Mönchengladbach 25-Jährige leitet das 20 Jahre alte Briefzentrum

Mönchengladbach · Am 27. Oktober 1996 ging die Deutsche Post in Güdderath an den Start. Bis zu 1,3 Millionen Sendungen pro Tag werden dort verarbeitet. Die neue Chefin ist die jüngste Leiterin aller 82 deutschen Briefzentren.

 Anne Hansen (25) machte am Gymnasium Rheindahlen Abitur. Zuletzt verantwortete sie in Neuss für den Personaleinsatz von 380 Zustellern.

Anne Hansen (25) machte am Gymnasium Rheindahlen Abitur. Zuletzt verantwortete sie in Neuss für den Personaleinsatz von 380 Zustellern.

Foto: Reichartz

Heute vor 20 Jahren war Anne Hansen gerade einmal fünf Jahre jung. Das Abitur am Gymnasium Rheindahlen (2010), das duale BWL-Studium bei der Post (bis 2013) und die daran anschließende unbefristete Übernahme waren noch fernste Zukunftsmusik an jenem 27. Oktober 1996. Damals wurde das Briefzentrum der Deutschen Post an der Hanns-Martin-Schleyer-Straße eröffnet. "Es gab hier eigentlich nur Nippon Express und eine riesige leere Fläche drumherum", erinnert sich IT-Servicekoordinator Harald Spring, der seit dem ersten Tag mit dabei ist. "Heute ist das Gewerbegebiet voll, und das nächste, der Regiopark, ebenfalls. Das war damals noch unvorstellbar."

Mönchengladbach: 25-Jährige leitet das 20 Jahre alte Briefzentrum
Foto: Reichartz Hans-Peter

Ebenfalls unvorstellbar wäre damals sicherlich auch gewesen, dass einmal eine 25-Jährige das Briefzentrum leiten würde. Seit August dieses Jahres ist das der Fall - Anne Hansen ist seitdem für 240 Mitarbeiter verantwortlich. "Damit ist sie die jüngste Leiterin eines Briefzentrums überhaupt", sagt Post-Sprecherin Britta Töllner. Davon gibt es bundesweit immerhin 82. Hansen bildet aber nicht nur aufgrund ihres Alters, sondern auch aufgrund ihres Geschlechts eine Ausnahme. Insgesamt liege der Frauenanteil im Konzern bei 40 Prozent, in Leitungspositionen seien Frauen aber nach wie vor "eher selten", wie Töllner sagt.

 Die Rushhour im Briefzentrum beginnt um 17.30 Uhr. Gearbeitet wird im Drei-Schicht-Betrieb durchgehend von sonntags, 23 Uhr, bis samstags, 15 Uhr. Die Hochsaison ist die Vorweihnachtszeit, dann werden bis zu 40 zusätzliche Mitarbeiter eingestellt. Die Holzspinde (re.) zum händischen Sortieren von Briefen werden nur noch für Unleserliches benötigt - etwa für in Sütterlinschrift verfasste Anschriften.

Die Rushhour im Briefzentrum beginnt um 17.30 Uhr. Gearbeitet wird im Drei-Schicht-Betrieb durchgehend von sonntags, 23 Uhr, bis samstags, 15 Uhr. Die Hochsaison ist die Vorweihnachtszeit, dann werden bis zu 40 zusätzliche Mitarbeiter eingestellt. Die Holzspinde (re.) zum händischen Sortieren von Briefen werden nur noch für Unleserliches benötigt - etwa für in Sütterlinschrift verfasste Anschriften.

Foto: Reichartz Hans-Peter

"Ich wurde herzlich aufgenommen", sagt Anne Hansen. "Ich arbeite gerne mit Menschen zusammen. Dass die langjährigen Mitarbeiter mir viel Fachwissen voraushaben, versteht sich von selbst. Ich frage dann einfach." Das von ihr verantwortete Briefzentrum in Güdderath deckt den gesamten Postleitzahlbereich 41 ab, also neben Gladbach auch noch den Rhein-Kreis Neuss, den Kreis Viersen und den Kreis Heinsberg. Es gilt konzernweit als eines der kleineren - obwohl hier in Spitzenzeiten bis zu 1,3 Millionen Sendungen pro Tag gestempelt, codiert, sortiert und wieder auf die Reise geschickt werden. "Seit der Eröffnung wurden hier rund drei Milliarden Briefe bearbeitet", hat Britta Töllner berechnet. "Legte man die alle aneinander, käme man locker auf die Distanz von der Erde bis zum Mond." Im Inneren des Briefzentrums hat sich in den 20 Jahren denkbar viel verändert - nämlich alles. "Hier steht keine Maschine von damals mehr, es wurde alles mehrfach komplett ausgetauscht und erneuert", sagt Hallenmeister Johann Kranz. "Und es sind natürlich auch deutlich weniger Menschen hier, weil so vieles automatisiert ist." Der 62-Jährige ist der dienstälteste Mitarbeiter und kann sich noch daran erinnern, "wie das meiste von Hand gemacht wurde". Das allerdings war noch in Hauptbahnhof-Nähe, dort, wo heute Rewe drin ist und bis vor einiger Zeit auch noch Schossau. Das Gebäude wurde 1996 mit dem Umzug nach Güdderath aufgegeben.

Mönchengladbach: 25-Jährige leitet das 20 Jahre alte Briefzentrum
Foto: Reichartz Hans-Peter

Mittlerweile gibt es Maschinen, die bis zu 46.000 Briefe pro Stunde verarbeiten, und bei denen die "Gangfolge" schon integriert ist - also die Sendungen bereits für die Laufwege des Postboten optimal sortiert sind. Alle Briefe durchlaufen mehrere Stationen: Erst werden sie nach Formaten getrennt und automatisch so gewendet, dass sie in der richtigen Position fürs Stempeln sind. Dann lesen Lese- und Videocodiermaschinen die Anschriften und versehen sie mit Strichcodes. In einem weiteren Schritt werden die Briefe auf Orte und Zustellplätze verteilt. Nachts werden sie auf die Gangfolge sortiert. Von Hand sortiert werden muss nur noch Unleserliches. Menschen würden dennoch auf absehbare Zeit nicht überflüssig, sagt Töllner: Mag auch die Zahl der verschickten Briefe pro Jahr um zwei Prozent zurückgehen, wachse doch der Paketmarkt um je zehn Prozent. "Das können wir damit mehr als nur kompensieren."

(RP)
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