Mönchengladbach Das Museum der Zukunft

Mönchengladbach · Gehen nur Ältere freiwillig ins Museum? Warum gibt es da keinen Account für Twitter? Warum keinen Raum, den Jugendliche mitgestalten können? Im Museum wurde über das Museum diskutiert.

Rasante gesellschaftliche Veränderungen sind eine Herausforderung für die Museumslandschaft. "Wie sieht das Museum der Zukunft aus?", so waren daher Vortrag und Diskussion auf Einladung des Museumsvereins Abteiberg überschrieben. Die Mönchengladbacher Kunsthistorikerin Elke Backes referierte im Zeitraffer über die Entwicklungsgeschichte von Museen, stellte ihr Buch "Kolumba - die Evolution eines Museums vor" und eröffnete die Diskussion mit jungen Museumstestern. Neben Kolumba und Ludwig Museum hatten diese den Abteiberg besucht. Ihr Urteil dürfte bei fünf von sechs Kriterien für Liebhaber des Hauses enttäuschend gewesen sein. Doch dazu später mehr. Die Mischung der Akteure garantierte dem Abend jedenfalls eine generationsübergreifende Auseinandersetzung. "Wir würden uns freuen, wenn wir über den Abend hinaus weiter diskutieren könnten", bilanzierte Museumsleiterin Susanne Titz.

Beim Blick zurück nannte Backes fürstliche Wunderkammern als Ursprung des heutigen Museums. In Folge der französischen Revolution wurden immer mehr Sammlungen öffentlich zugänglich, das sich emanzipierende Bürgertum verantwortete viele Museumsgründungen. Das Museum wurde zur Bildungseinrichtung und setzte ein vorgebildetes Publikum voraus. Heute konkurrieren viele Museen um Besucher und Geld und setzten dabei auf Publikumsmagnete.

Das Kolumba, Museum des Erzbistums Köln, stellte Backes als "Museum der Nachdenklichkeit" vor. In Jahresausstellungen wird aus eigenen Beständen spartenübergreifend, ohne mediale Medien, nach religiösen und philosophischen Fragestellungen und unabhängig vom Bekanntheitsgrad eines Künstlers der Dialog zwischen alter und neuer Kunst entzündet. Bei den jungen Museumstestern erntete diese Vermittlung Spitzenwerte. Der Psychologiestudent Linus Luka Bahun stellte das Projekt vor. Er ist einer der jungen Redakteure des "Standpunkt -Magazin für junge Denkkultur", das mit einem Pool von 50 bis 60 Jugendlichen Museen testet. "Wir untersuchen, bewerten und empfehlen aus Sicht der jungen Menschen", sagte der 21-Jährige.

Im pfiffigen Dialog stellten die 15-jährigen Testerinnen Selim Yildirim und Ivana Baumann gegenteilige Positionen vor, wie etwa, ob ein Museumsbesuch toll oder spießig sei. Gehen nur Ältere freiwillig ins Museum? Warum gibt es da keinen Account für Twitter? Warum keinen Raum, den Jugendliche mitgestalten können? Und immer nur Basteln für Kinder, wir wünschen uns mehr Anerkennung kam ergänzend von weiteren Jugendlichen. "In vielen Punkten sprecht ihr uns aus dem Herzen", sagte Museumsvereinsvorsitzender Dr. Carsten Christmann dazu. Diskutiert wurde die Frage, wieweit kunsthistorisches Wissen zum Verständnis nötig ist, wie weit Emotionen genügen.

Dr. Busso Diekamp hielt nichts vom völlig voraussetzungslosen Gang ins Museum. Er sagte: "Wer ohne jede Vorkenntnis ins Kolumba geht, ist wie jemand, der auf der Straße in einer völlig fremden Sprache angesprochen wird." Dr. Christian Krausch war überzeugt, das Museum Abteiberg biete optimale Bedingungen. Für die Architektur hatte das Museum immerhin vier von fünf Punkten bekommen, doch die Orientierungsmöglichkeiten wurden mit nur einem Punkt mickrig bewertet. Gerade dieses Suchen-Müssen sei doch ein besonderes Kriterium, wandte ein Zuhörer ein. Eine Fragestellerin war überrascht, dass der Wunsch nach mehr Medien bestehe, aber gerade das Kolumba im Verzicht darauf so gut bewertet wurde. Thema war auch das begrenzte Budget. Christmann empfahl als kleine Lösung die Mitgliedschaft im Museumsverein.

(anw)
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