Mettmann Stadtindianer bauen Dorf aus Paletten

Mettmann · Es herrscht geschäftiges Treiben. Überall wird gehämmert und gesägt, Baumaterial wird herangeschafft, Häuser wachsen rasend schnell in den Himmel. Während der Sommerferien verwandelt sich der Bolzplatz des Konrad-Heresbach-Gymnasiums in ein riesiges "Indianerdorf".

 Auf dem Mettmanner Bauspielplatz wird wieder nach Herzenslust gesägt, gehämmert und gebaut.

Auf dem Mettmanner Bauspielplatz wird wieder nach Herzenslust gesägt, gehämmert und gebaut.

Foto: dietrich janicki

Eine Woche vor den Ferien wird alles vorbereitet. Zelte und Toilettenwagen werden aufgebaut, Strom und Wasseranschlüsse werden verlegt und vor allem muss jede Menge Bauholz besorgt werden. "Wir haben 40 Firmen, die für uns Holz sammeln und uns teilweise auch beliefern", sagt Projektleiter Markus Kier. Es sind zum größten Teil alte Euro-Paletten, die im Ganzen oder zersägt als Baumaterial dienen. Ohne die Unterstützung des Baubetriebshofes, der bei der Anlieferung hilft und den ganzen Schrott nach den Ferien wieder abholt, wäre das Angebot gar nicht möglich. "Die Kollegen schieben unsere Fahrten bei ihren Terminen dazwischen und sind mit Herzblut dabei", so Kier.

In den ersten sechs Werktagen haben die Kinder zwischen 6 und 14 Jahren schon ganze Arbeit geleistet. Mit den bisher 2400 Paletten haben sie nicht weniger als 60 Holzbuden im Rohbau fertiggestellt. Es ist der alte Traum aller Kinder, sich einen eigenen Unterschlupf zu bauen und sich darin zu verstecken. Wer hat nicht früher aus Stühlen und Decken seine Bude im Wohnzimmer der Eltern gebaut?

Über 400 Anmeldungen sind so bisher beim Jugendamt eingegangen, und schon am ersten Tag waren 186 Kinder auf der Baustelle. "Die Kinder erleben ein Gefühl von Freiheit". bestätigt Markus Kier. Und seine Mitarbeiter haben alle Hände voll zu tun, den sicheren Betrieb zu gewährleisten. Ein Team aus rund fünfzehn ehrenamtlichen Helfern ist über die Zeit gewachsen. Jugendliche, die vor wenigen Jahren noch selbst auf dem Bauspielplatz spielten, opfern ihre Freizeit, um den Jüngeren unter die Arme zu greifen. Auch einige Flüchtlinge wie Shahad, Nebe und Elvir beteiligen sich an der freiwilligen Arbeit. Shahad kommt aus dem Irak, hat in der kurzen Zeit schon gut Deutsch gelernt und für alle ein freundliches Lächeln übrig.

Die Ehrenamtler passen auf, dass beim Umgang mit Hämmern und Sägen keine Unfälle passieren und sind von Anfang an an allen Entscheidungsprozessen beteiligt. Bevor eine Bude bewohnt werden darf, muss sie von Markus Kier und Ogün Yilmazer abgenommen werden. Kinder mit Schutzhelmen gehen als "Nagelengel" herum und weisen auf abstehende Drahtstifte hin.

Der Bauspielplatz wird flankiert von einem umfangreichen Aktionsprogramm. Nach der Bauphase dienen die Buden als Werkstätten und Läden.

Es werden Traumfänger, Armbänder und Amulette gebastelt, Tees gesammelt und Handel getrieben. Als echte Stadtindianer lernen die Kinder Bogenschießen und Kunstschmieden.

Biologin Astrid Walker unterimmt mit ihnen eine Kräuterwanderung durch den Wald, um sie in der indianischen Heilkunst zu unterweisen. Obwohl der Bauspielplatz an drei Tagen wegen Unwetters und starken Regenfällen ausfallen musste, geht es gut voran. "Wenn es nicht durchgehend regnet, können wir die Kids nicht ausperren. Die wollen einfach bauen", sagt Markus Kier.

(tpp)
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