Mönchengladbach Der Geist des Alten Museums

Mönchengladbach · "Von da an" heißt die Ausstellung im Alten Museum an der Bismarckstraße 97. Nach vielen Jahren betrete ich endlich wieder die lange geschlossenen Räume, in denen meine Liebe zur Kunst entstand.

Mönchengladbach: Der Geist des Alten Museums
Foto: Ilgner Detlef

Es riecht wie früher. Die Böden knarzen wie früher. Und der Geist von früher - der ist auch noch da. Fast zehn Jahre war ich nicht mehr in den Räumen, die mich als Schülerin so sehr inspiriert haben. Im Alten Museum, wo ich den Vorträgen von Johannes Cladders lauschte, seine Ausstellungen besuchte, mich in die Kunst verliebte. Im April 2008 wurde das Haus an der Bismarckstraße 97 geschlossen - die Tragfähigkeit der Holzbalkendecken war nicht mehr gewährleistet. Jetzt endlich geht es wieder. Weil hier die Ausstellung "Von da an" gezeigt wird. Mit Herzklopfen betrete ich die alten Räume, in denen der damalige Museumsdirektor Johannes Cladders spektakuläre Ausstellungen zeigte. Die ich nicht alle verstand, die mich aber faszinierten.

Die ganz frühen Cladders-Ausstellungen habe ich nicht gesehen. Da war ich zu klein. Aber als Gymnasiastin zog es mich dorthin. Und jetzt treffe ich sie wieder - die Künstler meiner Jugendzeit. Daniel Buren ist wieder da - mit den vertikalen Streifen, mit denen er 1975 die Wände bezog. Die sind allerdings heller als damals. Die Eisenplatten von Andre, die er "Mönchengladbach Square" nannte, liegen auf dem Fischgrätparkett im ersten Obergeschoss. Und immer noch zögere ich, sie zu betreten, obwohl der Künstler dies ausdrücklich wünscht.

Und da ist der Kassettenkatalog von Reiner Ruthenbeck - ausgestattet mit einem Leporello mit 32 Fotos. Diese zeigen Sirenen auf Dächern. Deren Tonfolgen hat der Künstler 1972 auf einer Schallplatte mit dem Titel "Dachskulptur" festgehalten. Die liegt der Kassette bei. In der Ausstellung kann man sich die durchdringenden Sirenenklänge über Kopfhörer anhören. Heute noch bin ich glücklich, dass ich damals mein Taschengeld zusammengekratzt habe, um einige der legendären Cladders-Kassetten zu kaufen. Sie haben alle Umzüge überlebt, stehen heute noch an exponierter Stelle im Bücherregal. Auch die von Ruthenbeck.

Höchst unterhaltsam ist der Briefwechsel zwischen Johannes Cladders und Stanley Brouwn. Dessen Ausstellung musste der Museumsdirektor 1970 um einige Zeit vorverlegen. Das teilte er dem Künstler in einem maschinengeschriebenen Brief mit. Brouwn schrieb zurück - in schwungvoller, raumgreifender Handschrift. Vom 4. bis 20. September 1970 zeigte Brouwn unter dem Titel "Durch kosmische Strahlen gehen" - nichts. Die Ausstellungsbesucher durchstreifen die leeren Räume. "Die Räume erscheinen uns leer, obwohl sie angefüllt sind. Brouwn greift nicht zu Methoden physikalischer Nachweisung. Gerade das nicht Sichtbare interessiert ihn, das dennoch vorhanden ist", sagte Cladders in seiner Eröffnungsrede. Starker Tobak war das damals.

In der Ausstellung kann man mittels Kopfhörer die Reden Cladders' noch einmal anhören. Ich setze mich auf den Holzstuhl, lausche dem vertrauten Klang seiner Stimme, schaue in den herbstlich schönen Garten - und da ist er wieder, der Geist des Alten Museums.

(isch)
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