Mönchengladbach Aus der Traum

Mönchengladbach · Am Anfang war viel Lob. Reinhard Grindel, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), sprach von den Emotionen, die drin waren in der Mönchengladbacher Bewerbung, vom Fußballspirit der Stadt. Je länger die Eloge des DFB-Obersten dauerte, desto klarer wurde: Es hat nicht gereicht.

 Daumen runter, 2024 gestrichen: Gladbachs Oberbürgermeister Hans-Wilhelm Reiners (l.) und Borussias Vize-Präsident Rainer Bonhof mussten gestern ihren EM-Traum begraben.

Daumen runter, 2024 gestrichen: Gladbachs Oberbürgermeister Hans-Wilhelm Reiners (l.) und Borussias Vize-Präsident Rainer Bonhof mussten gestern ihren EM-Traum begraben.

Foto: Detlef Ilgner

Als Grindel schließlich mit der eigentlichen Botschaft seines Anrufs im Borussia-Park rausrückte, war es für die Anwesenden keine Überraschung mehr. "Wir haben dann die Flasche Sekt, die bereit stand, wegbringen lassen", berichtete Rainer Bonhof, Borussias Vizepräsident und als Weltmeister von 1974 einer der Botschafter der Gladbacher Kampagne. Kater statt Party-Stimmung. In der Gesamtbewertung Platz 13 von 14 Bewerbern - das hatte sich der eifrige Bewerber vom Niederrhein nicht träumen lassen.

Bonhof machte aus seiner Enttäuschung keinen Hehl: "Ich bin nicht sauer, ich bin stinksauer! Ich muss aufpassen, dass mir nicht der Hals platzt." Gladbach-Fan Guido Rohn aus Solingen war extra zum Borussia-Park gekommen, um gleich nach der Verkündung das EM-Gefühl zu erleben. Nun stand er tieftraurig in der Lobby des Stadions. "Es ist für mich unverständlich. Ich war mir ganz sicher, dass die Fairness beim DFB endlich mal da ist, Gladbach nicht zu übergehen. Wir haben eine tolle Infrastruktur, ein tolles Publikum, aber schon wieder kriegen wir keine Spiele. Das ist nicht mehr mein Verband." Den DFB-Schal, den er umhatte, wollte er gar nicht mehr mitnehmen. "Ich schaue mit keine Länderspiele mehr an", stellte er klar. Frust pur. So war es auch bei der Moderatorin Ulrike von der Groeben, die als Tochter der Stadt zu den Botschaftern Mönchengladbachs gehörte. "Ich bin sehr traurig, sauer und gefrustet. Es tut mir leid für den Verein und alle Verantwortlichen, die viel Herzblut und Liebe in diese Bewerbung gesteckt haben", sagte sie. "Es ist sehr schade, dass es nicht geklappt hat. Gladbach wäre einfach mal an der Reihe gewesen. In Gladbach wurden Weltklassespieler ausgebildet und hervorragender Fußball gespielt, der weltweit anerkannt ist", sagte Borussias Rekordtorjäger Jupp Heynckes, der ebenfalls die MG-Bewerbung unterstützte.

Eine Ahnung jedoch, dass es ein trauriges Ende geben würde in Sachen EM-Traum, keimte bei den Bewerbern am Vorabend der Entscheidung auf. Da erhielten die Borussen den Evaluierungsbericht des DFB. Dort war eben unter dem Punkt "Mobilität" zu lesen: "Mönchengladbach weist im infrastrukturellen Bereich erhebliche Defizite auf." Interessant: Beim Standort Gelsenkirchen werden vergleichbare Probleme festgestellt, statt als "erhebliche Defizite" werden diese aber einsortiert mit dem Vermerk: "Hat mit Nachteilen zu kämpfen."

Dass die Verkehrsthematik ein Kritikpunkt sein würde in Gladbachs Bewerbung, war absehbar. "Das mit dem Verkehr ist ein Argument", räumt Bolten-Chef und Borussia-Aufsichtsrat Michael Hollmann ein. Dennoch sei die Absage "superschade und ärgerlich". Zudem monierte der DFB, dass die Kapazität der Logen für ein Stadion dieser Größe zu gering sei. Zwei Logen fehlen, um die Anforderungen zu erfüllen. Gerade die Kritik am Stadion traf die Borussen. "Wir haben in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, dass der Borussia-Park eine perfekte Spielstätte für internationale Begegnungen ist", so Präsident Rolf Königs.

Gladbach hatte auf die "weichen" Faktoren gesetzt: Emotion, Fußball-Seele, das gallische Dorf. Das zog am Ende nicht. "Die Entscheidung ist diesmal von rein messbaren Kriterien, Zahlen und Fakten beeinflusst worden. Emotion und Tradition, die Dinge, die den Fußball ausmachen, sind völlig außen vor gelassen worden. Man hatte einfach das Gefühl: Mönchengladbach ist dran. Und das wurde durch rein nüchterne und technokratische Bewertungen ausgeschlossen", sagt Ulrike von der Groeben.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort