Mettmann Investor kaufte Werkstatt - und ruinierte alles

Mettmann · Das Autohaus Gretschel in Metzkausen galt als Institution - doch nach dem Verkauf wurde alles anders.

 Bernd Gretschel hat im guten Glauben gehandelt, doch dann kam die böse Überraschung. Die Kunden mussten ihre eingelieferten Reifen in den Wind schreiben.

Bernd Gretschel hat im guten Glauben gehandelt, doch dann kam die böse Überraschung. Die Kunden mussten ihre eingelieferten Reifen in den Wind schreiben.

Foto: Schümmelfeder

Vor zwei Jahren haben sie noch alle gemeinsam das Firmenjubiläum gefeiert. Firmengründer Heinz Gretschel hielt stolz den Goldenen Meisterbrief in den Händen. Seit 50 Jahren galt das Autohaus Gretschel in Metzkausen als Institution. Alles lief rund, die Kundschaft war zufrieden. Und dann kam es plötzlich knüppeldick.

"Mein Bruder hatte einen Investor gefunden, der das Grundstück und die Werkstatt kaufen wollte", erinnert sich Bernd Gretschel an die Entscheidung, das Familienunternehmen in andere Hände veräußern zu wollen. Er selbst sei damals Betriebsleiter gewesen, er habe aber kürzer treten wollen. Auch der Vater sei mit den Plänen einverstanden gewesen. Die Verkaufsabwicklung mit dem türkischen Investor sei noch problemlos über die Bühne gegangen. Er selbst habe ebenso wie seine damalige Lebensgefährtin und sein Sohn weiter in der Firma arbeiten wollen. Kurz darauf sei seiner Lebensgefährtin die fristlose Kündigung ins Haus geflattert. Als Buchhalterin sei sie die erste gewesen, der damals aufgefallen war, dass irgendwas mit den Abrechnungen nicht gestimmt habe. "Im Mai wurde auch mein Sohn entlassen", so Bernd Gretschel. Nur einen Tag später sei ihm dann selbst gekündigt worden: "Dazu wurde noch Strafanzeige gegen mich erstattet, weil ich meinen eigenen PC aus der Firma mit nach Hause genommen habe." Monatelang hat er danach mit den neuen Inhabern vor Gericht um sein Gehalt und eine Abfindung gestritten.

Dort gab man ihm Recht - er selbst stimmte später einer Ratenzahlung zu. Ein Fehler, wie er heute weiß: "Die haben in einer Nacht-und-Nebel-Aktion alles ausgeräumt und waren weg."

Nicht nur, dass er selbst sein Geld nicht bekommen hatte. Auch die eingelagerten Reifen von Kunden und vom neuen Investor geleaste Nobelkarossen wie ein Porsche Panamera und ein Mercedes AMG waren weg. Es hagelte Anzeigen gegen das Unternehmen, die alle erfolglos im Sande verliefen. Noch immer sucht eine Firma weltweit nach dem Verbleib der Leasingfahrzeuge. Der offenbar ahnungslose Geschäftsführer wurde über Monate hinweg ein Fall für die Psychiatrie. Und für Bernd Gretschel, der eigentlich glaubte, dass es nicht noch schlimmer kommen könne, kam es schlimmer. Nichts ahnend stand er irgendwann am Bankschalter, als ihn eine Mitarbeiterin fragte, was denn nun mit den 300.000 Euro sei, für die er gebürgt hätte.

Gretschel fiel aus allen Wolken. Offenbar hatte man ihn in betrügerischer Absicht und mit vermeintlich gefälschter Unterschrift als Bürgen für ein Firmendarlehen eingesetzt, das nicht mehr getilgt wurde, nachdem sich der Investor abgesetzt hatte.

"Ich hatte in der Firma längst Hausverbot und war außerdem am Tag meiner angeblichen Unterschrift in Holland", so Bernd Gretschel, der sich derzeit vor Gericht um Aufklärung bemüht.

Am Ende bleiben eine zerrüttete Familie und ein verzweifelter Mann, der seit einem Jahr nachts kein Auge mehr zubekommt. Und nicht nur das: Während hier längst bei ehemaligen Kunden und Leasingfirmen ein Millionenschaden zu beklagen ist, scheint der Investor in der Türkei zu neuem Reichtum gekommen zu sein.

"Gucken Sie mal hier", sagt Bernd Gretschel, während er auf dem Tablet ein Youtube-Video ablaufen lässt. Großer Bahnhof zur Eröffnung eines Autohauses, rote Bändchen durchschneiden: augenscheinlich eine Erfolgsgeschichte von Leuten, die hier nichts als einen Scherbenhaufen und verbrannte Erde hinterlassen haben.

(RP)
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