Judo Judoka strahlt übers ganze Gesicht

Hilden · Anthony Zingg ist 22 Jahre alt und frisch gekürter Europameister der U 23-Junioren. Für den jungen Hildener ist Judo aber viel mehr als nur ein Sport: Eine Art Lebensweg, die Disziplin, Wertschätzung und Respekt bringt.

 Der Hildener Sportler in Siegerpositur.

Der Hildener Sportler in Siegerpositur.

Foto: Europäische Judo Union

Beim Treffen in einem Hildener Szenecafé winkt Anthony Zingg der Kellnerin auf ihre Frage, was er trinken möchte, dankend ab. "Nichts, vielen Dank", sagt er freundlich. Am nächsten Tag steht ein wichtiges Turnier an und der Judoka muss auf sein Gewicht achten. "Heute werde ich gar nichts mehr zu mir nehmen", erklärt der junge Hildener und die nötige Disziplin dazu nimmt man ihm zweifellos ab.

Anthony Zingg ist ein angenehmer, durch und durch sympathischer Gesprächspartner, er ist offen und zugewandt. Nicht nur im Judoanzug macht er eine gute Figur. Der 22-Jährige trägt einen schlichten grauen Strickpullover, sein freundliches Wesen und seine positive Ausstrahlung machen es leicht, aus dem klassischen Frage-Antwort-Interview in ein flüssiges Gespräch überzugleiten.

 Anthony Zingg freut sich über die EM-Goldmedaille.

Anthony Zingg freut sich über die EM-Goldmedaille.

Foto: Olaf Staschik

"Zum Judo bin ich durch einen witzigen Zufall gekommen", erzählt Zingg lachend. "Ich war sechs Jahre und meine zehn Jahre ältere Schwester hatte sich in den Trainer einer Kinderjudogruppe verguckt. Also wurde ich dort angemeldet, damit sie an ihn rankommen konnte." Genützt hat es der Schwester letztlich nicht, wohl aber dem kleinen Anthy - und vor allem seinen Eltern und dem gesamten Familienfrieden der siebenköpfigen Familie Zingg. "Ich war ein recht aufgewecktes und wildes Kind, sehr lebendig, und Judo war für mich die perfekte Spielwiese, um mich auszutoben, mit anderen zu ringen, Kräfte messen und so. Zuhause war ich dann entsprechend ruhiger."

Was als reiner Spaß begann, wurde für den kleinen Judokämpfer schnell zur großen Leidenschaft. Von seinem ersten Verein, dem JC 51 Hilden, wechselte er zu dem leistungsorientierteren JC 71 Düsseldorf/Hilden. Die richtige, professionelle Unterstützung fand er schließlich bei seinem jetzigen Verein, dem TSV Bayer 04 Leverkusen.

Vier bis fünf Mal stundenlanges Training pro Woche in Leverkusen, das verlangte auch den Eltern, seiner Schwester und den drei Brüdern enorm viel ab. "Mein Papa hat mich immer gefahren, meine Geschwister fühlten sich auch schon mal zurückgesetzt und meine Mama hatte Stress, weil sie Sorge um meine Leistungen in der Schule hatte", erinnert sich der ehemalige Helmholzschüler mit einem Schmunzeln. Trotzdem - den Sport aufzugeben, das war nie eine Option. "Judo ist für mich eine Art Lebensweg, der mir auch mental so viel gibt, dem ich so viel zu verdanken habe: Disziplin, Respekt, Wertschätzung meines Gegenübers - alles wichtige Regeln für den Alltag."

Mittlerweile hat Anthony Zingg sein Abitur in der Tasche, studiert neben seiner Judokarriere Geschichte und Deutsch. Und die passende Frau für sein sportlastiges Leben hat er auch gefunden. Freundin Lilo ist seit fast drei Jahren seine Herzensdame, Holländerin und Judoka in der niederländischen Nationalmannschaft. "Wenn ich sie zu Hause besuche, trainiere ich einfach dort am Stützpunkt und es ist immer wieder interessant: Die Holländer machen viel mehr Krafttraining, während wir Deutschen auf Technik und Ausdauer setzen."

Am 1. Januar beginnt für Anthony Zingg eine neuer Lebensabschnitt: der Umzug in die erste eigene Wohnung in Köln. "Ich freue mich, weil ich dann ganz nah am Trainingsstützpunkt bin und zum Beispiel zwischen zwei Vorlesungen eine Einheit trainieren kann. Aber es ist auch komisch, von Zuhause wegzugehen." Schließlich, so sagt der erfolgreiche Judoka, habe er seiner Familie, vor allem seinen Eltern, alles zu verdanken. "Ohne meine Eltern und deren Unterstützung hätte ich das alles nicht geschafft", sagt er und es klingt ein kleines bisschen sentimental, bevor dann aber wieder ein schelmisches Lächeln über sein Gesicht huscht. "Wenn ich allein daran denke, wie meine Mama mich immer lautstark bei Kämpfen angefeuert hat."

Für die Zukunft hat der Fan des Fußball-Bundesligisten Borussia Mönchengladbach bodenständige Wünsche. Er möchte zu den Olympischen Spielen nach Rio 2016 fahren, Lehrer werden, eventuell eine eigene Judoschule eröffnen, eine Familie mit seiner jetzigen Freundin gründen. Naja, und dann gibt es da noch dieses eine, ganz besondere, wenig bescheidene Ziel - was aber bei dem Ehrgeiz und Talent eines Anthony Zingg durchaus erreichbar sein dürfte. "Ich will einmal weltweit die Nummer eins im Judo sein."

(dani)
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