Pfarrer Jörg Hohlweger Wir haben bei der Forensik nicht gepokert

Mettmann · Ehrenamtliche verlassen das Haus Luise-von-der-Heyden, im August-von-der-Tweer gibt es Ärger mit dem Heimbeirat und die Forensik-Absage: Die BDA erntet dafür seit Längerem heftige Kritik. Jörg Hohlweger prüft neue Wege der Kommunikation: Wülfrath soll Hauptstandort bleiben und neue Projekte werden in den nächsten Monaten umgesetzt.

 Jörg Hohlweger ist seit 2011 bei der Bergischen Diakonie Aprath.

Jörg Hohlweger ist seit 2011 bei der Bergischen Diakonie Aprath.

Foto: D. janicki

Herr Hohlweger, sie sind seit vier Jahren hier in Aprath. Mehr Positives oder eher Negatives erlebt?

Hohlweger Ich habe hier sehr viel Positives erlebt und erfahren.

Was ist das Besondere an der BDA Aprath?

Hohlweger Ich war über Jahre Gemeindepfarrer in Düsseldorf und Leverkusen. Da war ich ganz nah an der Kirche, der Gemeinde und den Menschen. Das war sehr erfüllend. Ich habe es hier allerdings auch schätzen gelernt, dass die Diakonie als freier Träger nicht so nahe an den kirchlichen Strukturen ist.

Was heißt das für Sie und die BDA'?

Hohlweger Wir sind natürlich wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unterworfen, doch es geht hier auch immer um Werte, denen sich die Bergische Diakonie verpflichtet sieht. Außerdem können wir als freier Träger oft schneller reagieren als andere und unsere Entscheidungswege sind unmittelbarer. Die unternehmerische Handlungsfreiheit ist größer. Man kann natürlich auch schneller Fehler machen.

Kurze Entscheidungswege und schnelles Reagieren vermisste man in den vergangenen Monaten aber bei den Problemen in den beiden Heimen und bei der Forensik-Entscheidung.

Hohlweger Das ist richtig. Da ist einiges nicht gut gelaufen und wir bedauern das sehr. Es sollte so weit nicht kommen. Da stehen wir in der Verantwortung.

Warum gibt es da so viele Probleme an mehreren Ecken?

Hohlweger Im Haus Luise-von-der-Heyden gab es sicherlich einen schwerfälligen Entscheidungs- und Kommunikationsprozess. Die Schwierigkeiten an der Basis ließen sich nicht so schnell und direkt lösen. Das ist in großen Unternehmen leider so. Das funktioniert in kleineren Einheiten natürlich leichter. Aber es stimmt: Wir müssen nach außen und nach innen klarer kommunizieren.

Ist es so schwer, direkt auf Kritik und Gesprächsbedarf bei Mitarbeitern einzugehen, unabhängig davon, welches Ergebnis am Ende steht?

Hohlweger Unsere Kommunikation folgt vor allem den Mustern der fachlichen Qualitätssicherung. Die Aufgaben müssen bestmöglich erledigt werden. Darüber kommen Information und Gespräche nach außen oft zu kurz. Da hat es in den beiden Altenheim-Fällen sicherlich zu spät eine Kommunikation mit Mitarbeitern und Ehrenamtlichen gegeben.

Wie wollen sie das in Zukunft verändern?

Hohlweger Wir hatten zwei Jahre lang keine Personalstelle für Unternehmenskommunikation. Das haben wir gerade geändert, damit wir künftig besser und schneller reagieren können. Doch eins muss auch klar gesagt werden: Wir müssen bei allen Diskussionen Datenschutz und Arbeitsrecht beachten. Außerdem gilt immer: Unpopuläre Personalentscheidungen stehen immer sofort in der Kritik.

Im NRW-Gesundheitsministerium war man sehr erbost über die BDA-Entscheidung. Über die Tatsache an sich, aber vor allem darüber, dies nach zweieinhalb Jahren Verhandlungen plötzlich auf den Tisch zu legen.

Hohlweger Ja, das kann ich verstehen. Aber wir haben in der Zeit mit den Partnern verhandelt. Da ging es natürlich um wirtschaftliche und politische Interessen. Das hat viel Zeit gekostet.

Das wirft man ihnen vor allem vor.

Hohlweger Wir müssen zugeben: Wir konnten die Risiken des Grundstücksverkaufs ans Ministerium mit dem Umzug der Kinder- und Jugendpsychologischen Einrichtungen erst sehr spät realistisch einschätzen. Anfang des Jahres war nach Überprüfung aller Fakten klar, dass es zu teuer und nicht wirtschaftlich zu machen ist.

Dafür brauchten Sie zweieinhalb Jahre?

Hohlweger Ja, leider, denn wir wussten ja erst seit einem Jahr an welchen Standort es gehen soll. Und vor allem wollten wir ja selber ein Ergebnis, das eine win-win-win-Situation gewesen wäre. Das Ministerium hätte bauen können, die Stadt hätte unsere Einrichtungen gehalten und unsere Belange wären ebenfalls berücksichtigt worden.

Haben sie vielleicht nicht genug gepokert?

Hohlweger Die Verhandlungsbasis für das BDA-Grundstück stand von Anfang an fest. Es waren faire Verhandlungen. Wir haben nicht gepokert. Und auch hier sage ich: Wir tragen die Verantwortung für die sicherlich nicht populäre Entscheidung.

Ist die Forensikentscheidung endgültig oder gibt es noch Gesprächsmöglichkeiten mit dem Ministerium?

Hohlweger Nein, das Thema ist für uns endgültig beendet.

Wie geht es jetzt weiter mit den Kinder- und Jugendpsychologischen Einrichtungen hier in Aprath?

Hohlweger Im Zuge der Forensik-Diskussionen haben wir eine klare Erkenntnis gewonnen. Das Gelände hier mit den Einrichtungen ist ein exklusiver Standort, den wir nicht aufgeben wollen, Wir bleiben in Wülfrath. Die Ruhe und Abgeschiedenheit hat auch therapeutischen Nutzen. Hier können wir zudem Psychologische Einrichtungen, Förderschule und Hilfsangebote zusammen anbieten.

Wie wollen sie den Standort Wülfrath stärken?

Hohlweger Wir sehen hier noch Entwicklungsmöglichkeiten. In Zukunft wollen wir neue Projekte und Angebote machen. Zudem haben wir im Schatten der Forensikdiskussion in den vergangenen Monaten ein großes Projekt gestemmt.

Welches Projekt?

Hohlweger Wir haben die in Schwierigkeiten steckende Diakonie Niederberg unter unser Dach genommen. 140 hauptamtliche Mitarbeiter sind zu uns gewechselt. Ihre Zukunft ist sicher und wir haben sie ohne Probleme fürsorglich eingliedern können. Das war von allen eine starke Leistung. Zusätzlich sind damit auch über 120 ehrenamtliche Tafelmitarbeiter zu uns gestoßen.

UWE REIMANN FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(RP)
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