Mönchengladbach Der Wunsch nach einer unmöglichen Begegnung

Mönchengladbach · Das Schauspiel "Aus der Zeit fallen" nach dem Roman von David Grossmann hatte im Theater Premiere. Ein Stück, das zutiefst berührt.

 Die Szenen spielen sich um einen massiven Holztisch ab, der inmitten des Theaterstudios steht.

Die Szenen spielen sich um einen massiven Holztisch ab, der inmitten des Theaterstudios steht.

Foto: Matthias Stutte

Für Eltern ist es das Schlimmste, was ihnen passieren kann: der Tod des eigenen Kindes. Das ganze Leben wird von heute auf morgen aufs Dramatischste verändert. Wie bewältigen Eltern diesen Schmerz? Wie leben sie weiter mit dieser Leere? Und wie schaffen sie es, diese unvorstellbare Trauer zu bewältigen? Das Stück "Aus der Zeit fallen" beschäftigt sich mit diesem Thema. Es geht um einen Mann, der sich aufmachen möchte, um dort hinzugehen, wo sein verstorbener Sohn ist, um noch einmal mit ihm sprechen zu können.

Inmitten des Studios des Theaters steht ein großer, massiver Holztisch. Die Frau (Eva Spott) schneidet einen riesigen Kürbis, der Mann (Bruno Winzen) hält seinen Kopf unter den Tisch. Der Mann möchte fortgehen, nach "dort". Wohin, fragt die Frau. Zu ihm, sagt der Mann. Zu ihm - das ist ihr toter Sohn. Während die Frau seit dem Tode des Sohnes versucht, im Jetzt zu leben, kann und will der Mann nicht loslassen. Er möchte losziehen und zu seinem Sohn, an den Ort, den es für Lebende eigentlich nicht gibt.

Parallel erlebt das Publikum die Geschichte um den Schuster (Felix Banholzer) und die Hebamme (Vera Maria Schmidt), auch sie haben vor fünf Jahren ihr Kind verloren, ein Mädchen. Die Hebamme kann ihr Leid nur stotternd vermitteln, was zur generellen Dramatik des Stückes beiträgt. Der Mann stopft sich aus Verzweiflung Zinnsoldaten in den Mund.

Beide Paare scheinen sich durch den Verlust des Kindes voneinander entfernt zu haben, da alle Partner unterschiedlich mit dem unerträglichen Schmerz umgehen. "Eigentlich sollten wir zusammen trauern. Geh nicht zurück zu jenen Tagen", sagt die Frau verzweifelt. Auch der Zentaur (Joachim Henschke) sitzt an dem großen Tisch, ihn hat das gleiche grausame Schicksal getroffen.

Obwohl die Frau ihn bittet, nicht zu gehen, macht sich der Mann auf. Minutenlang läuft er im Kreis, die Puste bleibt ihm weg. Mit der Zeit beginnt er zu verstehen, dass sein Sohn tot ist. Er kann es laut aussprechen, es begreifen.

Mit einem starken Ausdruckstanz vermitteln die Hebamme und der Schuster ihre Gefühle auf der Bühne. Kraftvoll lassen sie sich immer wieder ineinander fallen, über den Tisch hinüber, oder unter dem Tisch verbunden. Verzweiflung, Schmerz, aber auch die enge Zusammengehörigkeit der beiden wird deutlich.

Zum Ende des Stückes scheint sich bei allen fünf Personen eine gewisse Akzeptanz des Schrecklichen einzustellen. Das Innerste kehrt wieder zurück, sagt die Frau. Langsam kann der Atem wiedergefunden werden. Gemeinsam sitzen sie am Tisch und essen die von der Frau zubereitete Suppe.

Das Stück bringt eine eindringliche Intensität mit sich, das Atmen fällt dem Zuschauer schwer. Mit unglaublich vielen Emotionen und Echtheit vermitteln die Schauspieler den unendlichen Schmerz, und holen das Publikum so ab.

Inszeniert wurde das bewegende Stück von Dedi Baron. Weitere Vorstellungen gibt es am heutigen 7. Februar, am 1., 11. und am 21. März sowie am 10. April und am 3. Mai.

Weitere Informationen gibt es auf www.theater-kr-mg.de

(sikr)
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