Mönchengladbach Besser spät in die Ausbildung als nie

Mönchengladbach · Mit knapp 30 Jahren hat Jens Krumbein eine Ausbildung zum Maler und Lackierer begonnen. Malermeister Oliver Koch hatte zuvor anderthalb Jahre nach einem Azubi gesucht. Möglich machte es ein Spätstarter-Programm der Arbeitsagentur.

 Wolfgang Draeger (Geschäftsführer operativ der Agentur für Arbeit), Neu-Azubi Jens Krumbein, Malermeister Oliver Koch und Philipp Scharner vom Arbeitgeber-Service der Arbeitsagentur (v.l.) im Maler- und Lackierermeisterbetrieb.

Wolfgang Draeger (Geschäftsführer operativ der Agentur für Arbeit), Neu-Azubi Jens Krumbein, Malermeister Oliver Koch und Philipp Scharner vom Arbeitgeber-Service der Arbeitsagentur (v.l.) im Maler- und Lackierermeisterbetrieb.

Foto: Raupold

Jens Krumbein hatte vom Lager- und Logistikbereich die Nase voll. Bei DHL im Regiopark hatte der 29-Jährige zuletzt gearbeitet, einer von etlichen Jobs nach seiner abgebrochenen Tischlerlehre. Dann wurde er vor 15 Monaten Vater, die Schichtarbeit wurde zunehmend zur Belastung, und Krumbein spürte zudem immer mehr: "Ich möchte noch einmal etwas lernen." Das tut er jetzt: Am 9. März begann er die betriebliche Umschulung zum Maler und Lackierer im Odenkirchener Meisterbetrieb von Oliver Koch (44).

Mit dem Bekenntnis, er habe schon immer gerne mit Farben gestaltet, auch auf Leinwand, überraschte Krumbein seinen neuen Arbeitgeber gestern noch einmal - so gut kennt man sich dann doch noch nicht nach den paar Wochen, selbst in einem Betrieb mit drei Angestellten. Denn gestern stellte die Arbeitsagentur in Kochs Meisterbetrieb die aktuellen Arbeitsmarktzahlen vor, mit Jens Krumbein als Vorzeigeschüler. Denn dessen Paradebeispiel zeigt: Auch mit knapp 30 Jahren muss es, in Zeiten des immer dringlicher werdenden Fachkräftemangels, nicht zu spät sein für eine handwerkliche Ausbildung.

Zusammengebracht hat Arbeitgeber und Azubi die Arbeitsagentur. "Wir ermutigen auch Ältere, noch eine Ausbildung zu beginnen", sagt Vermittlerin Britta Ewerhard, bei der Krumbein seinerzeit offene Türen einrannte. Sie schloss sich kurz mit Philipp Scharner vom Arbeitgeber-Service, der Krumbein zunächst ein zweiwöchiges Praktikum bei Koch vermittelte. "Ich hatte da bereits anderthalb Jahre nach dem richtigen Auszubildenden gesucht", sagt Oliver Koch, der ausbildet, seitdem er den Betrieb 2002 übernahm. "Und Quereinsteiger waren für mich kein Problem." Für ihn komme es darauf an, "wie jemand sich praktisch macht und wie er ins Team passt". Das hören sie bei der Arbeitsagentur gerne. Das dazugehörige Programm für ungelernte 25- bis 35-Jährige heißt "AusBildung wird was - Spätstarter gesucht". 277 Männer und Frauen in Gladbach und im Rhein-Kreis haben die Gelegenheit seit 2013 genutzt.

Auf dem regionalen Arbeitsmarkt hat sich die Frühjahrsbelebung im März fortgesetzt - mit den allerdings schon traditionell markanten Unterschieden zwischen der Stadt Mönchengladbach und dem Rhein- Kreis. 29 075 Menschen waren im März arbeitslos gemeldet, 107 weniger als im Vormonat (minus 0,4 Prozent). Und starke 1987 (minus 6,4 Prozent) weniger als im März des Vorjahrs. "Damit liegt der Rückgang der Arbeitslosigkeit gegenüber dem Vorjahr deutlich über dem Landestrend", sagt Wolfgang Draeger, Geschäftsführer operativ der Agentur. Denn im Land betrug der Rückgang gegenüber März 2014 lediglich 3,4 Prozent. Die Arbeitslosenquote im Bezirk blieb konstant bei 8,0 Prozent (März 2014: 8,6). Doch ein genauerer Blick offenbart: Die Entwicklung im Rhein-Kreis ist besser als in Gladbach. Denn in der Vitusstadt stieg die Zahl der Arbeitslosen im März sogar leicht an, liegt aber immer noch um rund 1000 Betroffene unter der des Vorjahresmonats.

Auf dem Stellenmarkt war im März, gegen dem Landestrend, mit 1264 eingeworbenen Stellen klar weniger los als im Februar (minus 24 Prozent) und im März 2014 (minus 30 Prozent). "Dabei ist aber zu beachten, dass es keine Sondereffekte durch Logistik im Regiopark mehr gibt", so Draeger. Der Ausbildungsmarkt hingegen hat sich positiv entwickelt. Zur Halbjahresbilanz bis Ende März wurden 60 Stellen (2,3 Prozent) mehr Ausbildungsstellen eingeworben als im Vorjahr, 43 davon im Rhein-Kreis. "Die Appelle, von dem Hintergrund der Fachkräfte-Diskussion wieder mehr auszubilden, fruchten langsam", sagt Draeger. Die Zahl der Bewerber fiel nach dem doppelten Abi-Jahrgang wieder auf Normalniveau. Rein rechnerisch kommen auf zehn Bewerber nun sechs gemeldete Stellen. Erfreulich ist der Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit: Knapp 600 aus dieser einst 3000-köpfigen Gruppe wurden bereits vermittelt.

(RP)
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