Mönchengladbach Die Gesundheitskarte mit der Reißleine

Mönchengladbach · Die Frage war heikel zwischen CDU und SPD: Soll Gladbach wie andere Städte trotz unklarer Kosten Flüchtlingen eine Gesundheitskarte ausstellen? Jetzt gibt es einen Kompromiss. Die Karte kommt, aber später und nur als Pilot-Projekt.

Auch in Mönchengladbach bekommen Flüchtlinge künftig eine elektronische Gesundheitskarte, mit der sie sich direkt beim Arzt behandeln lassen können. Bisher müssen sie sich zunächst beim Sozialamt quartalsweise einen Berechtigungsschein ausstellen lassen. Allerdings wird die Karte in Mönchengladbach nicht wie in anderen Städten schon ab Jahresbeginn, sondern erst im Oktober 2016 eingeführt. Und sie gilt auch nur für ein Jahr: Danach muss das Rechnungsprüfungsamt untersuchen, wie sich die Kosten entwickelt haben. Anschließend entscheiden die Politiker erneut.

So wird es der Rat heute auf Vorschlag von CDU und SPD wohl mit großer Mehrheit beschließen. Es ist ein Kompromiss, der gesichtswahrend für beide Parteien ist, die in dieser Frage unterschiedlicher Auffassung sind. Die SPD argumentiert, die Gesundheitskarte spare Bürokratie und gebe den Flüchtlingen Autonomie. Die CDU ist skeptischer und fürchtet einen Papiertiger, der schwer kontrollierbare Kosten verursacht. Geschätzt 180.000 Euro wird die Stadt wohl pro Jahr der IKK, die die Karte in unserer Region anbietet, erstatten müssen.

Landauf, landab haben sich Kommunen unabhängig der Ratsmehrheiten unterschiedlich entschieden. Es gibt Städte mit CDU-Mehrheit, die dem vom Land ausgehandelten Rahmenvertrag mit den Krankenkassen beigetreten sind. Und Kommunen, wo die SPD abgewunken hat. Der CDU-Kreisparteivorsitzende Günter Krings hatte im Vorfeld vehement gegen die Einführung der Gesundheitskarte argumentiert - und ist auch von dem Kompromiss nicht überzeugt.

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"Ich bin überzeugt, dass die Karte weder den Flüchtlingen hilft noch irgendetwas für unsere Stadt verbessert", sagt Krings. Die Sozialämter hätten für Menschen, die unser Gesundheitssystem erst kennenlernen müssten, eine wichtige Lotsenfunktion. "Ich empfehle, den Testbetrieb zu nutzen, um sich dann doch einmal über intelligentere Alternativmodelle zu informieren", sagt Krings. Der SPD-Fraktionsvorsitzender Felix Heinrichs wertet das ganz anders. "Es war ein hartes Stück Arbeit. Aber es hat sich gelohnt, denn jetzt haben wir einen guten Kompromiss." In einem Punkt liegen SPD und CDU so weit nicht auseinander: Auch die Sozialdemokraten sind nicht gänzlich vom Modell des Landes überzeugt und hoffen auf Nachbesserungen.

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Felix Heinrichs: "Wir gehen fest davon aus, dass es nicht bei diesem Abschluss bleibet. Nach einem Jahr wird das Land selbst die Verträge evaluieren." Das ist wohl auch der Grund, warum die SPD der Einführung erst im dritten Quartal zustimmte. Für die Flüchtlinge, die den Kommunen vom Land zugewiesen werden, muss die Stadt die Behandlungskosten bis zu einer Höhe von 35.000 Euro pro Patient tragen. Was darüber hinaus geht, übernimmt das Land. Nach 15 Monaten Aufenthalt in Deutschland haben Flüchtlinge Anspruch auf eine reguläre Krankenversicherung.

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