Mönchengladbach Der Vordenker der Digitalisierung

Mönchengladbach · Rolf Schrömgens, Gründer der Hotelsuchmaschine Trivago, machte seiner Heimatstadt zum Auftakt der Gründerwoche Mut: Das nächste Trivago könne durchaus in Gladbach entstehen. Auf diesem Weg wolle er sich gerne auch einbringen.

 Was er bedauere, fragte Moderator Stefan Wagemanns (r.) Rolf Schrömgens unter anderem. "Ich fühle mich noch immer ein wenig schlecht, weil ich Haus Baues, die Gaststätte meiner Eltern, nicht weitergeführt habe", antwortete der.

Was er bedauere, fragte Moderator Stefan Wagemanns (r.) Rolf Schrömgens unter anderem. "Ich fühle mich noch immer ein wenig schlecht, weil ich Haus Baues, die Gaststätte meiner Eltern, nicht weitergeführt habe", antwortete der.

Foto: Ilgner

Was für ein unpassender Stargast! Er sei doch eigentlich längst gar kein Gründer mehr, sagt Rolf Schrömgens, der die Hotelsuchmaschine Trivago mit ins Leben rief und das Unternehmen bis heute mit leitet. Spätestens ab dem Moment, in dem man nicht mehr mit all seinen Mitarbeiter persönlich zusammenarbeite, der schieren Anzahl an Angestellten geschuldet, müsse man sich wohl eher als Unternehmer denn als Gründer verstehen. Und doch hätte es wohl keinen passenderen Stargast geben können, um am gestrigen Abend die diesjährige Gründerwoche im TiG zu eröffnen. Denn der 41-Jährige ist nicht nur (Ex-)Gründer, Gladbacher, Borussia-Fan, radikaler Vordenker und Digitalisierungs-Experte. Er ist auch ein fleischgewordener, flammender Appell für lebenslanges Lernen, für Wandelbereitschaft, für den Mut, den Gründer mehr als andere brauchen. Und vor allem für den Mut, jederzeit umzudenken, sich neu auszurichten, nie stehenzubleiben.

Im launigen Zwiegespräch mit Stefan Wagemanns vom Bundesverband mittelständische Wirtschaft gab Schrömgens bisweilen tiefe Einblicke in sein Denken - und in moderne Ansätze von Führung und Unternehmenssteuerung. "Arbeitszeit ist der schlechteste Indikator für Leistung und Kreativität, trotzdem wird noch jeder daran gemessen", sagte er etwa und sprach angesichts von klassischen 8-bis-17-Uhr-Arbeitstagen von einem "Relikt aus der Industrialisierung. Es ist doch niemand so naiv zu glauben, dass jemand acht Stunden am Stück produktiv arbeitet und so lange auch noch kreativ sein kann." Seine Aufgabe als Chef sei es, Vertrauen auszustrahlen, zu inspirieren, Austausch zu fördern - "und mich selbst überflüssig zu machen". Dass Trivago-Mitarbeiter ihre Arbeits- und Urlaubszeiten in gewissem Maße selbst bestimmen können, gehöre zu diesem Konzept. Außerdem müsse die inhaltliche Führungsmannschaft dazu bereit sein, von jetzt auf gleich den Bereich zu wechseln. "In normalen Firmen ist es so, dass eine Person mit einer Rolle verknüpft wird und für diese zu kämpfen beginnt: um mehr Einfluss, um mehr Mitarbeiter zu bekommen. Dieses Bauen von Burgen hilft aber niemandem. Wir verhindern das, nehmen die Leute lieber aus den Burgen heraus und lassen sie von außen drauf schauen."

Schrömgens, über dessen Privatleben nichts im Netz zu finden ist, gab unumwunden zu, dass der passgenaue Hotelvorschlag für einen Kunden mit den über ihn vorhandenen Daten steht und fällt. Daher habe man ein Start-up gekauft, dessen Technologie auf maschinellem Lernen basiert - "um Facebook-Daten zu analysieren, die uns noch mehr Rückschlüsse auf die Nutzer ermöglichen". Eindrücklich schilderte er, dass Digitalisierung nicht darin bestehe, einen Server auf- und Prozesse umzustellen. "Fangen Sie bei den Menschen an, bei der Kultur", riet er den 200 Besuchern. "Holen Sie Coaches und Psychologen hinzu." Digitalisierung ermögliche es uns dank erheblicher Datenmengen, schneller zu lernen als je zuvor - und das sei Chance, nicht Gefahr. Als Beispiel nannte er ein Hotel, das durchaus gegen den Verfasser einer negativen Bewertung vorgehen könnte - oder aber kluge Schlüsse daraus ziehen. Gründern riet er, nicht auf ihrer ersten Idee zu verharren, sondern sie mit Leidenschaft und Herzblut permanent weiterzuentwickeln. Die erste Idee sei selten perfekt - auch bei Trivago sei es nicht anders gewesen.

Warum das Unternehmen in Düsseldorf und nicht in Gladbach entstand? "Weil ich damals in Düsseldorf wohnte." Gladbach, um dessen Entwicklung er zwischenzeitlich "etwas Angst" gehabt habe, sei aber auf einem sehr guten Weg, dass das nächste Trivago vielleicht hier entstehen könne. Auf diesem Weg, versprach Schrömgens zum Schluss (und sorgte damit hier und da für leuchtende Augen im Publikum), wolle er sich gerne einbringen. Was für ein perfekt passender Stargast!

(tler)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort