Serie: Heimat genießen im kreis Mettmann Zu Besuch beim Festtagsbraten in spe

Mettmann · Auf Gut Schobbenhaus watscheln 1200 Gänse und 450 Enten dem Backofen entgegen

Der Fuchs gibt sie nicht wieder her. "An die 50 Gänse haben wir in diesem Jahr bereits an die Füchse verloren", sagt Bauer Johannes Kircher (48) vom Gut Schobbenhaus. Offenbar kreist aktuell eine starke Räuber-Population ringsum Mettmann. Weil Kircher in einem kellertiefen Brummelbass spricht, klingt das völlig tiefenentspannt. Was aus der Fuchs-Perspektive allerdings ein gefährlicher Trugschluss wäre. Denn erstens ist Johannes Kircher auch Jäger. Und zweitens ärgern ihn die Verluste immens. Auf Gut Schobbenhaus verleiht das Federvieh dem Hof-Umsatz Flügel. Rund 1200 Gänse und 450 Enten watscheln mit einem Ziel durch den Sommer und den Herbst: Sie sollen Festtagsbraten werden.

Wenn Kircher über die Gänsewiese geht, teilt sich das Meer aus weißen Daunen, langen Hälsen und schlagenden Flügeln schon weit vor ihm. Begleitet wird die kollektive Fluchtbewegung von einem erbosten Gänseschnattern. "Ich müsste jetzt 10 bis 15 Minuten lang ruhig stehen bleiben, dann kämen die ersten vorsichtig näher und würden am Hosenbein zupfen." Mitte Mai halten die Gänse Einzug bei den Kirchers. Dann sind sie zwei Wochen alt. Sie bekommen gutes Futter und viel Freilauf. Und setzen in den folgenden Wochen schönes, saftiges rosarotes Fleisch an. Und möglichst wenig Fett.

Eben das ist der Unterschied zu Billig-Mastbetrieben. "Mit Kraftfutter und wenig Bewegung kriegen sie eine Gans innerhalb von fünf Wochen auf fünf bis sechs Kilo Lebendgewicht", weiß Kircher. Das rächt sich spätestens dann, wenn der Vogel im Backofen schmort und binnen weniger Minuten ein Fünftel seines Gewichtes verliert. Johannes Kircher hingegen muss seine Kunden warnen: "Bitte auf der Brust liegend garen! Denn unsere Gänse haben wenig Fett - es bestünde daher die Gefahr, dass das Fleisch zu trocken wird!" Jetzt im Oktober startet die Schlachtzeit. Und der Bass von Bauer Kircher rutscht eine Nuance tiefer: "Da muss ich mich in jedem Jahr überwinden..." Rein technisch werden die Tiere mit einem Bolzenschussgerät betäubt. Ein Kehlenschnitt macht ihnen den Garaus. Danach werden sie schonend trocken gerupft. "Wenn man die Tiere über Monate versorgt, fallen einem immer wieder einzelne auf", sagt Kircher. Besonders mutige. Oder solche, bei denen die Federn seltsam abstehen oder die eine leichte Fehlstellung haben. Die plötzlich packen zu müssen... "Sie haben bei uns bis zuletzt ein stressfreies, gutes Leben", tröstet sich der Bauer.

Und zeigt angehenden Kunden seine Tierhaltung. Futter, Auslauf, Stallungen - "wir kommen auf eine Empfehlung hin", sagt die Ehefrau des Kundenpaars. Eine bestimmte Gans mit einem roten Halsband zu versehen - "nein das ist nicht notwendig". Zu persönlich soll die Beziehung zum Weihnachtsbraten in spe nicht werden. Am Ende des Jahres werden sie im Hofladen von Gut Schobbenhaus pro Kilo Gans 13,50 Euro bezahlen, pro Kilo Ente 12,10 Euro. Die Daumenregel für die Menge: Wer sechs Gäste bewirten muss, sollte ein fünfeinhalb bis sechs Kilogramm schweres Tier nach Hause tragen.

Traditionell ist der 23. Dezember der Tag, an dem die Kinder zur Oma und gefühlsmäßig alle Kunden zum Hofladen kommen. "Das ist wie ein Endspurt." Zu den Festtagen selbst haben die Kirchers ein Stück selbst erlegtes Wild auf den Tisch. "Von unseren Gänsen haben wir ja schon vorher probiert", brummelt Johannes Kircher.

(RP)
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