Thomas Rasch im Interview "Supermärkte sparen an Kosten für die Entsorgung"

Thomas Rasch ist Bereichsleiter bei der Caritas für Integration und Rehabilitation.

Wie sehen Sie die Situation?

Rasch Die erhebliche Zahl von Flüchtlingen stellt die Tafeln auch im Kreis Mettmann vor große Herausforderungen. Neben ihrer materiellen Versorgung haben Flüchtlinge sicherlich auch weitere Motive, um dorthin zu gehen. Beispielsweise schlicht Geld und Sachwerte anzusparen, um für den Fall einer plötzlichen Abschiebung oder Rückführung oder auch für den Start in ein "neues Leben" ein finanzielles Polster schaffen zu können.

Sie möchten bei den Tafelbesuchern nicht von Kunden sprechen. Warum?

Rasch Weil das eine Verkleisterung ist. Als Kunde habe ich gewisse Rechte. Ich kann einkaufen, wann ich will und was ich will. Und ich muss mich nicht an den Ausgabetagen bei Regen in eine Schlange stellen und so meine Lebensumstände auch noch öffentlich machen.

Die meisten Lebensmittel, die in den Regalen der Tafeln landen, stammen aus Supermärkten. Es ist doch eigentlich ein guter Gedanke, diese Waren nicht einfach wegzuwerfen, oder?

Rasch Es erscheint nur auf den ersten Blick wohltätig, wenn Supermärkte ihre abgelaufenen Waren an die Tafel abgeben. Letztlich geht es doch auch darum, Kosten für die Entsorgung zu sparen. Und nicht nur das: Die Entsorgungskosten werden so auf die Allgemeinheit abgewälzt. Im Supermarkt wird erstmal alles eingeladen und dann wird aussortiert. Mehr als ein Drittel der Waren ist unbrauchbar und landet sofort im Müll. Ich ärgere mich jedes Mal über Geld, das von Sozialausschüssen bewilligt wird, um diesen Müll zu entsorgen.

Und was ist die Alternative? Wollen Sie die Tafeln abschaffen?

Rasch Natürlich geht das nicht von heute auf morgen. Aber es ist auch nicht sinnvoll, mit der Tafelarbeit die Armut zu verfestigen. Anstatt die Menschen von Hilfsleistungen abhängig zu machen, sollte man sie dabei unterstützen, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Die Bundesregierung sollte mit der Lebensmittelverteilung durch Tafeln nicht aus der Verantwortung für eine bedarfsgerechte Berechnung von Sozialleistungen entlassen werden.

DIE FRAGEN STELLTE SABINE MAGUIRE

(magu)
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