Mönchengladbach Das Geschäft mit den Bienen

Mönchengladbach · An der Eickener Straße haben Henry und Claudia Kosteletzky einen Laden eröffnet, der ganz im Zeichen von Bienen- und Honigprodukten steht. Regionalität ist bei allem das A und O. Bald wollen sie ganz von der Imkerei leben können.

 Henry Kosteletzky betreibt das Geschäft mit seiner Frau Claudia, auch die Schwiegermutter arbeitet mit.

Henry Kosteletzky betreibt das Geschäft mit seiner Frau Claudia, auch die Schwiegermutter arbeitet mit.

Foto: Isabella Raupold, Patrick Pleul/DPA

Sie verfügen über hochsoziale und hochkomplexe Gesellschaftsformen, tragen maßgeblich zum Erhalt von Wild- und Kulturpflanzen bei - und produzieren außerdem noch ein leckeres Nahrungsmittel: Honigbienen gehören zum Sommer wie das Eis, um das sie so gerne einmal herumschwirren. Manch einer fürchtet sich vor ihren Stichen, manch einer fühlt sich von ihnen genervt - doch wenn Henry Kosteletzky über Bienen spricht, fangen seine Augen an zu leuchten. "Ich sehe ein Bienenvolk als sozialen Organismus an", sagt der Außendienstler, der seit drei Jahren im Nebenerwerb als Imker tätig ist. "Und so ein Volk hat eine Persönlichkeit. Bei schwülem Wetter sind die Bienen aggressiv, bei ruhiger Lage entspannt." Sein Traum - und der seiner Frau Claudia - sei es, mittelfristig nur noch von der Imkerei leben zu können. Ein erster Schritt ist getan: Seit einigen Wochen betreiben die beiden ihr eigenes Ladenlokal, den "Bienen-Markt" an der Eickener Straße 351, nachdem sie zuvor im Wesentlichen auf Märkten und Veranstaltungen aktiv waren. "Bisher kommt der Laden sehr gut an. Der Tenor der Kunden lautet: So etwas hat in Mönchengladbach gefehlt", sagt Kosteletzky.

Mönchengladbach: Das Geschäft mit den Bienen
Foto: DPA / Patrick Pleul

Neben Honig und Met gibt es dort eine ganze Palette weiterer Produkte zu kaufen, die mit Bienen und/oder Honig (der schließlich auch als Honigtau von Rinden- und Schildläusen stammen kann) zu tun haben: Kerzen aus Bienenwachs etwa, Bonbons, Senf und Essig. Auch mit Wabenhonig, "Imkerkaugummi" genannt, ohne Zugabe von industriell produzierten Mittelwänden, wurde bereits experimentiert. Fast alles stellt Familie Kosteletzky mit Hilfe der Schwiegermutter selbst her, designt die Etiketten, verzichtet bewusst auf die typischen Deckel des Deutschen Imkerbundes, um sich optisch abzusetzen.

Regionalität ist bei allem das A und O. "Für uns ist Vielfalt ein absolutes Qualitätsmerkmal", sagt Kosteletzky, der seine Bienenvölker in den unterschiedlichsten Stadtteilen stehen hat. In und um Gladbach gebe es zum Glück wenige der "ökologisch bedenklichen" Monokulturen, so dass die hiesigen Honigsorten aus unzähligen Blüten und Honigtau entstehen können, mit unterschiedlichsten Geschmäckern je nach Standort, Jahr, Jahreszeit und Trachtpflanzen. Außerdem werden im Laden Kosmetik- und Pflegeprodukte angeboten, Letztere oft mit Propolis, einer von Bienen hergestellten harzartigen Masse mit antibiotischer und antiviraler Wirkung.

Zur Imkerei kam der gebürtige Bayer Kosteletzky, der seit zwölf Jahren in Gladbach lebt, vor drei Jahren über einen Bekannten, der ihm zu seinem ersten Volk verhalf. "Schon als Kind habe ich mich für das Thema interessiert, aber Imker waren damals immer nur alte Männer", sagt er. Das habe sich mittlerweile aber gewandelt: Sowohl im Imkerverein Wegberg als auch im Kreisimkerverband Heinsberg, in denen er organisiert ist, gebe es durchaus etliche jüngere Mitglieder.

Das erste Volk setzte er seinerzeit in seinen großen Garten in Lürrip, "in dem zuvor immer nur Hummeln herumflogen". Und dann ging es ans Lernen, denn die Imkerei ist eine Wissenschaft für sich. Schwarmkontrolle? Ist im Frühjahr wichtig, "sonst haut das Volk ab", sagt Kosteletzky. Behandlung mit Ameisensäure? Steht im Sommer an, damit Parasiten nicht die Oberhand gewinnen. Drohnenschlacht? Folgt im August, wenn die nutzlos gewordenen männlichen Bienen aus dem Stock geworfen werden. Und gefüttert werden müssen die Bienen dann, sobald ihnen der Honig genommen worden ist. Kosteletzky ließ sich zum Honigsachverständigen weiterbilden, lernt am Mayener Bieneninstitut, darf mittlerweile selber Lehrgänge abhalten. Vor wenigen Tagen erst teilte der Deutsche Imkerbund mit, dass der Honigertrag pro Volk von durchschnittlich 18 Kilo in 2015 auf 15,2 Kilogramm in 2016 gesunken ist. Ursache sei das lange regnerische Wetter, der Honigpreis werde also unweigerlich steigen. Für Gladbach gibt Kosteletzky aber Entwarnung, seine Ernte sei nur minimal geringer, das seien natürliche Schwankungen. Und das vielzitierte Bienensterben, das mal auf das Pflanzengift Glyphosat geschoben wird und mal ein literarisches Denkmal gesetzt bekommt, wie in "Generation A" von Douglas Coupland, das eine Welt ohne Bienen schreibt? Nur ein Mythos? "Das größte Problem für Honigbienen ist die Varroa-Milbe", sagt Kosteletzky. "Wegen ihr könnten Bienenvölker heutzutage wild gar nicht mehr überleben."

In Zukunft will Kosteletzky die regionale Komponente seiner Produkte noch verfeinern. Auch weitere Partner - bisher kommt sein Honig bei "Pure - Das Café" in Rheydt und im Dorint-Hotel zum Einsatz - werden noch gesucht. Und wie oft wird so ein Imker eigentlich gestochen? "Mein Notfall-Set habe ich noch nie gebraucht", sagt Kosteletzky. "Ich arbeite aber nur in Schutzkleidung. Ich bin nämlich allergisch gegen Bienenstiche."

www.bienen-markt.com, Öffnungszeiten: mittwochs und freitags von 8 bis 18 Uhr, samstags von 8 bis 13 Uhr.

(RP)
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