Mönchengladbach Abschied von Jupp

Mönchengladbach · In der Brandtskapelle feierten Freunde und Weggefährten von Hermann-Josef Humeny eine bewegende Trauerzeremonie. Als ehemaliges Heimkind war der Verstorbene Zeit seines Lebens traumatisiert gewesen.

 Eddi Erlemann, Schwester Stefanie und Uwe Werner neben dem Porträt des Verstorbenen in der Brandtskapelle. Hier wurde Hermann-Josef Humeny würdig verabschiedet.

Eddi Erlemann, Schwester Stefanie und Uwe Werner neben dem Porträt des Verstorbenen in der Brandtskapelle. Hier wurde Hermann-Josef Humeny würdig verabschiedet.

Foto: Detlef Ilgner

Als Eddi Erlemann eintritt, beginnt einer zu applaudieren. Nach und nach fallen alle ein. Die Trauergäste, die in die Brandtskapelle an der Rudolfstraße gekommen sind, um sich von Hermann Josef Humeny zu verabschieden, freuen sich, ihren Eddi nach langer Krankheit wieder zu sehen. Am Stock zwar, aber aufrecht. Schwester Stefanie, Oberin des Hardter St. Josefshauses, hat gemeinsam mit Uwe Werner die Abschiedszeremonie vorbereitet. Sehnsucht - dieses Wort bestimmt die Feier für Jupp.

So haben seine Freunde und Weggefährten ihn genannt. "Jupp hat sein ganzes Leben lang Sehnsucht gehabt", sagt Schwester Stefanie. "Er hat sich eine Heimat gewünscht, Familie und Freunde." Ein bisschen davon hat er in seinen letzten Lebensjahren gefunden - im Treff am Kapellchen (TaK), aus dem seine Freunde rübergekommen sind in die Kapelle, und in Uwe Werner, der sich für Jupps Rechte eingesetzt hat - bis zuletzt.

Seine Kindheit und einen Teil seiner Jugend hat Hermann-Josef Humeny in Kinderheimen der Vinzentinerinnen Köln und in Heimen vom Orden vom armen Kinde Jesus Aachen verbracht. Er wurde gedemütigt, sexuell missbraucht, körperlich gezüchtigt. Im Alter von 62 Jahren ist Hermann-Josef Humeny am 25. April gestorben. Kurz vorher hatte ihm der Hilfsfonds Heimerziehung 9500 Euro zugestanden. Das Geld war jedoch zweckgebunden bewilligt worden, für die Beerdigung durfte es nicht verwendet werden.

Gegen diese Entscheidung hatte Uwe Werner, selbst wegen seiner Erlebnisse in diversen Kinderheimen ein Leben lang traumatisiert, wochenlang, aber letztlich ohne Erfolg angekämpft. Schließlich hatte das Ordnungsamt eine Halbschwester von Hermann-Josef Humeny gefunden. Sie hat Hermann-Josef Humeny im holländischen Venlo bestatten lassen.

Schwester Stefanie hat ihre Gitarre mitgebracht. Vom kleinen Senfkorn Hoffnung, das zu einem großen Baum erwächst, singt die Trauergemeinde. Und dann sind Jupps Freunde an der Reihe. Sie sprechen über den Verstorbenen. Mathilde sagt: "Es war ein Geschenk, dass er da war. Jetzt ist Jupp im Himmel." Angelika sagt: "Er hat jetzt ein neues Leben."

Und Uwe Werner trägt einen Text von Selma Lagerlöf vor: "Das Leben aller und jedermanns Glück ... In jedem Menschen liegt ein Funke des Göttlichen, der nie verlöschen kann." Tränen laufen ihm über das Gesicht, die Emotionen übermannen ihn, Uwe Werner zeigt seine tiefe Trauer um den verstorbenen Freund. Mit stockender Stimmer zitiert er Rainer Maria Rilke. "Wenn die Sehnsucht größer ist als die Angst." Da ist sie wieder - die Sehnsucht, die Hermann-Josef Humeny zeitlebens umgetrieben hat. Eine Sehnsucht, die nie ganz gestillt wurde. Die Trauergäste bekommen Teelichter gereicht. Sie zünden sie an Jupps Osterkerze an, die auf dem Altar steht. Einer nach dem anderen geht nach vorn. Einer nach dem anderen umarmt im Vorbeigehen den schluchzenden Uwe Werner. Nach der Trauerfeier wird gemeinsam gegessen - nebenan im TaK. "Erst wird gebetet, dann wird gegessen", sagt Schwester Stefanie.

Und heute fährt sie mit Uwe Werner nach Venlo. Sie werden das Grab von Hermann-Josef Humeny besuchen und es segnen - mit Weihwasser aus der Heimat. Denn am Ende war der Ort, an dem Jupp in den letzten Jahren lebte, doch zu einer Art Heimat geworden. Dank der Menschen, die ihm zuhörten und ihn liebten.

(RP)
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