Serie Gladbacher Lesebuch (2) Das Büdchen war ein Sehnsuchtsort für Kinder

Es war der erste Schultag im Frühjahr 1932, morgens hatte für uns 54 Jungen und Mädchen der Klasse 1a die Schulzeit begonnen, ein aufregender Tag. Am Nachmittag, nach Arbeitsschluss, kam mein Patenonkel, und ich musste erzählen, wie es denn so gewesen war. Beim Abschied drückte er mir zwei Münzen in die Hand, es waren zwei Fünfpfennigstücke, also ein Groschen zur freien Verfügung.

Ich machte mich auf zum Büdchen an der Straßenecke, ein kleines Holzhaus, quadratisch und gelb gestrichen, für uns Kinder ein Sehnsuchtsort. Was sollte ich mir kaufen; eine Dose Salmiakpastillen, die man auf den Handrücken aufklebte und dann genüsslich ablecken konnte? Oder doch lieber Bonbons? Jedenfalls mehr als eine Münze, also fünf Pfennig, wollte ich nicht auf einmal auslegen. Ich legte das Geldstück auf den Zahlteller und der freundliche Mann im Büdchen, rundlich, mit einer Glatze und einem mächtigen Schnurrbart, sah mich erwartungsvoll an. Ich entschied mich für die Bonbons, die gab es in vielen Farben - grün, gelb, rot, weiß - und die waren in Glasgefäßen verlockend hinter der Scheibe aufgereiht.

Ich zeigte auf fünf verschiedene Gläser und geduldig und gar nicht überrascht holte der Mann im Büdchen die gewünschten Bonbons aus den Gläsern, das Stück für jeweils einen Pfennig, die kamen in ein kleines Papiertütchen. Übrigens, der Patenonkel kam leider nur selten zu Besuch.

(RP)
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