Mönchengladbach Beim Schlaganfall ist jede Minute kostbar

Mönchengladbach · Weil er gut informiert war, reagierte Hans Busch bei seinen zwei Schlaganfällen richtig und konnte schnell behandelt werden. Das erhöht die Chancen, dass keine Schäden bleiben, massiv.

 Hans Busch hat wieder gut Lachen: Er hatte gerade einen Beitrag über den Schlaganfall gesehen und wusste deswegen, was zu tun ist.

Hans Busch hat wieder gut Lachen: Er hatte gerade einen Beitrag über den Schlaganfall gesehen und wusste deswegen, was zu tun ist.

Foto: Angela Rietdorf

Als Hans Busch um 5 Uhr früh aufwacht und zur Toilette geht, merkt er, dass er in der linken Körperhälfte weniger Kraft hat, dass der Fuß wegknickt. Der 79-Jährige legt sich wieder hin, schläft bis 8 Uhr, steht auf und macht für die Familie Frühstück. Als er sich dann rasieren will, ist auf einen Schlag die ganze Seite gefühllos. Er hält sich am Waschbecken fest, um nicht umzufallen, ruft nach seinem Sohn und ist sich sicher: "Das ist ein Schlaganfall." Als der Rettungswagen kommt, besteht der Nettetaler darauf, ins Franziskushaus mit seiner Stroke-Unit gebracht zu werden. Und spart damit wertvolle Zeit, die seiner Behandlung zugutekommt.

"Ich hatte gerade einen Beitrag über den Schlaganfall gesehen und erkannte die Symptome sofort", erklärt der ehemalige Klimatechniker. Nach 20 Minuten ist er im Krankenhaus, die Spezialisten der Stroke-Unit können mit der Therapie beginnen.

Zehn Tage später trifft ihn der zweite Schlaganfall: Das Gesichtsfeld engt sich ein. "Ich konnte nur noch die Hälfte sehen", erzählt er. Auch das Gleichgewicht ist gestört. Wieder wird er in die Stroke-Unit gebracht. "Ich war gut informiert und bin dankbar, dass die Behandlung so schnell einsetzen konnte", sagt Hans Busch.

Tatsächlich sind die Symptome des ersten Schlaganfalls typisch. "Der Schlaganfall ist eigentlich eine Durchblutungsstörung des Gehirns", erklärt Prof. Carl-Albrecht Haensch, Chefarzt der Neurologie des Maria Hilf. Wenn die Hirnteile betroffen sind, die für die Bewegung zuständig sind, kommt es oft zur halbseitigen Lähmung - wie bei Hans Busch. Auch das Sprachzentrum kann betroffen sein: Dann können die Patienten sich nicht artikulieren oder sie verstehen nicht, was gesagt wird. Auch die beschriebenen Sehstörungen mit Einengung des Gesichtsfelds können auftreten. "Sie werden aber leider oft nicht als typisches Symptom erkannt", sagt der Neurologe. Schwindelgefühle gehören ebenso zu den gängigen Begleiterscheinungen eines Schlaganfalls. Seltener sind apraktische Störungen, bei denen der Ablauf sinnvoller Handlungssequenzen gestört ist. "Der Betroffene kennt zwar die einzelnen Handlungen, beispielsweise beim Kaffeekochen", erklärt Haensch. "Dass aber Wasser und Kaffeepulver eingefüllt werden müssen, bevor die Kaffeemaschine eingeschaltet wird, ist nicht präsent." 550 Menschen werden jeden Tag in Deutschland Opfer eines Schlaganfalls. Das Risiko nimmt mit dem Alter zu. Für die Behandlung gibt es heute gute Methoden, die umso erfolgreicher sind, je schneller sie eingesetzt werden. Pro Stunde sterben bei einem Schlaganfall 120 Millionen Neuronen im Hirn ab. Je schneller gehandelt wird, desto geringer ist dieser Verlust. Mit der Lysetherapie wird das Gerinnsel im Gehirn wieder aufgelöst. Das muss innerhalb der ersten vier bis sechs Stunden geschehen, dann kann das Risikogewebe noch gerettet werden. Sonst breitet sich die Nekrose aus, größere Teile des Hirns werden geschädigt. Mit der Thrombektomie steht den Neurologen heute eine weitere erfolgreiche Therapieform zur Verfügung. Hierbei wird das Gerinnsel mittels Katheter entfernt. "Das Verfahren ist genauso zeitkritisch", sagt Professor Haensch. "Es muss möglichst schnell erfolgen, dann aber sind die Chancen gut, dass keine bleibenden Schäden entstehen."

Wenn der Patient aus dem Krankenhaus entlassen wird, bekommt er Empfehlungen für die Sekundärprophylaxe, mit der ein weiterer Schlaganfall verhindert werden soll. Oft geht es dann auch darum, den Lebensstil zu ändern, was den meisten nicht leicht fällt. "Es wäre gut, wenn es eine Schlaganfall-Selbsthilfegruppe gäbe", wünscht sich der Chefarzt. Es sei schließlich leichter, sich zu ändern, wenn andere dabei unterstützen.

(RP)
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