Serie Was Macht Eigentlich? Der Achten vom Achten im Achten

Mönchengladbach · Karl-Heinz Achten, geboren am 8. August 1932, war 33 Jahre Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes. In einer Zeit, in der Mönchengladbach das deutsche Mekka der Verbrauchermärkte wurde - weil ein Gutachten falsche Schlüsse gezogen hatte.

 Ein Kleinod, um das sich Karl-Heinz Achten seit Jahren intensiv kümmert: die Kapelle "Maria an der Heide" in Elmpt-Overhetfeld mit dem flandrischen Schnitzaltar von 1530/1540 aus Antwerpen.

Ein Kleinod, um das sich Karl-Heinz Achten seit Jahren intensiv kümmert: die Kapelle "Maria an der Heide" in Elmpt-Overhetfeld mit dem flandrischen Schnitzaltar von 1530/1540 aus Antwerpen.

Foto: Franz-Heinrich Busch

Was wäre wenn? Diese Frage hat Karl-Heinz Achten sich wiederholt gestellt. Zum Beispiel dazu, dass die Stadt Ende der 70er Jahre die Eröffnung eines Ikea-Hauses in Rheydt verhindert hat. Oder dass Mitte der 60er Mönchengladbach zum vermeintlichen Mekka der Verbrauchermärkte in ganz Deutschland wurde: Es gab keine Stadt, in der es mehr dieser Märkte pro Kopf der Bevölkerung gab als hier - fast zwei Dutzend waren es zu den "besten" Zeiten.

Bei Ikea, das gibt Karl-Heinz Achten, 83 Jahre, offen zu, "war es wohl ein Fehler. Diese Vertriebsform war damals schwer einzuschätzen. Im Nachhinein wäre es besser gewesen zu sagen: Wenn die schon kommen, dann hierhin und nicht woanders, wo sie uns Kundenströme wegziehen, statt sie zu bringen", sagt Achten, von 1964 bis 1997 Geschäftsführer des hiesigen Einzelhandelsverbandes mit damals rund 2000 Einzelhandelsfirmen. Es waren übrigens die Großen im hiesigen Einrichtungsgeschäft, die der Stadt Druck gemacht hatten, die Schweden zu verhindern.

Hinterher ist man halt immer schlauer. Hinterher fragt man sich auch, ob es nicht schon mit den damals vorhandenen Vorschriften und rechtlichen Mitteln doch möglich gewesen wäre, die Überflutung Mönchengladbachs mit Groß-Verbraucher- und Fachmärkten zu stoppen. Die im Übrigen Folge einer Fehleinschätzung der damaligen Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Nürnberg war. Sie hatte in einem Gutachten festgestellt, dass hier sehr viele Fabrikhallen leer standen - Folge des massivem Rückgangs der Textilindustrie. Ob dieser Empfehlung stürzten sich die Groß- und Verbrauchermärkte geradezu auf Mönchengladbach. "Das hat manche Fehlinvestition zur Folge gehabt, auch manche Betriebsaufgabe", sagt Achten. Im Lauf der Zeit blieb ein Dutzend dieser Märkte übrig - alles "Vollsortimenter" mit breitem Angebot, Mönchengladbachs Einzelhandel hat damals zurück zu einer ausgewogenen Struktur gefunden - auch Dank der Unterstützung des Dachverbandes.

Dessen Geschäftsführer hatte zeitweilig zwischen allen Stühlen gesessen: Da war der "kleine" Einzelhandel mitten in der Stadt und auf der anderen Seite die großen Märkte, die ihn in der Existenz bedrohten - beide Seiten waren Mitglieder des Verbandes. Achten verstand es, dem Verdacht entgegenzuwirken, zu sehr die Interessen der Märkte zu vertreten. "Sie lernten im Verband die "Spielregeln": das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb, den es zunächst stark gab, und das Rabattgesetz zum Beispiel", erzählt er.

Der Bauerssohn und promovierte Volkswirt hat sich mit seiner ruhigen, ausgleichenden, aber auch zu Prinzipien stehenden Art Respekt und Wertschätzung aller Seiten erworben: als fairer Hüter des Wettbewerbs. Und er hat es geschafft, bereits fünf Jahre vor der Kommunalreform von 1975 die traditionell nicht gerade in reiner Zuneigung verbundenen Gladbacher und Rheydter unter einen Hut zu bringen: Bereits 1970 schlossen sich die Einzelhandelsverbände von Alt-Gladbach und Rheydt zusammen. "Anfangs sahen mich manche in Rheydt noch als eine Art trojanisches Pferd, das Gladbach einschleuste, um zu übernehmen. Mein Glück war, dass ich kein Gladbacher, sondern in Niederkrüchten-Elmpt geboren bin und dort wohnte - bis heute übrigens", erzählt der 83-Jährige.

Er verlegte die Geschäftsstelle von Gladbachs Regentenstraße an die Rheydter Mühlenstraße, gewann angesehene Geschäftsleute wie Werner Dornieden und Kurt Sessinghaus als Unterstützer, holte 1975 den Kreis Grevenbroich ins Mönchengladbacher Einzelhandels-Boot. Er saß, ehrenamtlich, in mehr als einem Dutzend Institutionen: der Industrie- und Handelskammer, des Arbeitsamtes, des Verkehrsvereins, der Staatlichen Gewerbeaufsicht, der Gladbacher Kreditbank, und in einer ganzen Reihe berufsständischer Organisationen bis auf Bundesebene.

Der Name Achten hat einen so guten Klang, dass 1997, als der Senior in den Ruhestand ging, der Vorstand sich wieder einen Achten als Geschäftsführer holte: den Junior, Peter Achten. Der hat den "Kreisverband" kräftig erweitert und ist heute Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes NRW mit mehr als 100.000 Einzelhandelsunternehmen.

Achten Senior hat die Stadt, in der er 33 Jahre gearbeitet hat, immer noch im Blick und Kontakte: "Ab und zu rufen mich Geschäftsleute, die mich von früher kennen, an und wollen einen Rat." Und er sieht mit Freude die aktuelle Entwicklung:"Man hat die Zeichen der Zeit erkannt. Nicht nur rund um das Minto entwickelt sich etwas, so dass das Umland nervös geworden ist, Und Gott sei Dank tut sich ja auch in Rheydt etwas."

(RP)
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