Mönchengladbach Der Hüter der Langsamkeit

Mönchengladbach · Heftig zitternde schwarze Federn, ein flatternder Schmetterling, Papierbötchen zur Rettung der Menschheit: Die Kunst von Paul Roorda, der noch bis zum 6. November im Kunstraum No. 10 ausstellt, thematisiert den schleichenden Prozess des Klimawandels.

 Beim Aufbau der Ausstellung fotografierte der RP-Fotograf den Künstler Paul Roorda.

Beim Aufbau der Ausstellung fotografierte der RP-Fotograf den Künstler Paul Roorda.

Foto: Detlef Ilgner

Der Fuß bewegt sich. Aber das tut er so langsam, dass das menschliche Auge nicht in der Lage ist, dies wahrzunehmen. Es sei denn, der Betrachter nimmt sich zwölf Stunden Zeit. So lange nämlich braucht die Mechanik des Luftdruckmessers, um sich einmal um die eigene Achse zu drehen und dabei den Fuß, der eigentlich ein Schuster-Modell aus Holz ist, mittels einer Schnur zu heben. Paul Roorda hat diese kinetische Arbeit, die den Titel "Long Wait for The Last Dance" trägt, geschaffen. Er ist der Hüter der Langsamkeit. Das zeigt auch eine andere Arbeit im Kunstraum No. 10 an der Matthiasstraße. Auf zwei Klemmbrettern werden - ebenfalls mechanisch - ein weißes und ein schwarzes Blatt Papier (Sunny Day und Rainy Week) angehoben. Auch das dauert zwölf Stunden. Was aussieht wie die Spielerei eines kindlich gebliebenen erwachsenen Bastlers, hat einen durchaus ernsten Hintergrund.

Der kanadische Künstler beobachtet besorgt den Klimawandel, der die Menschheit bedroht. Diese Bedrohung ist sein Thema. Das er allerdings nicht mit erhobenem Finger und anklagend in seine Kunst einbringt, sondern liebevoll erinnernd und sanft mahnend. Die Langsamkeit seiner kinetischen Kunstwerke steht für den schleichenden Prozess des Klimawandels. Es naht Rettung: Roorda bietet aus Papier akkurat gefaltete Bötchen an, die - wie seinerzeit die Arche Noah - die Menschen im Katastrophenfall, wenn die Polarkappen schmilzen sollten, retten können. Das hat etwas Rührendes - und Fürsorgliches natürlich.

Der 52-jährige Paul Roorda lebt im kanadischen Toronto. In seinem Heimatland und in den USA hat er sich durch etliche Ausstellungen einen guten Namen gemacht und wurde vielfach ausgezeichnet. In Deutschland zeigt er erst zum zweiten Mal einen Ausschnitt aus seinem Werk "Wir wurden auf ihn aufmerksam gemacht und freuen uns, ihn jetzt bei uns zeigen zu können", sagt Andreas Beumers, der mit seine Frau Judith Dahmen-Beumers den Kunstraum No. 10 betreibt. Roordas Präsentation "Waiting for the Sea, Waiting for the Sky" ist ihre 99. Ausstellung.

In den zwei kleinen Räumen der Galerie gibt es eine Menge zu entdecken. Etwa Schmetterlinge. "Der Flügelschlag eines Schmetterlings kann irgendwo auf der Welt einen Sturm entfachen", heißt es. Der kanadische Künstler präsentiert einen echten (präparierten) Schmetterling (The Lorenz Butterfly) und fordert den Betrachter auf, dessen Flügel anzupusten. Und schon schlägt das daneben platzierte Barometer aus. An anderer Stelle zittern schwarze Federn, die an ein Uhrwerk gekoppelt sind, alle zwölf Stunden - aber heftig.

Paul Roordas Bilder zeigen Horizonte, Himmel, Eisberge und Wolken. Und seine Polaroid-Fotos verlieren nach und nach die Farbe. Auch das ein schleichender Prozess.

Die Ausstellung im Kunstraum No. 10 an der Matthiasstraße 10 ist noch bis zum 6. November zu sehen; Öffnungszeiten: Fr. 17 bis 19 Uhr, Sa. und So. 15 bis 17 Uhr sowie nach Vereinbarung telefonisch unter 0177 6546963

(RP)
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