künstler so etwas. Kommunikation ist das A und O, das muss erlernt werden. Termine und Veranstaltungen müssen bekannt gemacht werden.

Hoeps Wir nehmen das in die Förderbedingungen auf. Es geht auch um Transparenz. Wir gehen mit öffentlichen Geldern um und müssen zeigen, wo das Geld hinfließt.

Die freie Kulturszene wird mit 112.000 Euro gefördert: Ist das genug, zu wenig, zu viel?

Hoeps Es war mutig vom Kulturausschuss, diese Entscheidung zu fällen und das Geld bereitzustellen. Im ersten Jahr, also 2015, dauerte es bis September, ehe der Topf ausgeschöpft war. 2016 bis Juni, und 2017 war das Fördervolumen im Januar um 50 Prozent überzeichnet. Das zeigt, wie groß der Bedarf ist. Wir würden uns natürlich mehr Fördergelder wünschen, aber wir sehen, dass der Stärkungspakt ein Glücksfall für die Stadt war und nicht gefährdet werden darf. Alle müssen sich ein wenig Selbstdisziplin bei den Ausgaben auferlegen. Wir wollen schließlich, dass die Stadt vorankommt.

Gibt es einen Konflikt zwischen den städtischen Einrichtungen wie dem Theater und der freien Kulturszene? Um Fördergelder oder Ressourcen?

Hoeps Nein, das sehe ich nicht. Seit alle in der 2005 von uns eingeführten Kulturnacht zusammenarbeiten, sind viele gute Kontakte und andere Projekte entstanden.

Wie wichtig ist Kultur als Standortfaktor in einer Stadt wie Mönchengladbach?

Hoeps Eine Stadt wird lebendig durch die Kultur der freien Szene. Wir versuchen, deutlich zu machen, dass man urbanes Kulturleben vor allem durch die Förderung der hiesigen Talente und Projekte schafft. Dazu gehört auch, überregional erfolgreichen Künstlern die Wertschätzung der Stadt zu zeigen. Wie jetzt bei Marc Romboy, den wir dank Barbaras Kontakten zur Ensemblia einladen konnten.

Volkwein Ich kenne Marc Romboy schon länger. Schon seinetwegen war der Name Mönchengladbach für mich positiv behaftet. Er hat bei der letzten Kulturnacht spontan aufgelegt, weil er sie als Kulturbotschafter gerne unterstützen wollte. Daraus entstand später das Ensemblia-Projekt.

Ein anderes Thema: Wie schätzen Sie die Mönchengladbacher Musikszene ein?

Volkwein Die Musikszene in der Stadt ist sehr bunt und hat in Teilen eine hohe Anziehungskraft. Die Elektronische Clubmusikszene oder die der HipHopper wird zum Beispiel gerade für Düsseldorfer Jugendliche attraktiv, und die kleine Noise-Szene der Stadt lockt sogar Besucher aus ganz Deutschland an.

Ärgert es Sie manchmal, dass die kulturelle Aufbruchsstimmung in Mönchengladbach außerhalb der Stadt nicht so wahrgenommen wird?

Hoeps Die regionalen Medien sind manchmal schwer zu bewegen. Wir machen mit der Kulturnacht eine Veranstaltung, die dreimal so umfangreich ist wie die Düsseldorfer Nacht der Museen, aber es ist ein unglaublicher Kampf, damit beim WDR oder im Mantel der RP zu landen. Eigentlich ist mir aber auch ziemlich schnuppe, was man in Düsseldorf denkt. Ich will, dass die Bürger in unserer Stadt gute Kultur erleben können.

Volkwein Wir sind ja verstärkt in den sozialen Medien unterwegs. Damit erreichen wir größere Außenwirkung. Steter Tropfen höhlt den Stein.

Benötigen Sie mehr Unterstützung von der Marketinggesellschaft?

Hoeps Für unsere Art von Projekten überwiegend nicht. Es geht uns nicht um Glamour, sondern darum, zu zeigen, dass die kreative Szene ein Motor ist, der die Stadtentwicklung antreibt und sicherzustellen, dass diese Qualität innerstädtisch auch wahrgenommen wird.

DAS GESPRÄCH FÜHRTEN DENISA RICHTERS, ANGELA RIETDORF UND INGE SCHNETTLER.

(arie)
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