Mönchengladbach Als wäre sie dabei gewesen

Mönchengladbach · Susanne Goga hat ihren sechsten Leo-Krimi geschrieben. Die Handlung spielt 1928 in Berlin. Die Gladbacher Autorin hat die Schauplätze besucht. Und sie nimmt den Leser mit in diese Zeit und an den Ort eines grausigen Geschehens.

 Nachts am Askanischen Platz: So heißt der neue Krimi von Susanne Goga. Sie erzählt wieder einmal eine Geschichte voller Spannung.

Nachts am Askanischen Platz: So heißt der neue Krimi von Susanne Goga. Sie erzählt wieder einmal eine Geschichte voller Spannung.

Foto: Jörg Knappe

Im Hinterhof des Sensationstheaters "Cabaret des Bösen" wird eine Männer-Leiche gefunden. Seine Kleidung ist verschlissen. Niemand kennt ihn. Kommissar Leo Wechsler beginnt mit seinen Ermittlungen. Die führen ihn in das Horror-Etablissement, in dem allabendlich blutrünstige Schauerstücke aufgeführt werden, und in das benachbarte Jungengymnasium. Wer ist die junge Russin, die am Theater gesehen wurde? Haben die Schüler vielleicht etwas zu verbergen? Und welche Rolle spielt der mysteriöse Cabaret-Betreiber?

Die Mönchengladbacher Autorin Susanne Goga hat den sechsten Leo-Krimi vorgelegt. Die Handlung spielt 1928 in Berlin. "Ein Horror-Theater hat dort nicht wirklich gegeben", sagt sie. "Ich habe es nach dem Pariser Beispiel nach Berlin übertragen." Sie ist in der Hauptstadt gewesen, um den Ort für ihre Handlung zu suchen. Und hat ihn gefunden. Sie war am Askanischen Platz. "Da stehen nur noch Reste des alten Bahnhofs", sagt sie. Heute sei der Platz unspektakulär. "Damals war er belebt, überall gab es Leuchtreklamen. Sie ging in die Hallesche Straße. Und da entdeckte sie ein einziges altes Haus, das den Krieg überstanden hatte - eine ehemalige Schule. "Da wusste ich, ich hatte meinen Tatort gefunden." Ihre Idee zur Handlung und die Wirklichkeit stießen aufeinander.

Wie immer hat Susanne Goga akribisch recherchiert - im Internet, in Sachbüchern, vor Ort. Und der Historiker Georg Wurzer, der in seiner Dissertation "Die Kriegsgefangenen der Mittelmächte in Russland m Ersten Weltkrieg" behandelte, gab ihr wertvolle Hinweise. "Ich hatte keine Ahnung von der Ostfront", sagt sie. In Berlin ist sie durch die Straßen rund um den Askanischen Platz gelaufen. "Ich habe mich in die Zeit der Krimi-Handlung versetzt - und natürlich in die Menschen dieser Zeit." Sie stellt sich Alltagssituationen vor: Was und wie haben die Menschen gekocht? Wie wurde Bier kaltgestellt? Wo vergnügte man sich? Indem sie das alles fühlt und beschreibt, nimmt sie den Leser mit nach Berlin, mit ins Jahr 1928. Das ist einer der Gründe, warum man dieses Buch nicht mehr aus der Hand legen möchte. Goga schreibt die Geschichte so auf, als sei sie wirklich dabei gewesen.

Die handelnden Personen spielen dabei natürlich eine wesentliche Rolle. Leo Wechsler, der unspektakuläre Kommissar, seine große Liebe Clara, die ihm nach dem Tod seiner Frau wieder ins Leben zurück hilft, Marie und Georg, die beiden Kinder aus erster Ehe, und seine Schwester Ilse. Die ist endlich nicht mehr einsam, ist seit neuneunhalb Monaten mit dem Orchestermusiker Richard liiert. Um seinen Sohn macht Leo Wechsler sich große Sorgen . Der ist kaum noch zu Hause, treibt sich mit dem Nazi Wolfgang herum, Immer wieder nimmt sich der Kommissar vor, mit Georg zu reden. Aber der Mordfall lässt ihm kaum Zeit. Es gibt so viele verwirrende Wendungen.

Susanne Goga baut für ihre Geschichten immer nur ein grobes Gerüst. "Die Figuren entwickeln im Laufe des Schreibens ein Eigenleben." Erst, als sie den sechsten Leo-Fall beendet hatte, sei ihr aufgefallen, dass sie in diesem Buch etliche Vater-Sohn-Beziehungen beleuchtet. "Das war so gar nicht geplant, aber ich finde es schön, weil es sich einfach so ergeben hat." Und sie empfinde durch diese Arbeitsweise eine große Freiheit. "Das ist spannend, und ich bleibe flexibel." Auch für den Leser, der fasziniert neben ihr durch Berlin läuft - bis zur letzten Seite.

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