Mettmann Landwirte setzen auf Direkt-Verkauf

Mettmann · Christian Miesen und Henning Dierichs sprachen beim Bürgerverein über die Probleme in der Landwirtschaft.

 Bauer Rolf Beckershoff von Gut Katers bringt Maschinen und Trecker in Schwung. Er verkauft seine Produkte auf dem Wochenmarkt.

Bauer Rolf Beckershoff von Gut Katers bringt Maschinen und Trecker in Schwung. Er verkauft seine Produkte auf dem Wochenmarkt.

Foto: Achim Blazy

Seit der Veröffentlichung der Krefelder Langzeitstudie über das Insektensterben ist die Landwirtschaft vermehrt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Doch kann man überhaupt bemessen, ob und wie viel Anteil die Landwirtschaft am Rückgang der Insektenmasse hat? Wie arbeiten moderne Betriebe eigentlich?

Um die Öffentlichkeit aufzuklären und die Spaltung zwischen Bio-Fanatikern auf der einen und industriellen Großbetrieben auf der anderen Seite zu überwinden, referierten nun die Landwirte Christian Miesen und Henning Dierichs beim Bürgerverein Metzkausen. Christian Miesen führt den Familienbetrieb Gut Oben Erdelen in Mettmann. Mit rund 80 Hektar Anbaufläche ist es für NRW-Verhältnisse ein mittelgroßer Betrieb. In vierjähriger Fruchtfolge baut Miesen hauptsächlich Winterweizen an, gefolgt von Wintergerste, Winterraps und einem kleinen Anteil von Kartoffeln. Angesichts weltweiter Konkurrenz und Weltmarktpreisen müsse sich heute jeder Bauer Gedanken machen, wie er seine Produkte vermarktet. So schwankte der Preis für eine Tonne Weizen in den letzten 52 Wochen zwischen 149 und 182 Euro. Landwirt und Agrarberater Henning Dierichs spricht von "ruinösen Preisen", die alle zehn Jahre rund ein Drittel der Betriebe zum Aufhören zwängen.

In der Kreisbauernschaft Mettmann mit ihren 1,7 Millionen Einwohnern gibt es derzeit noch 355 Betriebe, von denen 263 Ackerbau und 90 Rinderhaltung betreiben. Es findet ein Strukturwandel hin zu immer weniger aber größeren Betrieben statt. Die Zahl der Ackerbau- und Milchviehbetriebe ist auch im Kreis Mettmann zwischen 2010 und 2016 um jeweils rund 10 Prozent gesunken. Einfach die Ernte vom Feld direkt zur Genossenschaft zu fahren und den Rohstoffpreis zu kassieren, rentiert sich heute nicht mehr. Die meisten Bauern vermarkten ihre Waren heute in einer Kombination aus Direktverkauf ("Frisch vom Erzeuger"), Veredelung (z.B. eigene Backstube) und Einlagerung zum Zwecke der Preispekulation. Auch Nebenerwerbe wie "Ferien auf dem Bauernhof" werden immer wichtiger.

Henning Dierichs betont, dass die Ernährung von 7,5 Milliarden Menschen nicht mit biologischer Landwirtschaft möglich sei. So würde man etwa, wenn jeder Mensch so leben würde wie im hoch entwickelten Australien, fünf Planeten brauchen. Ganz ohne Dünger und Pflanzenschutzmittel gehe es nicht. Zur Anschauung hatte Christian Miesen einmal einen Ackerstreifen unbehandelt gelassen: Es entwickelte sich eine Art Wildblumenwiese, auf der der Ertrag an eingesätem Weizen um die Hälfte zurückging. "Allein die Menge macht das Gift", zitierte Henning Dierichs in Anspielung auf die Glyphosat-Diskussion. Da immer mehr Flächen versiegelt würden, müsse die Landwirtschaft effizienter werden, um die Weltbevölkerung zu ernähren. "Das Ziel ist der Erhalt möglichst viel produktiver Fläche bei gleichzeitigem Erhalt der Artenvielfalt", sagt Dierichs. Er vermutet, dass das Insektensterben mehr auf den Klimawandel zurückzuführen sei.

(tpp)
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