Mönchengladbach Autofahrer machen Grüne Welle selbst

Mönchengladbach · Ein Auto, ein Adapter und eine kostenfreie App für ein Android-Smartphone: Mehr braucht es nicht, um als freiwilliger Grüne-Welle-Tester unterwegs zu sein. Die Stadt wünscht sich viele Autofahrer, die mitmachen und Messdaten liefern.

 250 Adapter hält die Stadt für freiwillige Tester vor. Sie liefern Messdaten für eine Verbesserung der Grünen Welle in der Stadt.

250 Adapter hält die Stadt für freiwillige Tester vor. Sie liefern Messdaten für eine Verbesserung der Grünen Welle in der Stadt.

Foto: Stadt MG

Die Grüne Welle, das sanfte Durchgleiten von möglichst vielen Autos auf einer langen mit Ampeln versehenen Strecke, gibt es. Nur nicht in Mönchengladbach, behaupten viele Autofahrer, die täglich auf den Hauptverkehrsachsen der Stadt unterwegs sind. Zwar ist nicht alles so dramatisch, wie es teilweise - drastisch - geschildert wird. Aber wer zum Beispiel derzeit über die Bismarckstraße fährt, merkt schnell, dass spätestens die dritte Ampel auf Rot springt, weil die Schaltung nicht stimmig zu sein scheint. Ähnlich ist es auf der Aachener Straße.

Das alles soll sich demnächst ändern, und die Stadt nimmt dabei diejenigen mit in die Pflicht, die über die Hauptverkehrsstraßen rollen und sich - völlig zurecht - über die schlechten Ampelschaltungen beklagen. Ein in dieser Form bundesweit einmaliges Projekt startet in den nächsten Monaten in Mönchengladbach: Die Autofahrer selbst liefern dabei Tausende von Messdaten, mit denen die Verkehrscomputer gefüttert werden, um dann den Verkehrsfluss auf den Straßen und da vor allem an den Ampeln besser steuern zu können. "Das ist eine innovative Idee, und sie kommt hier bei uns aus der Verwaltung", sagt der Technische Beigeordnete Gregor Bonin stolz.

Wenn die städtischen Verkehrsplaner die Grüne Welle planten, ging das bis jetzt immer so: Es gab Messfahrten mit einigen Fahrzeugen an weniger Tagen. Diese Daten speiste man dann in den Computer ein, und entwickelte ein Gutachten, wie der Verkehrsfluss verbessert werden kann. Diese meist mehrere Zentimeter dicken Studien wurden dann umgesetzt. Nachteil: hoher Aufwand, mitunter geringe Aussagekraft der Ergebnisse, eine überschaubare Nachhaltigkeit. "Was an Ergebnissen gestern vorlag, ist nach kurzer Zeit schon überholt und alt", sagt Ralf Klöpper, Bereichsleiter Verkehrstechnik bei der Stadt.

Das neue Verfahren geht ganz anders: Es soll eine freiwillige und ehrenamtlich tätige Autofahrer-Flotte aufgebaut werden, die über einen längeren Zeitpunkt tausende Messdaten sammelt und auswertet. Wer sich an diesem Projekt beteiligt, bekommt einen Adapter, der im Fahrgastraum an der Schnittstelle eingeklickt wird, an der auch TÜV und Dekra die Autos prüfen. In Kombination mit einer kostenfreien App für Android-Smartphones - sie wird im Google-Store heruntergeladen - werden die Daten ermittelt und auf die offene Daten-Plattform enviroCar gespeichert.

Verkehrsplaner Klöpper: "Es werden keine persönlichen Daten gespeichert. Nur der Fahrzeugtyp und ein frei wählbarer Nickname werden registriert, nicht aber das Kfz-Kennzeichen. Und die Datensätze enthalten keine Informationen, die einen Rückschluss auf den Fahrer zulassen. Wir garantieren größtmöglichen Datenschutz."

Die Stadt hat 250 Adapter angeschafft und will sie an Tester ausgeben. Rund 20 Verwaltungsmitarbeiter haben die Zauberstecker bereits in ihren Autos installiert, fünf Studenten arbeiten zusätzlich als Tester und kurven in den nächsten Wochen durch die Stadt. Beigeordneter Bonin: "Wir hoffen auf weitere Freiwillige, die auch bereit sind, die Adapter auf eigene Kosten anzuschaffen. Das hilft der Stadt und den hier lebenden Menschen." Rund 30 Euro kostet dieser Adapter, der auch anders nutzbar ist.

Einziger Haken: Autos mit Baujahr 2001 (Benziner) beziehungsweise 2004 (Diesel) verfügen nicht über einen OBD-Stecker, sie können also nicht mitmachen. Die teilnehmenden Autofahrer haben auch in anderer Hinsicht etwas davon: Sie können zum Beispiel eigene Fahrprofile aufzeichnen, die Rückschlüsse auf Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß geben. Und auch das ist für den Datenschutz wichtig: Die Fahrten werden nicht automatisch aufgezeichnet, der Teilnehmer muss erst sein "OK" geben. "Die Datenübertragung findet auch nicht permanent statt. Die gesammelten Tracks werden einmal am Tag oder in einem längeren Zeitraum an den Server in Münster meist mittels WLAN übertragen", sagt Herwig Wulffius vom Essener Ingenieurbüro TSC, das dieses Projekt betreut.

Die Messreihen sind von Montag, 6. Juni, bis Sonntag, 3. Juli. Sowie von Montag 4. September, bis Sonntag, 2. Oktober. Vor dem Start gibt es zwei Info-Veranstaltungen: am Dienstag, 31. Mai, ab 17 Uhr, im Rathaus Rheydt, Raum 238a, sowie am Donnerstag, 2. Juni, ab 18 Uhr, im Rathaus Rheydt, Raum 2028. Ab Montag, 30. Mai, beantwortet die Stadt montags bis freitags Fragen dazu unter Rufnummer 02161 25 90 53.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort