Aktion Fit Für 10 Bärbel Schleszies besiegt den Krebs

Es ist eine Situation, bei dem ein Mensch nicht weiß, wie er seiner Freude Ausdruck verleihen soll: Soll man weinen? Oder lauthals lachen? "Ich habe nach jedem Trainingslauf gelächelt. Und heute ist mein großer Tag", sagt Bärbel Schleszies. Gut, sie hat gerade ihren ersten Wettkampflauf über zehn Kilometer gemeistert. Sie hat dafür ein halbes Jahr trainiert. Doch ist das ein Grund für einen Gefühlsausbruch?

 Rainer Trier: Die Schulter macht ihm noch Kummer.

Rainer Trier: Die Schulter macht ihm noch Kummer.

Foto: Jörn Riewe

Es ist eine Situation, bei dem ein Mensch nicht weiß, wie er seiner Freude Ausdruck verleihen soll: Soll man weinen? Oder lauthals lachen? "Ich habe nach jedem Trainingslauf gelächelt. Und heute ist mein großer Tag", sagt Bärbel Schleszies. Gut, sie hat gerade ihren ersten Wettkampflauf über zehn Kilometer gemeistert. Sie hat dafür ein halbes Jahr trainiert. Doch ist das ein Grund für einen Gefühlsausbruch?

 Torsten Mößken: Er will in Berlin Marathon laufen.

Torsten Mößken: Er will in Berlin Marathon laufen.

Foto: Jörn Riewe

Ja, denn Bärbel Schleszies hatte Brustkrebs. Vor drei Jahren wurde er diagnostiziert. Ihre bis dato heile Welt drohte einzustürzen. Drei größere Operationen, 16 Chemo-Behandlungen und 28 Bestrahlungen folgten. Dann die mühsame Reha mit vielen Auf-und-Abs. Anfang vergangenen Jahr es fasste sie spontan den Beschluss, sich für die Nordic-Walking-Gruppe von Fit für 10 anzumelden. "Das hat mich damals aus dem Loch geholt. Ich bin Trainerin Conny Kerkhoff und den Betreuern dankbar für alles, was sie für mich getan hat", sagt die 48-Jährige.

 Peter Jost: Training in den frühen Morgenstunden.

Peter Jost: Training in den frühen Morgenstunden.

Foto: Jörn Riewe

Und in diesem Jahr setzte sie einen drauf: Sie wollte auch noch zehn Kilometer laufen. "Bei meiner Vorgeschichte konnten mir die Schweinehunde doch gar nichts anhaben. Wenn ich nach acht Kilometern schwächelte, habe ich an die Chemophase gedacht. Aufgeben gilt nicht. Und im Ziel habe ich immer gedacht: ,Cool, was du wieder geschafft hast.'" Das nächste Ziel steht fest: "Ich habe mich für einen Halbmarathon in Venlo angemeldet. Mein Arzt erklärt mich für verrückt", sagt sie - und lacht.

 Bärbel Schleszies: Sie setzt sich ein neues Ziel.

Bärbel Schleszies: Sie setzt sich ein neues Ziel.

Foto: Jörn Riewe

Rainer Trier trotz Schulterbruch dabei

Es war ein Augenblick, als allen Beteiligten der Atem stockte. Denn der Steigerungslauf, bei dem die Teilnehmer der Laufgruppe von Fit für 10 ihre individuelle Herzefrequenz ermitteln, ist hart: Da müssen sie vor allem in der Endphase an ihre Grenzen gehen, alles aus sich herausholen. Bei Rainer Trier funktionierte alles bestens - bis zehn Meter vor dem Ziel. Da stürzte er. Hautabschürfungen und Prellungen waren das kleinere Übel. Schlimmer war die gebrochene Schulter. Das wäre für viele der Anlass gewesen, die Brocken hinzuwerfen. Nicht für Rainer Trier.

"Ich wollte am 11. September zehn Kilometer laufen. Dieses Ziel stand unverrückbar fest", sagt der 50-Jährige. Dreieinhalb Wochen hat er sich auf schnelle Spaziergänge beschränkt. Dann ist er wieder ins Laufprogramm eingestiegen - anfangs mit einem dosierten Trainingsplan. "Betreuer Jörg Gutowski hat sich in dieser Phase sehr um mich gekümmert. Wir sind ehemalige Arbeitskollegen", sagt Trier. Die lädierte Schulter behindert ihn zwar ("Es ist noch nicht klar, ob operiert werden muss"), aber seine Trainingseinheiten hat der selbstständige Systemintegrator eisern durchgezogen. Eine Konsequenz hat er gezogen. "Ich werde nicht mehr immer bis ans Limit gehen. Es ist besser, sich kurz davor etwas zurückzunehmen."

Laufen gehört für ihn heute fest zum Leben, die Trainingseinheiten strukturieren den Alltag: "Sogar auf Dienstreisen nehme ich Laufschuhe mit." Sein nächstes Ziel: ein Halbmarathon.

Torsten Mößken speckt 45 Kilo

Es war der Zeitpunkt, am Leben grundlegend etwas zu ändern. "Ich wog 140 Kilo bei einer Größe von 1,70 Metern. Ich hatte einen Blutdruck von 160 zu 100", erinnert sich Torsten Mößken. September 2012 war das. Und als dann auch noch eine Partnerschaft abrupt zu Ende ging, zog der 39-Jährige für sich die Konsequenz: "Du musst Dich anders ernähren. Und du musst dich sportlich betätigen." Der bis dahin bekennende "Anti-Sportler" schaute sich den Berlin-Marathon "von der ersten bis zur letzen Minute" an und entschied: "Das will ich auch mal machen."

Zunächst veränderte er seine Essgewohnheiten. Fortan ernährte sich der Altenpfleger nur noch vegetarisch, später sogar vegan. Er nahm radikal ab. Und er begann zu laufen. "Ganz ohne Plan. Aber ich fühlte mich nicht wohl dabei, obwohl ich für meine Verhältnisse sogar relativ schnell gelaufen bin", erzählt er. Als sich Mößken bei Fit für 10 bewarb, um das richtige Laufen zu lernen, "war ich schon auf 100 Kilo runter".

Heute ist alles anders. Der Blutdruck hat sich auf 120 zu 70 eingependelt, mit dem Gewicht kämpft er noch. "Aber ich habe deutlich mehr Muskelmasse. Und ich habe eine Grundlagenausdauer, die ich mir nie zu erträumen gewagt hatte. Wenn ich bei den Testläufen nach zehn Kilometern im Ziel war, hatte ich immer das Gefühl, mehr laufen zu können." Das nächste Ziel ist der Halbmarathon in Venlo im nächsten Jahr. Und dann folgt der Berlin-Marathon: "Ich warte nur darauf, dass ich mich anmelden kann."

Peter Jost hört Komplimente

Es ist ein Kraftakt, den Peter Jost bewältigen muss. Der Besitzer des Hotels Elisenhof muss seine Trainingseinheiten in die frühen Morgenstunden legen. "Für einen Gastronomen ist abendliches Training so gut wie nie möglich", sagt der 43-Jährige. 6 Uhr, spätestens 6.30 Uhr begibt er sich auf seine Hausstrecke durch den Rheydter Stadtwald.

"Ich darf gar nicht daran denken, wie das war, als ich das erste Mal im März gelaufen bin. Insgesamt 700 Meter in mehreren kleinen Einheiten waren das, mehr habe ich nicht geschafft. Am vergangenen Freitag bin ich 4,2 Kilometer in 30 Minuten gelaufen. So, als wäre das nichts", sagt er. Zum ersten Mal hat er die Erfahrung gemacht, dass Sport Teil seines Alltags ist. "Ich habe sogar einen Personal-Trainer gehabt, bin ins Fitness-Studio gegangen. Aber erst durch dieses Programm bin ich zum Sport gekommen."

Das hat positive Auswirkungen auf sein Gewicht: Sieben Kilo hat er abgenommen. "Meine Nachbarn haben mir gesagt, dass ich vitaler wirke. Und wenn ich morgens gelaufen bin, gehe ich mit einer anderen Dynamik in den Tag. Das tut echt gut." Alkohol und Cola Light trinkt er nicht mehr. "Nur noch Wasser. Aber das in Mengen."

Und sogar als Söhnchen Lennox zur Welt kam, hat Peter Jost seine Trainingseinheiten nicht unterbrochen. "Mein Sohn wurde früh morgens geboren. Deshalb bin ich an diesem Tag abends gelaufen." Für Jost steht fest: Er läuft weiter - "aber dafür brauche ich einen Plan." Den bekommen alle.

(RP)
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