Mettmann Über den Krebs mit anderen reden

Mettmann · Tina Kreil aus Mettmann bietet sich als Gesprächspartnerin an. Für die Patienten ist dies ein Stück Therapie.

 Die Mettmanner Kunsttherapeutin Tina Kreil arbeitet im Hochdahler Hospiz als psychoonkologische Begleiterin.

Die Mettmanner Kunsttherapeutin Tina Kreil arbeitet im Hochdahler Hospiz als psychoonkologische Begleiterin.

Foto: Achim Blazy

Der schwedische Krimiautor Henning Mankell hat es getan. Ebenso wie der Regisseur Helmut Dietl oder der FDP-Politiker Guido Westerwelle. Sie alle haben Krebs - und sie haben darüber gesprochen. Damit sind sie einen Weg gegangen, der lange Zeit als Tabu galt: Sie haben ihr Leiden öffentlich gemacht. Dass Betroffene danach zuweilen schnell wieder verstummen, weiß auch die Mettmannerin Tina Kreil. Als Kunsttherapeutin im Hochdahler Hospiz ist sie nah dran an den Menschen, die das Ende ihres Lebens vor Augen haben.

Und sie weiß: Viele tragen ihre Ängste im Verborgenen mit sich herum. Die Gründe dafür sind unterschiedlich: Mal sind es die Betroffenen selbst, die lieber verdrängen und nicht reden wollen. Manchmal möchte man aber auch den Angehörigen das eigene Leid ersparen. Schließlich müssen Partner, Kinder oder auch Freunde die eigene Todesangst mittragen - auch wenn längst nicht mehr jede Krebsdiagnose einem Todesurteil gleichkommt. Und dennoch schwingt sie von Anfang an mit - die Furcht davor, es womöglich nicht zu schaffen, keine Heilung zu erfahren und nicht nur selbst alles zu verlieren, sondern auch die Angehörigen allein lassen zu müssen. Krebs wird als Kampf wahrgenommen - mit welchem Ausgang auch immer. "Und es gibt immer noch die Vorstellung, dass man damit gut umgehen muss", weiß Tina Kreil. Mit "gut" sei dabei gemeint, den schweren Kampf tapfer aufzunehmen. "Man erwartet von sich, trotz oder gerade wegen der Diagnose weiter zu funktionieren. Für sich selbst und für die anderen", glaubt Tina Kreil. Als psychoonkologische Begleiterin weiß sie jedoch, dass das nicht immer gelingt - und viele es trotzdem weiter versuchen. Zuweilen fühlen sich Betroffene mit dieser Strategie irgendwann einsam inmitten von Familie und Freunden - allein mit ihrer Angst und ihrer Verzweiflung. Manchmal stehen am Ende einer solchen Entwicklung sogar eine Depression und die Einnahme von Antidepressiva. Die können zwar helfen - allerdings ohne das seelische Leid an der Wurzel zu fassen.

"Dabei ist es sehr wichtig, auch im Krankheitsverlauf immer wieder darüber zu sprechen", weiß Kreil. Dass das gerade mit Angehörigen nicht immer gelingt, weiß sie auch. Denn vor allem die Menschen, die als Nahestehende gute und manchmal auch die einzigen Gesprächspartner wären, sind mit der Situation irgendwann überfordert. "Dann könnte eine Gesprächsgruppe mit ebenfalls Betroffenen helfen", spricht die Begleiterin über ein Angebot, das sie an Krebs erkrankten Menschen machen möchte.

Bei den Gesprächsrunden soll es nicht nur um seelische Nöte, sondern auch um Eigenverantwortlichkeit im Umgang mit der Erkrankung gehen. "Viele Menschen hören mit der Krebsdiagnose auf, eigenverantwortlich zu leben und lassen sich aus dem Gefühl von Überforderung heraus von außen steuern", so Tina Kreil. Dabei könne Psychoonkologie einen wichtigen Beitrag leisten, um sich nicht nur den eigenen Ängsten zuzuwenden, sondern auch um Kompetenz im Umgang mit Ärzten zu erlangen und das Gefühl von Selbstwirksamkeit zurückzugewinnen.

(magu)
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